Sunday, June 20, 2021

Kathrin Schmidt - Du stirbst nicht

Mit ihrem Roman Du stirbst nicht gewann Kathrin Schmidt 2009 den Deutschen Buchpreis. Der Roman erzählt die Geschichte der Schriftstellerin Helene Wesendahl, die nach einem Aneurysma aus dem Koma erwacht. Langsam erkämpft sie sich ihre Erinnerung, ihre Sprache und motorische Kontrolle über ihren Körper zurück. Als Leser hat man Teil an ihrem Gedankenstrom, lückenhaft zunächst, suchend, forschend und schließlich findend.
Archäologisch fast deckt sie Schicht um Schicht ihres Lebens auf, die Ehe mit Matthes, ihre Kinder, die Beziehung zu Viola. Dabei muss sie ihre Sicht auf sich selbst mehrfach redigieren, neu bewerten, sich selbst akzeptieren lernen. Elementare Emotionen, allen voran die Wut auf ihr fragmentiertes Selbst, bestimmen ihren Genesungsprozess mehr als die physischen Rückschläge, die sie erleidet. Der Roman endet mit der Hoffnung auf ein erfülltes Leben, mit ihrer Familie und im Beruf, das vielleicht verändert sein, aber weitergehen wird. Und so ist es treffend, dass sie sich schlussendlich gewiss ist: "Du stirbst nicht!"
Insgesamt hat mir dieser Roman gut gefallen trotz einiger langatmiger Passagen. Er hat emotional eine hohe Intensität, auch wenn ich mich mit Helene nur schwer identifizieren konnte, was ihr absurderweise ja genauso ergeht. Weniger wichtig erschienen mir persönlich die Querverweise zur Geschichte der DDR, die in Helenes Leben und im Leben der Autorin (geboren 1958 in Gotha) aber natürlich eine wichtige Rolle einnimmt. 

Kathrin Schmidt, Du stirbst nicht. Kiepenheuer und Witsch, Köln 2009.



 

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