„O, wonder! How many goodly creatures are there here! How beauteous mankind is! O brave new world, that has such people in’t!“
(dt. „O, Wunder! Wie viele herrliche Geschöpfe es hier gibt! Wie schön der Mensch ist! O schöne neue Welt, die solche Bürger trägt!“)Doch so wundervoll und herrlich ist natürlich nichts in dieser Zukunftswelt. Oder doch?
Durch die Augen der Protagonisten Lenina, Bernhard, Helmholtz und John, dem "Wilden" wird uns eine Welt präsentiert, die eine perfekt funktionierende Gesellschaft bietet. Durch genetische Manpulation und künstliche Fortpflanzung wird die Menschheit in fünf Kasten hineingeboren und diesen Kasten entsprechend konditioniert. Der Konditionierung entsprechend sind sie mit ihren jeweiligen Lebensaufgaben zufrieden, haben ein geregeltes Arbeits-, Freizeit- und Sexualleben. Sollte trotzdem ein Unwohlsein auftreten, wird dem mit der Einnahme von Soma, einer staatlich verordneten Dauerdroge entgegengewirkt. Ein Verlassen des vorgezeichneten Lebenswegs ist nicht vorgesehen, der Wunsch danach kommt selten auf und wird dann als unnormal und krankhaft wahrgenommen. Dazu zählt der Wunsch nach einer andauernden Beziehung, nach Fortpflanzung, nach künstlerischen Ausdruck oder wissenschaftlicher Forschungsdrang - alles Dinge, die in dieser Welt nicht vorkommen. Die Religionen sind durch eine Art Kult um den Automobilhersteller Henry Ford ersetzt worden.
Es gibt einige wenige Menschen, die als Naturvölker ohne den Komfort des Fortschritts in Reservaten und in einem anderen Gesellschafts- und Wertesystem leben. Bei einem Besuch in einem solchen Reservat, entdecken Lenina und Bernhard den "Wilden" John, der als Außenseiter dort lebt, da seine Mutter nicht zum Stamm gehörte. Er folgt den beiden in die Zivilisation und befindet sich bald in einem unauflösbaren Konflikt zwischen den beiden Systemen, der tragisch endet. John ist es auch, der Teile seines Wissens aus einer alten Shakespeare-Gesamtausgabe bezieht, aus der er regelmäßig zitiert (Titelbezug).
Huxleys Roman hat trotz der vielen technologischen Errungenschaften der Jetztzeit, die denen im Buch nahe kommen, seinen dystopischen Charakter nicht verloren. Oder ist die gleichförmige, gleichgültige, drogeninduzierte Zufriedenheit doch eine Utopie - etwas Wünschenswertes, auch wenn es mit dem Verlust von Familie, Kunst, Geschichte und Glauben einhergeht? Wohl eher nicht, auch nicht vor dem Hintergrund eines zunehmend versagenden kapitalistischen Gesellschaftssystems. Es stecken noch viele interessante Fragen in dem Roman, auch wenn es andere Fragen sind, als man sie sich vielleicht 1935 beim Erscheinen gestellt hat. Nicht ohne Grund ist es ... ein Klassiker, ein Meilenstein der Literaturgeschichte.
Aldous Huxley, Schöne neue Welt. Hörverlag 2013.
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