Der zweite der drei Teile des Romans nimmt die Persepektive des Schwagers ein, der Yeong-hyes Leiden miterlebt. Als Künstler überlässt er Yeong-hyes Schwester In-hye das Geldverdienen und den Haushalt, er selbst verliert sich in Fantasien über Yeong-hye und ihren Körper. Vordergründig will er sie in ein Videokunstprojekt involvieren, was aber schließlich auch in eine Art Vergewaltigung mündet, der Yeong-hye zwar keinen Widerstand entgegenbringt, was ihr aber aufgrund ihres psychischen Zustands auch kaum möglich ist.
Im dritten Teil erfahren wir, wie In-hye über die Ereignisse denkt, während sie ihre Schwester besucht, die sich in einer geschlossenen Psychiatrie zu Tode hungert. Erst die Konfrontation mit dem dramatischen Zustand der Schwester lässt sie reflektieren, wie sie ihr Leben führt und was sie erkennt, erschreckt sie dermaßen, dass sie über Selbstmord nachdenkt.
Besonders beeindruckend an Die Vegetarierin ist die weitgehend nüchterne Sprache, selbst bei höchst emotionalen Ereignissen. Man spürt, wie die Charaktere ihre Fassaden aufrecht erhalten wollen, ein angepasstes Leben führen, so dass sich die psychischen Belastungen schließlich in ungewöhnlicher Weise Bahn brechen müssen.
Han Kang gewann den Nobelpreis für Literatur im Jahr 2024.
Han Kang, Die Vegetarierin. Aufbau 2016.

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