Thursday, May 30, 2019

Lars Kepler - Lazarus

Wie Lazarus von den Toten auferstanden...
Jurek Walter, der gefährlichste Serienmörder Schwedens, wurde vor Jahren von Saga Bauer erschossen. Er stürzte in seinen Fluss und wurde für tot erklärt. Als jedoch eine seltsame Mordserie verschiedene unerklärliche Verbindungen zu Jurek Walters Gegner Joona Linna aufweist, beginnt dieser zu ahnen, dass er sich fälschlich in Sicherheit wiegte. Sofort versucht er alle möglichen Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen, versteckt sich und seine Tochter und warnt alle, die enger mit ihm zu tun haben und deswegen in Jureks Psychospielchen hineingezogen werden könnten. Schlimmer noch, Jurek hat einen neuen Partner gefunden, der skrupellos und brutal dessen Aufträge erfüllt. Es beginnt ein ungleicher Wettlauf von Gewalt und psychischer Manipulation.

Die in Der Sandmann begonnene Geschichte um einen unnatürlich manipulativen und geschickten Psychopathen wird von dem Autorenteam nahtlos wieder aufgegriffen und noch auf die Spitze getrieben. Die Spannung lässt - wie die Bedrohung - an keiner Stelle nach, wenngleich man sich nach einer Weile nach der Auf- und Erlösung am Ende sehnt. An manchen Stellen fragt man sich, wie Jurek Walter so übermenschlich handeln kann, auch seine Zusammenarbeit mit seinem Komplizen mag dies nicht vollkommen erklären. Wie können all die Vorsichtsmaßnahmen immer wieder scheitern, wie kann der Täter so schnell, so über alle Maßen schlau sein? So erscheinen manche Wendungen surreal und man beginnt, immer mit dem Schlimmsten zu rechnen. Aber es ist eben doch ein Thriller, der ein Ende finden muss, auch wenn es nicht gerade ein glückliches Ende ist.

Lars Kepler, Lazarus. Bastei Lübbbe, Köln 2019.

Tuesday, May 28, 2019

Green/Johnson/Myracle - Tage wie diese


Im Original ist diese Sammlung von drei Geschichten der Autoren
Maureen Johnson, John Green und Lauren Myracle passender betitelt mit Let it snow. Am Abend vor Weihnachten führt ein Schneesturm dazu, dass drei Jugendliche etwas Ungewöhnliches erleben.

Jubilees (Johnson) Zug bleibt im Schnee stecken, sie strandet in einem kleinen Ort und lernt jemanden kennen... Tobin (Green) betrachtet seine alte Freundin "Herzog" plötzlich in einem anderen Licht... Addie (Myracle) versinkt in Liebeskummer und muss zögernd erkennen, dass sie vielleicht doch ein wenig egozentrisch ist und etwas ändern muss...

Das verbindende Element ist das Setting in dem kleinen Ort bei Schneesturm, die Charaktere kennen oder erwähnen sich untereinander, in der letzten Geschichte gibt es auch eine kleine Zusammenführung.
Die Lesungen von Julia Meier, Jacob Weigert und Leonie Landa machen das Beste aus den drei Geschichten, die qualitativ jedoch sehr unterschiedlich sind. Alle versuchen einen lockeren, heiteren Erzählton anzuschlagen, alle handeln von Jugendlichen, die etwas über die Liebe und das Leben lernen. Während Jubilee (Maureen Johnson) noch eine Protagonistin ist, die etwas Außergewöhnliches erlebt und auch etwas wagen muss, sind die anderen beiden Geschichten leider banaler und man möchte die Charaktere bei den Schultern nehmen und sie zwingen, endlich die Augen aufzumachen und den Verstand anzuschalten. Besonders die Cheerleader (John Green) und das wiederholte Winken mit dem Zaunpfahl von Addies Freunden - ja, du bist *wirklich* ein weinerliches, egozentrisches Wesen - (Myracle) war eher anstrengend. Romantik kam da trotz der entsprechenden Szenen wenig auf.

Green/Johnson/Myracle, Tage wie diese. Goya Libre 2017. 

Wednesday, May 22, 2019

Jacques Berndorf - Eifel-Bullen

Rodenstock kommandiert Baumeister mitten in der Nacht durch die Eifel, ohne dass dieser weiß, was eigentlich los ist. Er soll eine Frau befragen, wo sie die Nacht verbracht hat - erst hinterher erfährt er, dass in dieser Nacht ihr Ehemann, ein Polizist aus Daun, und dessen Kollegin erschossen wurden. Der Tatort befindet sich außerhalb des Zuständigkeitsbereich der beiden Beamten, sie liegen hingerichtet neben ihrem Streifenwagen.
Dieser furiose Anfang lässt einen auf eine spannende Ermittlung hoffen, doch irgendwie dümpeln im folgenden die Geschehnisse nur so vor sich hin, die Spannungskurve kann Jacques Berndorf in diesem 21. Eifelkrimi-Band nicht so recht halten. So war es am Ende beinahe egal, wer die beiden erschossen hat und warum. Der Drogenhintergrund will auch nicht so recht zur Eifel passen, alles wirkt ein wenig halbherzig. Einzig dramatisch ist das Leiden des steinalten Katers Satchmo, aber diesen Aspekt lässt Berndorf unbeendet, ein Happy End ist natürlich da auch nicht möglich... Vielleicht brauche ich jetzt erst einmal wieder Abstand von der Eifel.

Jacques Berndorf, Eifel-Bullen. KBV 2012.

Sunday, May 19, 2019

Philip Pullman - Der goldene Kompass

In einer Welt, die der unseren ähnelt, aber auch vollkommen anders ist, lebt ein Mädchen namens Lyra in einer Stadt die Oxford heißt. Obwohl sie in einem College mit Professoren lebt, erhält sie keinen echten Unterricht, sondern streunt herum, begleitet von ihrem kleinen, gestaltwandelnden Dämon, wie jeder Mensch in dieser Welt einen hat. Über ihre Eltern weiß sie nichts, ihr einziger Verwandter ist ein Onkel, Lord Asriel, der sich aber auch nicht um sie kümmert.
Als er eines Tages doch zu Besuch kommt, beobachtet Lyra heimlich, was er den anderen Professoren zeigt: Hinter den Nordlichter verbirgt sich der Zugang zu einer anderen Welt!
Vermutlich hätte sie all das sogar schnell wieder vergessen, doch ihre heile, verspielte Welt verändert sich, als Kinder aus ihrer Stadt verschwinden. Was passiert mit ihnen? Welche geheimnisvoll Organisation steckt dahinter? Gesteuert durch Schicksal, Zufall und ihren festen Vorsatz, einen Freund wiederzufinden, der zu den Verschwundenen gehört, gerät Lyra in ein unglaubliches Abenteuer mit Hexen, gepanzerten Eisbären und einigen sehr fiesen Erwachsenen, die nur auf ihren Vorteil aus sind. Zum Glück hat sie den goldenen Kompass dabei, ein Instrument, das ihr dabei hilft, wahr und falsch zu unterscheiden und das ihr einen Vorteil in dem ungleichen Kampf verschafft.

Prinzipiell ist Der goldene Kompass eine spannende Geschichte. Pullman erschafft Charaktere, die abwechslungsreich und gut erdacht sind, auch die Fantasy-Elemente sind logisch und die Dämonen, die Menschen begleiten, sind eine faszinierende Idee. Natürlich richtet sich der Roman an Kinder/junge Jugendliche, dennoch wird hier doch auch für diese Zielgruppe etwas sehr einfach zwischen gut und böse unterschieden. Hinzu kommt ein m.E. für den Plot überflüssiger religiöser Bezug, der die Institution der Kirche als grundböse und treibende Kraft für das Übel in der Gesellschaft darstellt, gleichzeitig aber selbst intensiv moralisierend ist. Einem kindlichen Leser wird dies vermutlich nicht sonderlich auffallen, vermutlich auch nicht stören, da die Abenteuergeschichte und Lyras Schicksal viel interessanter sind. Als Erwachsener beginnt man, einige der Metaphern als aufdringlich wahrzunehmen, aber nun, vielleicht kann man auch einfach darüber hinweg lesen bzw. hören.
Von alledem abgesehen, war Rufus Becks Lesung auf jeden Fall ein Genuss.

Philip Pullman, Der goldene Kompass. Hörbuch Hamburg 2013. 

Saturday, May 18, 2019

Alan Bradley - Halunken, Tod und Teufel

Auch im dritten Band, Halunken, Tod und Teufel, von Alan Bradleys Serie um die unvergleichliche Flavia de Luce stolpert sie Hals über Kopf in ihren neuen Fall. Weil sie versehentlich das Zelt einer Wahrsagerin auf Bishop’s Laceys Jahrmarkt angezündet hat, fühlt sie sich dieser verpflichtet und erlaubt ihr, in einer abgelegenen Ecke von Buckshaw zu kampieren - nur um sie kurz darauf schwer verletzt aufzufinden. Natürlich fühlt sich Flavia verpflichtet, der Sache nachzugehen - wer wollte Fenella umbringen? Und warum? 
Flavia versucht Spuren zu finden und geht den verschiedensten kleinen Hinweisen nach. Was hat die mysteriöse religiöse Gruppe der Humpler (English: Hobbler, dissenters) damit zu tun? Aber sie hat kaum Zeit, genauer zu ermitteln, als eine Leiche auftaucht und dem Fall eine neue Richtung gibt.
Hartnäckig und clever wie immer setzt Flavia alles daran, die lokalen Ermittler zu beeindrucken und schneller als sie zur Lösung zu kommen. Gleichzeitig wird in diesem Band noch deutlicher, in welchen sozialen Problemen sie steckt: Ihre Beziehung zu den Hausangestellten - so verquer sie auch ist - scheint ehrlicher als die zu ihren Schwestern und ihrem Vater. Nur schwer kann sie Zeichen von deren Zuneigung und Sorge erkennen, sie sieht diese nur als Gegner, an denen man sich rächen oder die man austricksen muss. Freundschaften pflegt sie keine und wenn sie auf jemanden trifft, der als Freund in Frage kommt, verläuft auch dies problematisch, obwohl deutlich wird, dass sie sich schon danach sehnt. So ist es herzerweichend, wenn sie mit großen Gesten ihre Zuneigung und Pseudobeziehung zu ihrem Fahrrad Gladys schildert. Besorgt liest man auch von den großen finanziellen Schwierigkeiten der Familie und fragt sich, was denn nun wirklich mit Harriet, Flavias Mutter, geschehen ist. Hier gibt es noch viel zu erzählen; wie gut, dass noch viele weitere Bände mit dieser interessanten Protagonistin warten.

Alan Bradley, Halunken, Tod und Teufel. Penhaligon 2011. 


Sunday, May 12, 2019

Not so serious quote for mothers' day lovers

“She was not, herself, hugely in favor of motherhood in general. Obviously it was necessary, but it wasn't exactly difficult. Even cats managed it. But women acted as if they'd been given a medal that entitled them to boss people around. It was as if, just because they'd got the label which said "mother", everyone else got a tiny part of the label that said "child"...” 
- Terry Pratchett, Carpe Jugulum

Friday, May 10, 2019

Terry Pratchett - Ruhig Blut

Nach einiger Zeit in der Gesellschaft von Mumm und Co. wurde es mal Zeit für einen Scheibenwelt Ortswechsel:

Im kleinen Scheibenweltreich Lancre wird gefeiert - Königin Magrat hat ihre erste Tochter geboren und der König lädt alle Welt zum Fest der Namensgebung ein. Leider auch die benachbarten vampirischen Elstyrs aus Überwald. Und die verfolgen den Plan, sich Lancre zu unterwerfen. Aber natürlich müssen sie gegen den Hexenzirkel antreten. Oma Wetterwachs ist eingeschnappt, weil sie die Einladung nicht erreicht hat, gleichzeitig ist sie die stärkste Gegnerin der Vampire. Als sie das erste Mal auf die Vampire trifft, sieht es so aus, als sei sie besiegt worden - sie wird gebissen! Doch nicht alles ist so, wie es scheint, bei den Hexen auf der Scheibenwelt, und so hat Oma Wetterwachs noch einige Trümpfe im Ärmel...

Ruhig Blut ist der sechste von Terry Pratchetts Scheibenweltromanen mit den Hexen als Hauptpersonen und steckt voller schillernder, amüsanter und wortwitziger Charaktere, womit nicht nur die Hexen gemeint sind. Katharina Thalbach bei der Darstellung dieser Charaktere zuzuhören war reine Freude, eine sehr empfehlenswerte Lesung.

Terry Pratchett, Ruhig Blut. Random House Audio 2010.

Saturday, May 04, 2019

Martin Walker - Delikatessen

Ausgerechnet im beschaulichen Saint-Denis soll ein spanisch-französisches Gipfeltreffen stattfinden und eine Lawine von Sicherheitsmaßnahmen wird in Gang gesetzt, die Bruno Chef de Police durchaus fordert. Auch seine ehemalige Geliebte Isabelle ist deswegen vor Ort, keine kleine Sache für ihn, weil zeitgleich das Verhältnis zu Pamela weiterhin im Unklaren bleibt. Die Sicherheitslage aber ist vor allem deswegen so angespannt, weil man ein Attentat der ETA, der baskischen Terrororganisation, befürchtet.
Zunächst wird Bruno auch noch durch den Fund einer 20 Jahre alten Leiche auf dem Gelände einer archäologischen Ausgrabungsstätte abgelenkt, deren studentische Hilfskräfte zusätzlich mit Anschlägen auf die in ihren Augen schändliche Gänsezucht (für das in Frankreich allseits beliebte Foie Gras) für Unruhe sorgen.
Gleichzeitig bekommt Bruno ein Geburtstagsgeschenk, das sein Leben nachhaltig verändert. Bei all dem Trubel ist es wirklich verwunderlich, dass er noch den Überblick bewahrt. Den wahren Übeltäter erkennt er aber bis zum Schluss nicht und muss dafür auch büßen, wenngleich den Täter nach einem fulminanten Showdown seine Strafe ereilt.
Delikatessen ist atmosphärisch dicht und voller interessanter Charaktere, Bruno wie immer unglaublich sympathisch - man will sofort hin in das wunderbare Saint-Denis, um diese Menschen kennenzulernen und um das Essen, den Wein und das Leben zu genießen. Daneben erscheint der Krimiplot fast eine Nummer zu groß für den kleinen Ort und auch für Bruno, bei dem man sich fragen muss, wie er dies alles - Politik, Kleinstadtleben, private Umwälzungen und beruflich die Organisation der Polizeiaktionen -  bewältigen kann.
Die Lesung von Johannes Steck ist gewohnt gut und seine Stimme passt gut zum Erzählstil des Romans.

Martin Walker, Delikatessen. Diogenes 2012.

Thursday, May 02, 2019

Jacques Berndorf - Die Eifel-Connection

Vulkanmaare bei Schalkenmehren April 2019, by InBetween

Hocheifel bei Lind April 2019, by InBetween 

Schön ist sie, die Eifel. Abwechslungsreiche Landschaften vom Hochplateau bis zum Vulkanmaar. Das findet er auch der dort ansässige Autor Jacques Berndorf, der seit Jahrzehnten in seiner Krimireihe Eifel-relevante Themen anschneidet, sehr gern die unbequemen.
In Eifel-Connection (Band 20, 2011) werden nacheinander drei sehr unterschiedliche Tote aufgefunden: Ein Geologe stürzt von einer Steinbruchkante, ein Geschäftsmann sitzt tot in seinem Auto und eine über 60jährige Frau liegt in einem der Puff-Wohnwagen, die in der Eifel hier und da an der Straße stehen. Und doch scheint es Zusammenhänge zu geben, denen Siggi Baumeister mit Hilfe von Emma und zum Teil auch vom langsam genesenden Rodenstock auf die Spur kommt. Ganz nebenbei erfährt der Leser auch von dem desaströsen Abbau der Basalt-Vorkommen in der Eifel - ganze Berge werden abgetragen und trotz Warnungen und Protesten der Umweltorganisationen immer mehr Flächen zum Abbau freigegeben. Was in Eifel-Connection den Hintergrund für einen Teil der Kriminalstory liefert, ist leider bittere Wahrheit und man kann nur in vollem Unverständnis mit dem Kopf schütteln vor soviel Dummheit der Verantwortlichen, die das Naturerbe der Eifel für Profit opfern. Wenngleich die Aufklärung des Falls vielleicht nicht besonders zu fesseln weiß, so sind es doch diese aufklärenden, journalistischen Aspekte in den Geschichten des Eifel-liebenden Autor, die die Krimireihe immer wieder lohnenswert machen.

Jacques Berndorf, Die Eifel-Connection. KBV 2011.