Mechtild Borrmann erzählt Trümmerkind aus der Perspektive von drei Protagonisten, deren Schicksal eng miteinander verwoben ist. Es ist eine deutsche Kriegsgeschichte, aber doch nicht nur ein historischer Roman, da ein Großteil der Spannung auch durch die Frage nach dem Täter der "Trümmermorde" erzeugt wird.
Die Familie Dietz schlägt sich im zerstörten Hamburg nur mit Mühe durch den Hungerwinter 1946/1947, als Sohn Hanno auf der Suche nach Brennholz in einem Keller auf die Leiche einer Frau stößt. Dies verstört ihn nachhaltig, dennoch reagiert er mitfühlend als er auf der Straße einen Drejährigen findet, der scheinbar keine Verwandten hat. Kurzerhand nehmen Hanno und seine Schwester ihn mit nach Hause, er wird schnell Teil der Familie.
Nach Kriegsende erfährt die Familie Anquist auf ihrem Landgut in der Uckermark, dass sie durch die russischen Besatzer jeglichen Anspruch auf ihren Besitz verlieren, Nach vielen leidvollen Erfahrungen fliehen sie gen Norden, erst nach Lübeck, dann nach Hamburg. Von der Familie sind dabei nur noch der Vater, Tochter Clara und die zwei Kinder ihrer Schwester übrig.
Parallel wird die Geschichte von Anna Meerbaum erzählt, die sich trotz des beharrlichen Schweigens ihrer alkoholkranken Mutter - Clara - im Jahr 1992 auf die Suche nach ihren Familienwurzeln in der Uckermark macht. Sie weiß vom Gut der Familie Anquist. Doch schnell findet sie heraus, dass selbst das Wenige, dass sie von ihrer Familiengeschichte weiß, nicht zu dem passt, was sie dort herausfindet.
Je weiter die Geschichte aus der Nachkriegszeit voranschreiten, um so mehr erfährt auch Anna von den wahren Zusammenhängen und nach und nach setzt sich das Puzzle zusammen, was 1947 tatsächlich passiert sein muss.
Die Autorin erzählt alle drei Geschichten spannend, gibt den Protagonisten Tiefe und schärft auch die anderen Charaktere im Verlauf. Die Verzahnung der drei Ebenen ist exzellent gelöst, so dass man gleichermaßen allen Erzählsträngen fasziniert folgt. Die Auflösung lässt sich ab einem gewissen Punkt erahnen, was wohl auch gewollt ist, das tut der Spannung aber keinen Abbruch. Ein sehr guter historischer Roman mit kriminalistischen Aspekten, lohnenswert!
Mechtild Borrmann, Trümmerkind. Droemer, München 2016.
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