Tuesday, September 25, 2018

Arno Strobel - Die Flut

Arno Strobels Psychothriller Die Flut spielt auf der Insel Amrum. Gleich zu Beginn lernen wir die brutale Gedankenwelt des Mörders kennen, in dem wir in einem Rückblick von den Grausamkeiten in seiner Kindheit erfahren. In der Jetztzeit begleiten wir zwei Paare, Julia und Michael, Martina und Andreas, die auf der Insel Urlaub machen. Ihre Beziehung sind konfliktreich, die Paare kennen sich noch nicht lange und es kommt zu Streitereien. Diese verstärken sich, als am Strand eine Frau ermordet aufgefunden wird - ertrunken durch die Flut.
So kommen die Ermittler ins Spiel, die eigens vom Festland her eingeflogen werden. Der Soko-Leiter ist ein äußerst unfreundlicher und unkonventionell arbeitender Kriminaler, der im Umgang mit Verdächtigen und Zeugen ständig Grenzen überschreitet - sehr zum Entsetzen seines neuen Kollegen. Der Täter legt Spuren aus, die Michael zum Verdächtigen machen... dieser gerät zunehmend unter Druck.
Dazwischen konstruiert Arno Strobel immer wieder Passagen, in denen er Einblick in die Gedankenwelt des Täters gibt. Dennoch geschehen einige überraschende Wendungen, die dazu führen, dass die Spannung erhalten bleibt bis zum Ende.
Trotz der perfide angelegten Tatabläufe scheint der Fokus von Die Flut mehr in den Beziehungen der Paare und der Ermittler zu liegen - und besonders letztere scheinen auch mehr damit beschäftigt zu sein, sich gegenseitig zu beobachten und missgünstig zu betrachten als wahrhaft an der Aufklärung des Falls zu arbeiten. Das macht den Thriller leider stellenweise etwas unglaubwürdig und die Protagonisten anstrengend und unsympathisch. Trotzdem habe ich das Ende und die Aufklärung mit Spannung erwartet, aber die Bekanntschaft mit dem Autor muss ich nicht vertiefen.

Arno Strobel, Die Flut. Argon 2016. 



Friday, September 21, 2018

Angelika Felenda - Der eiserne Sommer

Der Münchner Kommissär Sebastian Reitmeyer wird angesetzt, in einer Mordserie zu ermitteln. Schon bald führen ihn seine Nachforschungen in die Vergnügungslokale der Offiziere und gleichzeitig in die Schwulenszene. Seine Vorgesetzten machen ihm aber bald klar, dass er nur in gewünschte Richtungen ermitteln soll und darf, gegen das Militär darf er 1914 nicht vorgehen. Die Atmosphäre ist sowieso bereits angespannt durch das Attentat am österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand, das schließlich im Juli zum Beginn des ersten Weltkriegs führte. 

Reitmeyer ist hin- und hergerissen zwischen seinem Wunsch, die Wahrheit aufzudecken (die noch viel unglaublicher ist als zunächst angenommen), und seinem Bestreben, seine ins Geschehen verwickelten Freunde zu schützen. 

Das Audiobook wird überzeugend vorgetragen von Johannes Steck und Jens Wawrczeck, wobei letzterer die kommentierende Stimme des Bösewichts übernimmt. Angelika Felenda gibt ihren Charakteren Persönlichkeit und Tiefe und zugleich zeichnet sie treffend das historische Umfeld und die politischen Gegebenheit der Zeit ohne sich dabei zu sehr in Details zu verlieren. Der reine Krimileser wird das politische Wirrwarr um den Fall vielleicht nicht so sehr schätzen, aber die Kombination von Kriminal-  und historischem Roman ist Felenda in diesem ersten Band gut gelungen. 

Angelika Felenda, Der eiserne Sommer. Hörverlag 2014.

Monday, September 17, 2018

Mariana Leky - Was man von hier aus sehen kann

Von Herzen danke ich dem Menschen, der mir dieses Buch geschenkt hat!
Es war reine Freude und das sage ich nicht oft.
Was man von hier aus sehen kann von Mariana Leky ist ein leiser und unaufgeregter Roman mit Tiefgang. Die Handlung setzt sich zusammen aus den Erlebnissen der Ich-Erzählerin und ihrer Dorf-Familie. Ich nenne es Dorf-Familie, denn nicht mit allen ist sie verwandt, aber sie wächst mit diesen Menschen auf und sie sind bedeutsam für sie. Dagegen sind ihre Eltern nahezu abwesend, die Großmutter ist ihr wichtigster Bezugspunkt. Das auf dem Cover abgebildete Okapi erscheint nur in den Träumen der Großmutter und bringt den Tod für jemandem im Dorf, sooft es auftaucht.

Ich will mich hier aber gar nicht lange mit der Handlung aufhalten, es ist eine Familien- und eine Liebesgeschichte, es ist eine Geschichte um Tod und Trauer ohne allzu traurig oder rührselig zu sein.
Die Charaktere sind intensiv, skurril, eindrucksvoll - ich wollte sie durchweg persönlich treffen, mich unter ihnen bewegen, mit ihnen sprechen. Besser kann es eine Autorin nicht machen, glaube ich, als dass man sich in den Charakteren verliert.
Dazu kommt ein Sprachstil, der ungewöhnlich ist, es ist schwer zu fassen, woran das liegt. Es sind recht schlichte, nicht allzu komplexe Sätze, klar, unaufgeregt, aber dabei mit einer irritierenden Treffsicherheit und humorvoll. Gerade letzteres nicht zu knapp. Man wünscht sich, man könnte auch solche Sätze in die Welt setzen. Wunderbar und magisch.

Mariana Leky, Was man von hier aus sehen kann. Dumont, Köln 2018.




Saturday, September 01, 2018

Martin Walker - Grand Cru

Der zweite Fall für Bruno, Chef de police, im beschaulichen Saint-Denis, beginnt mit einer Brandstiftung: Das Versuchsfeld eines Forschungslabors für genetisch veränderte Pflanzen wird niedergebrannt. Schnell vermutet man die Täter unter den extremen Grünen, den écolos. Bruno beschäftigt aber vielmehr, ob die Bestrebungen des amerikanischen Weinmagnaten, im Périgord groß ins Geschäft einzusteigen, wirklich vorteilhaft für sein kleines Städtchen sind. Dann wird der mutmaßliche Brandstifter tot aufgefunden... ausgerechnet in einem Weinfass!
Obwohl auch die Kriminalpolizei ermittelt, findet Bruno als Ortspolizist ganz eigene Wege, um der Wahrheit näherzukommen, seine Verbundenheit mit Saint-Denis und seinen Bewohnern spielen die entscheidende Rolle. Dazu mischt der Autor Martin Walker als weitere Zutaten eine große Portion Wein, gutes Essen und spleenig-französische Unikate, dazu kommt noch eine Prise Liebesgeschichte und ein sympathischer Hund. Grand Cru funktioniert wunderbar als Wohlfühlroman, wenngleich weniger als packende Kriminalgeschichte.

Martin Walker. Grand Cru. Diogenes, Zürich 2012.