Wednesday, November 02, 2016

Fynn - Hallo, Mister Gott, hier spricht Anna


"Hallo, Mister Gott, hier spricht Anna" erzählt von einem kleinen Mädchen, das der 19jährige Ich-Erzähler, der sich selbst den Namen Fynn gibt, eines Nachts auf den Londoner Straßen der 1930er Jahre findet und mit nach Hause nimmt, da sie offensichtlich misshandelt wurde und daher fortgelaufen ist.
Sie hat einen unerschütterlichen Glauben an Gott, ist außerordentlich intelligent und saugt jede Art von Wissen auf wie ein Schwamm. Daraus ergeben sich intensive theologische, wissenschaftliche und auch fantastische Gespräche zwischen Anna und Fynn. Dieser ist selbst sehr begabt, vor allem im Bereich der Naturwissenschaft, aber die Gespräche mit Anna verblüffen ihn immer wieder und er staunt über den Scharfsinn des kleinen Mädchens. Doch nicht nur er ist tief beeindruckt, sondern Anna wirkt auf nahezu alle Menschen ihrer Umgebung besonders und wird überall geliebt.
In 27 Kapiteln werden verschiedene gedankliche Experimente und Erkenntnisse und - vor allem - wichtige Fragen in kleinen Episoden dargestellt. Die Sprache ist dabei kindlich einfach, das Setting das eines längst vergangenen Londoner East Ends mit den dazu passenden Charakteren. Kontinuierlich zieht sich der Faden des Staunens über Annas Weisheit und Begabung durch das Buch, Fynn macht klar, dass jeder von Anna lernen kann und auch von ihr lernen sollte.
Unklar bleibt, ob das Buch Fiktion oder autobiographisch ist, eventuell ist es eine Mischung. Der englische Wikipedia-Artikel gibt an, dass es Zeichungen und Notizen aus Annas Hand geben soll. Die Identität von Fynn war ebenfalls lange ein Geheimnis, dem eine ganze Website gewidmet ist. Der Autor schrieb zwei weitere Bücher über Anna.
Im Grunde spielt es keine große Rolle, ob es die Anna des Buches in dieser Form wirklich gegeben hat. Das Buch bietet eine Unzahl an Gedankengängen, die nachzuvollziehen sich lohnt. Dabei sind es das Staunen und die Bewunderung für die Absolutheit des Glaubens und der Liebe - zwei Dinge, die Annas Dasein zusammenfassen und die auch unveränderlich miteinander verknüpft sind - die die zentrale Aussage des Buches bilden. Natürlich ist es an der Oberfläche auch ein sentimentales und stellenweise ein naives Buch, aber definitiv eines, das einen zweiten oder dritten Gedanken verdient hat.

Fynn, Hallo, Mister Gott, hier spricht Anna. Fischer, Frankfurt am Main 2006.

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