Vorweg: Ich habe keinerlei Expertise in Bezug auf Rassismus gegenüber East Asians, in den USA oder anderswo. Auch den Begriff Yellowface kannte ich nicht, auch wenn er natürlich offenkundig verständlich ist. R.F. Kuang hat mit ihrem gleichnamigen Roman eine Story erdacht, die Rassismus, den Umgang mit Diversität im positiven und negativen Sinne und vor allem die Buchbranche vielseitig, vielschichtig betrachtet.
Dabei fängt alles noch recht unkompliziert, wenn auch mit einem Paukenschlag an: Die erfolglose Schriftstellerin Juniper Hayward (weiß) stiehlt der erfolgreichen Schriftstellerin Athena Liu (chinesischer Abstammung) ihr letztes Manuskript, nachdem diese vor ihren Augen an einem Stück Pfannkuchen erstickt ist. Athenas Roman handelt von chinesischen Arbeitern während des ersten Weltkriegs und Juniper bekommt schon schnell einige unangenehme Fragen gestellt, wie sie denn ausgerechnet zu diesem Thema gekommen ist. Kurzerhand füllt ihr Verlag diese Lücken - sie verwendet einen neuen Namen, nennt sich nun Juniper Sang, und das Autorenfoto wirkt irgendwie auch --- asiatisch. Nach dem anfänglichen Bestsellererfolg folgen Plagiatsvorwürfe, Fragen nach ihrem Recht, ein chinesisches Thema aufgegriffen zu haben, und peinliche Begegnungen mit der chinesischen Community. Doch Juniper wird nicht müde, ihre moralisch zweifelhaften Entscheidungen immer wieder vor sich und der Welt zu rechtfertigen. Das geht so weit, sich schließlich selbst als Opfer eines weißen Rassismus zu sehen, weil nur noch Diversität zählt und sie sich als weiße Autorin in der Branche diskriminiert sieht. Geschickt zeigt Yellowface auf, wie selbst die vorgebliche Förderung von BIPOC-Autoren die Rassismus-Barrieren aufrecht erhält, ("nur ein asisatischer Roman pro Saison") und wie sehr die ganze Branche weniger durch literarische Qualität als vielmehr durch Popularität, Vorurteile und natürlich Marketing und Social Media getrieben ist. Natürlich ist Yellowface Satire, aber einige der Aspekte sind düster, sehr düster. Das Ende empfinde ich als frustrierend, unklar, zu offen. Obwohl die durch und durch unmoralische und unsympathische Protagonistin Juniper mit den Konsequenzen ihres Handeln leben muss, bleibt sie am Ende kämpferisch und ohne Reue, höchstens mit einer gehörigen Portion Selbstmitleid, zurück. Und die Verlags- und Medienbranche macht weiter wie bisher, ein selbsterhaltendes System.
R.F. Kuang, Yellowface. Harper Audio 2023.
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