Inhaltlich spielt sich auf den nur 176 Seiten viel, fast zu viel, ab. Es geht auf einer offensichtlichen Ebene um Freundschaft. Hanna, die Erzählerin, wächst bei ihren Großeltern in einer Siedlung im Ruhrpott auf. Sie ist befreundet mit Cem und dann kommt noch Zeyna dazu, die mit ihrem Vater aus Syrien geflüchtet ist. Vater und Tochter werden von Hannas Großeltern herzlich aufgenommen. Alles scheint harmonisch, die drei Kinder werden zusammen älter. Dann schafft Fremdenfeindlichkeit und auch blanker Hass nach dem 11. September 2001 Risse in ihrer Freundschaft, denn Hanna ist als Deutsche davon ausgenommen und versteht kaum, was die beiden anderen durchmachen - oder will es nicht wissen. Zeyna verfällt in Trotz, wird Fotografin und verlässt die Stadt, der Kontakt verliert sich. Hanna erzählt dies rückblickend aus dem Corona-Lockdown und nach dem Tod der Großeltern aus einer schweren Depression heraus. Die (Er-)Lösung aus ihrer verfahrenen Situation, so glaubt sie, liegt darin, wieder Kontakt zu Zeyna herzustellen. Cem versucht ihr derweil auf anderen Wegen zu helfen, Hanna nimmt diese Hilfe nur zögernd an, ohne sie wertzuschätzen. Schließlich eröffnet Hanna Cem die überraschenden wahren Gründe für ihr Zerwürfnis mit Zeyna. Der Roman endet auf einer hoffnungsvollen Note. Die Protagonistin Hanna schildert eindrücklich, wie festgefahren sie sich in ihrem Leben auf allen Ebenen fühlt: Der äußere Lockdown, der Verlust der Menschen, denen sie am nächsten war, das Fehlen von gesunden freundschaftlichen Beziehungen, das krampfhafte Festhalten an Dingen, die mal waren. Mir war sie an manchen Stellen zu blind für die Zusammenhänge, zu egozentrisch, zu wenig hinterfragend. Die Ereignisse, die zu Zeynas Kontaktabbruch führen, erschienen mir nicht plausibel, nicht in diesem familiengleichen System mit hohem Zusammengehörigkeitsgefühl. Andererseits war es eine überraschende "Auflösung" dieses dichtgestrickten Romans.
Rasha Khayat, Ich komme nicht zurück. Dumont 2024.