Saturday, February 27, 2010

W. Moers: Stadt der Träumenden Bücher


Getürmt aus Buch auf Buch
Verlassen und verflucht
Gesäumt von toten Fenstern
Bewohnt nur von Gespenstern
Befallen von Getier
Aus Leder und Papier
Ein Ort aus Wahn und Schall
Genannt Schloss Schattenhall

Zugegeben, ein wirklich Walter Moers Fan bin ich nicht, werde ich vermutlich auch nicht werden. Die Stadt der Träumenden Bücher lag auch ein langes Weilchen im Stapel der ungelesenen Bücher. Um ehrlich zu sein, theoretisch müsste es da noch immer liegen. Denn ich stolperte über das dazugehörige Audiobook und habe es mir also, statt mich durch die 475 Seiten zu wühlen, von Dirk Bach vorlesen lassen. Eine gute Wahl, wie sich herausstellte. Zwar sind auch 14 CDs (!) immer noch ein Wort, aber diese waren erstaunlich kurzweilig. Von Dirk Bach und seinem eigenen Humor mag man halten, was man will, aber als Vorleser ist er brilliant. Ich kannte ihn diesbezüglich schon von einigen Terry Pratchett Lesungen und vielleicht ist es auch das humoristische Fantasy-Genre, das er besonders gut kann.
Zurück zu Moers: Die Stadt der Träumenden Bücher handelt von einem Lindwurm namens Hildegunst von Mythenmetz, ein werdender Dichter, der loszieht, um den unbekannten Autor eines genialen Buchmanuskripts ausfindig zu machen. Die Spur führt ihn nach Buchhaim, einer Stadt in Zamonien, in der sich alles um Bücher, Autoren, das Schreiben und Verlegen und das Lesen dreht. Doch was sich traumhaft anhört, ist unter der Oberfläche im wahrsten Sinne des Wortes von Korruption und Dunkelheit unterwandert. So landet Hildegunst in den Katakomben von Buchhaim und trifft dort alle möglichen skurillen Gestalten.
Die liebsten davon waren mir die niedlichen Buchlinge (Zyklopen, s.o.), von denen jeder den Namen eines berühmten zamonischen Dichters annimmt und dessen Werke auswendig lernt. Großartig.
Auf der Reise lernt Hildegunst dann auch, wie man ein wirklicher und guter Schriftsteller wird, am Ende wird das Böse auf tragische Weise besiegt, wie sich das gehört.
Wirklich, die Wesen und Geschichten, die Moers hier erdacht hat, sind interessant und liebenswert, wenn man sich darauf einlässt, kann man ganz in dieser fremde Welt verschwinden und mit Hildegunst durch das Labyrinth der Katakomben irren.
Doch wie auch schon in Die 13½ Leben des Käpt’n Blaubär gibt es Passagen, die einfach langatmig von der Geschichte Zamoniens bzw. hier ihrer Literatur berichten. Für Moers-Liebhaber liegt genau hierin der Reiz, wenn man sich für diese Welt begeistern kann. Mir gelingt dies nicht immer, aber ich ziehe den Hut vor Moers' Fantasie, seinen abwechslungsreichen Charakteren und seinem liebevollen Umgang mit dem Thema Bücher und dem literarischen Schreiben und Treiben.

Walter Moers, Die Stadt der Träumenden Bücher. Piper, München 2004.

2 comments:

mausp said...

bei mir lag die "Stadt der Träumenden Bücher" auch lange im Stapel ungelesener Bücher. Jetzt frage mich, warum ich das nicht eher gelesen habe, obwohl mich doch schon die Moers-Bücher "die 13 1/2 Leben..." und "Rumo" überzeugt haben.

Anonymous said...

Es leben die Buchlinge. Sie sind wunderbar herzerwärmend.