Erica Fischer (*1943) ist Journalistin, Schriftstellerin und Übersetzerin und eine Mitbegründerin des österreichischen Feminismus. Bekannt wurde sie durch ihr Buch Aimée und Jaguar, das erstmals 1994 erschien.
Untertitelt ist das Buch mit "Eine Liebesgeschichte, Berlin 1943" - es ist eine dokumentarische Erzählung der Beziehung von Lilly Wust und Felice Schragenheim während der Zeit des Nationalsozialismus und gegen Ende des zweiten Weltkriegs. Lilly hat einen nationalsozialistisch eingestellten Ehemann und vier Kinder, Felice ist eine untergetauchte Jüdin. Nach einer kurzen, intensiven Zeit des Zusammenseins wird Felice 1944 verhaftet und kommt im Konzentrationslager Bergen-Belsen kurz vor Kriegsende um.
Mit großem Aufwand hat Erica Fischer nicht nur die Überlebende Lilly Wust interviewt, als diese bereits 80 Jahre alt war, sondern auch zahlreiche Zeitzeugen befragt, Dokumente und Fotos zusammengetragen. Darin liegt auch der große Unterschied zu zahlreichen Romanen, die Thematik und historischen Hintergrund gemein haben. Es ist eine wahre Geschichte, das ist das eine, aber gleichzeitig bemüht Fischer sich sehr um eine facettenreiche Darstellung, die eben nicht nur eine rosarote Liebesgeschichte zeigt, wie Lilly Wust sie in Erinnerung haben wollte. Kritisch wird Lillys Beziehung zum Nationalsozialismus gezeigt, ihre Reaktionen nach Kriegsende - die Ablehnung von allem Deutschen und eine fast seltsam anmutenden Hinwendung zum Judentum - bleiben nicht unerwähnt, obwohl dies möglich gewesen wäre. Die
Tatsache, dass man sich nie ganz Klarheit über den Lillys Charakter
verschaffen kann, spiegelt die Komplexität der Situation, in der sich
die Frauen historisch und gesellschaftlich befunden haben. Der umfangreiche Anhang mit Fotos, Briefen und Dokumenten belegt das Streben nach Genauigkeit und Authenzität.
Zusammen ergibt dies ein beeindruckendes Buch und Zeitzeugnis mit einer anrührenden Geschichte zweier sehr unterschiedlicher Frauen.
Das Buch wurde in 20 Sprachen übersetzt. Max Färberböck verfilmte die Liebesgeschichte 1998 unter demselben Titel.
Erica Fischer, Aimée und Jaguar. KiWi, Köln 1996.
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