Ein weiteres wunderschönes Buch von Andreas Steinhöfel [Link führt zum großartigen Blog des Autors].
Es spielt in Berlin (seit längerem schon Wohnort des Autors) und der Ich-Erzähler ist tiefbegabt. Das ist logischerweise das Gegenteil von hochbegabt, das bedeutet, dass Rico, so heißt unser Erzähler, Probleme hat mit dem Denken. Das dauert manchmal länger als bei anderen und wenn man ihn zu sehr bedrängt, geraten in seinem Kopf die Gedanken nur umso schneller und heftiger durcheinander, was er passenderweise mit umherwirbelnden Bingokugeln vergleicht.
Er wohnt mit seiner Mutter in der "Dieffe", also in der Dieffenbachstraße in Kreuzberg, und geht statt zur Schule in ein Förderzentrum. Per Zufall lernt er auf eben dieser Straße Oskar kennen, der ist sieben und hochbegabt, weiß alles, hat aber auch vor allem Angst, weswegen er die ganze Zeit einen Helm trägt. Als Oskar von dem in Berlin umgehenden Kindesentführer Mister 2000 entführt wird, setzt Rico alles daran, dem neugewonnenen Freund zu helfen. Und das ist nicht so leicht, wenn man tiefbegabt ist.
Steinhöfel gelingt es, dass sich der Leser auf die Sichtweise des in seinem Denken so anderen Kindes einlassen kann. Aus Ricos Sicht sieht die Welt eben anders aus. Manches durchschaut er nicht, was der Leser auch erahnen kann und muss, anderes kann eben nur Rico sehen. Und mit seinem Blick durchschaut er so manches Mal die mühsam aufgebauten Fassaden und Masken der Erwachsenen und versteht die Kinder, die in der Welt dieser Erwachsenen leben müssen, sichtlich besser als manch normal begabter. Rico ist unschlagbar ehrlich und man kann etwas von ihm lernen, egal ob man selbst tief-, hochbegabt oder langweilig normal ist.
Andreas Steinhöfel, Rico, Oscar und die Tieferschatten. Carlsen, Hamburg 2008.
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