Anthony McCarten (ich las vor Jahren bereits Superhero) beschreibt in funny girl den Werdegang einer muslimischen jungen Frau namens Azime, die Stand-Up-Comedian werden möchte. In London lebend hat sie zwar die Möglichkeiten einer Ausbildung und sich auf kleinen Bühnen auszuprobieren, aber sie kämpft gegen den Widerstand ihrer kurdischen Familie, muss Drohungen und offene Feindseligkeit aushalten lernen und in alledem noch ihre eigene Überzeugung finden, was sie der "Welt da draußen" eigentlich sagen möchte.
Unterbrochen wird die Geschichte von "Protokollen" der Auftritte von Azime und anderen werdenden Comedians und den Erzählnebensträngen um zwei Freundinnen Azimes - die eine leidet unter Gewalt in der Ehe, die andere brachte sich "zu Ehren der Familie" (so die verquere Sichtweise ihres Vaters) um, weil sie nicht mit dem Jungen zusammensein durfte, den sie liebte.
Letztere beleuchten die vielfältigen Schwierigkeiten junger muslimischer Frauen näher, erstere geben Einblicke in die Welt des Comedy, die durchaus eigenen Regeln folgt, was man aber lachend, im Publikum sitzend nicht reflektiert.
Zwar gewinnt Azime ihren Kampf, um ihre Lebensgestaltung, sie tut, was sie will (nachdem sie herausgefunden hat, was das ist), und schafft es sogar, ihre Familie zu überzeugen, dass sie damit keine Schande über sie bringt. Man möchte ihr zu dem Erfolg gratulieren, sie loben... - dennoch blieb mir die Freude, das Lachen sozusagen, etwas im Halse stecken, denn die Welt in der sie sich bewegt, bleibt trotzdem die bittere Realität, ihr Weg die Ausnahme. Junge Frauen, die in einer Gesellschaft leben, die ihnen viele Rechte aberkennt, die durch selbstgefällige Patriarchen bestimmt werden und wenig Entscheidungsfreiheiten haben. Auch wenn Azime zwischendurch immer wieder einen Blick wirft auf die Zuverlässigkeit und die Wärme der Gemeinschaft, in der sie sich befindet, so scheint dies doch wenig zu wiegen gegen die Rechte auf körperliche Unversehrtheit, Redefreiheit und Gleichberechtigung, die immer wieder verletzt werden in ihrem Umfeld.
So spiegelt sich in dem Erfolg dieser einen mutigen Muslima gleichzeitig die andauernde Ungerechtigkeit einer Gesellschaft, in der viele Frauen ausharren, zum Teil selbst gewählt, zum Teil erzwungen. Zurück bleibt ein ungutes Gefühl, für das dem Autor, unabhängig von dessen Intentionen, Respekt gebührt.
Anthony McCarten, funny girl. Diogenes, Zürich 2014.
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