Obwohl der Band stellenweise unglaubhaft wirkt und sich klischeehafter Charaktere bedient (der geltungssüchtige Gefängnisdirektor, der abgewrackte Privatermittler, der leicht zu steuernde Serienmörderlehrling, usw.) und man bezüglich des Protagonisten Sebastian Bergmann zwischen Mitleid und Abscheu schwankt, baut der Roman nach einer eher zäheren Anfangsphase doch Spannung auf und bietet auch einen ordentlichen Showdown (und Cliffhanger, anscheinend ein Markenzeichen des Autorenteams).

Wer sich jetzt fragt, wo denn der Kriminalfall bei all dem bleibt, der stellt die gleiche Frage wie ich. Denn in all dem Beziehungsdrama fällt kaum auf, dass die Ermittlergruppe versucht herauszufinden, wer die sechs Leichen sind, die in den Bergen von Jämtland (Provinz in Nordschweden) gefunden wurden. Zwei der Opfer sind Kinder - dennoch scheint niemand diese Menschen zu vermissen (siehe Titel) und ihre Identität ist ein Rätsel. Als sich endlich eine Spur findet, schaltet sich der schwedische Geheimdienst ein und die Sache zieht deutlich weitere Kreise, als sich zunächst erahnen ließ.
Kantige oder schräge Ermittler mag ich gern, und ihre charakterliche Entwicklung im Zuge einer Serie mitzuverfolgen, finde ich spannend. Hier kehrte sich für mich phasenweise das Verhältnis etwas um, der Fall wurde nebensächlich und nahm erst sehr spät Fahrt auf. Selten habe ich allerdings eine Reihe gelesen, in der ich den Protagonisten gern loswäre und nur mit dem übrigen Team "weitermachen" möchte. Bergmann ist als Charakter nicht leicht zu ertragen und nur schwer zu mögen - alle anderen sind sympathischer. Ein seltsames Konzept der Autoren, aber es scheint aufzugehen - der Erfolg gibt ihnen recht. Man merkt ihnen außerdem ihre filmische Denkweise an (beide sind auch Drehbuchautoren) - auch dieser Band hat einen unglaublichen Cliffhanger.
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