Babel von R.F. Kuang ist schwer einzuordnen. Der Roman spielt in einem fiktiven Oxford in den 1830er Jahren und neben den realistischen Bezügen dichtet Kuang eine fantastische Ebene hinzu, bei der Silber und Sprache auf magische Weise genutzt wird, um Prozesse zu optimieren und den Besitzern dieser Silberbarren Vorteile zu verschaffen. Das sprachliche Wissen, das man für diese Art von Magie benötigt, wird in Babel, einem Turm der Universität Oxford, gelehrt. Natürlich nützt sie dadurch auch hauptsächlich den Briten, die ihre Kolonialmacht aufrecht erhalten wollen. Wir erfahren dies alles nach und nach durch die Augen von Robin Swift, einem kantonesischen Jungen, der von Professort Lowell mit nach England genommen wird und dort eine strikte sprachliche Ausbildung erfährt. Er beginnt sein Studium in Babel und ist fasziniert von Sprache und Büchern. Aber er erfährt am eigenen Leib und durch seine Freund:innen, dass die Gesellschaft und auch die Gelehrten in Oxford hochgradig rassistisch sind. Als Robin seinem Halbbruder begegnet, führt dieser ihm vor Augen wie ausbeuterisch das imperialistische System und damit auch Babel ist, welches er mit einer Gruppe von anderen zu bekämpfen sucht. Robin ist hin- und hergerissen von seiner Faszination von Bildung, Sprachstudium und Literatur, was ihm Babel ermöglicht, erkennt aber auch die Gewalt, die von dem System ausgeht.
Die Erzählung ist gespickt mit zahlreichen Fußnoten (im englischen Audiobook gelesen von Billie Fulford-Brown, während die Geschichte von Chris Lew Kum Hoi umgesetzt wird) und Erläuterungen zu den diskriminierenden Geschehnissen, denen die Freund:innen ausgesetzt sind, und jeder Menge Hintergrundinformation zu Oxford, Sprache, Grammatik, Imperialismus, u.v.m.
Man hat zum Teil das Gefühl, selbst an den Lektionen der Professoren von Babel teilzunehmen, außerdem möchte man die langatmigen Erklärungen, wie schlecht sich Großbritannien als Weltmacht benommen hat gern überspringen.
Kurzum, mich hat Babel nicht begeistert, trotz der konzeptionellen Pluspunkte - das klang vielversprechend. Der Roman hat etwa 560 Seiten, das Audiobook über 15 Stunden. Ich habe jetzt knappe 30 Prozent hinter mir und gebe auf. Ich habe nicht die Kondition und nicht die Motivation.
R.F. Kuang, Babel. Harper Collins 2022.
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