Wednesday, July 16, 2014

Kathy Reichs - Totengeld


Achtung, emotionale, genervte Rezension!
Vielleicht hatte ich es schon geahnt: Normalerweise schiebt man das Lesen eines Romans einer seiner Lieblingsautorinnen nicht auf. Bereits Nummer 15 der Reihe um Tempe Brennan ging mir quer, doch der Reihe nach...

Zunächst beginnt alles mit einem echten Fall und der Roman nimmt Tempo auf. Unsere forensische Anthropologin soll mumifizierte Hunde als nichtmenschlich identifizieren und beschäftigt sich mit dem Fall eines überfahrenen Mädchens, das seltsame Verletzungen aufweist, die auf Mord schließen lassen. Privat denkt sie viel an Katy, die sich zum Militärdienst in Afghanistan verpflichtet hat.
Doch plötzlich landet der Fall des Mädchens in der Sackgasse und praktischerweise taucht Pete, der Ex-Mann, auf, um Tempe in Ermittlungen in Afghanistan (!) hineinzuziehen. (Vermutlich gibt es in den ganzen USA und Kanada nur diese eine wirklich qualifizierte Person für den Fall.)
Teil zwei zeigt Tempe in Afghanistan, wo sie zwei getötete Zivilisten ausgräbt (und dabei absurder und überflüssigerweise verschüttet...), um zu entscheiden, ob sie vor vorn getötet oder in den Rücken geschossen wurden. Später kann wegen ihrer Ergebnisse ein amerikanischer Offizier freigesprochen werden. Der Teil enthält detaillierte Darstellungen der Situation vor Ort und des amerikanischen Militärs dort. In den Danksagungen erwähnt Kathy Reichs, dass sie mit Hilfe der USO ("United Service Organizations" - eine Organisation, die dazu dient, Truppen in Einsatzgebieten moralisch zu unterstützen) gemeinsam mit einigen anderen amerikanischen Schriftstellern Afghanistan besuchen durfte. Es gibt sogar eine Fotoreihe dazu auf der Website der Organisation.Vermutlich wollte die Autorin die dort gemachten Erfahrungen auch literarisch verwerten.
Zurück zuhause wird sie bedroht, mischt sich aber weiter in die Ermittlungen um das überfahrene Mädchen ein, bastelt sich selbst eine Fallübersicht mit den vorhandenen Verbindungen und - Heureka! - entdeckt das entscheidende Detail und fährt selbstverständlich sofort zum entscheidenden Ort, ohne auf Verstärkung zu warten, da sie den Ermittler Slidell gerade telefonisch nicht erreicht - Showdown - und gerät selbstverständlich in eine Falle und muss sogar jemanden erschießen. Dumm irgendwie, oder?
Im persönlich-privaten Showdown sagt Pete dann seine angesetzte Hochzeit mit "Blondie" ab und steht bei Tempe vor der Tür, aber die steckt im emotionalen Chaos und schickt ihn erstmal weg.

Der ganze Roman wirkt wie unzusammenenhängendes Stückwerk, das nur am Ende notdürftig zusammengezimmert wird. Personen wirken inkonsequent bis unglaubhaft, die Aufklärung holpert und wird wieder mit plötzlicher Eingebung gelöst (was mich schon beim letzen Band genervt hatte). Der Zusammenhang muss dann auch noch mit moralischem Überbau und Fakten zum Thema Menschenhandel unterfüttert werden, damit es halbwegs plausibel wird.
Was tut Kathy Reichs da? Zu viele Drehbücher? Zu wenig Zeit, den Roman ordentlich zu konzipieren? Und die beiden schwerwiegenden Themen Afghanistan und Menschenhandel so beiläufig in die Geschichte zu pressen und sogar noch zu vermischen, finde ich problematisch. Kein gutes Buch, so leid es mir tut.

Kathy Reichs, Totengeld. Karl Blessing Verlag, München 2013.

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