Friday, February 14, 2020

Jussi Adler Olsen - Opfer 2117


Gleich vorweg: Mir geht es ähnlich wie anderen Rezensenten, die bereits anmerkten, dass dieser Band keiner der starken dieser Reihe ist.
Das Kopenhagener Dezernat Q - erschaffen, um ungelöste Fälle aufzuklären - ermittelt hier in eigener Sache; vielleicht ist das das Problem.
Assad erkennt auf einem Zeitungsfoto einer an Zyperns Strand gespülten Flüchtlingsleiche eine nahe Vertraute aus seiner Vergangenheit wieder und ist schockiert. Die Tote ist auch nicht ertrunken, sondern wurde ermordet. Aus diesem Grund setzt sich auch ein spanischer Journalist auf ihre Spur und gerät dabei in die Fänge einer muslimischen Terrorgruppe. Gleichzeitig sitzt der junger Däne Alexander vor seinem Computerspiel und will genau diese Frau, die in den Zeitungen als Opfer 2117 bezeichnet wird, symbolisch rächen und droht mit Mordattacken, sobald er in seinem Spiel Level 2117 geschafft hat.
Soviel zu den verschiedenen Handlungssträngen, die durch das Opfer 2117 verknüpft werden. Schon bei dieser kurzen Zusammenfassung klingt an, dass hier einiges weit hergeholt sind. Die gezogenen Verbindungen sind zwar nicht völlig unlogisch, wirken aber unwahrscheinlich, besonders der Handlungsstrang um Alexander. Und auch wenn Rache als starkes Motiv gilt, so handelt der Kopf der Terroristen doch wenig plausibel, wenn er sein religiös getriebenes Attentat abhängig macht von der Rache für eine extrem lange zurückliegende Tat und damit das Gelingen desselben aufs Spiel setzt. Der Fotograf wirkt naiv in seinem Denken und Handeln (daher ist es auch nicht verwunderlich, dass er so erfolglos ist), er ist nur so lange relevant, so lange er dem Leser und den Ermittelnden einige Hintergrundinformationen liefern kann, danach wird er wie lästiges Beiwerk mitgeführt - erzählerisch und - ebenfalls unwahrscheinlich - physisch durch den Anführer der Attentäter, der ihn die Geschehnisse dokumentieren lassen will und dafür einigen Aufwand betreiben muss.
Nichtsdestotrotz zieht einen die Geschichte durch rasches, actiongeladenes Erzählen in ihren Bann, besonders die Szenen in Berlin sind plastisch und dramatisch. Die Auflösung der Situation im heimischen Kopenhagen, obwohl durch einige (hier eher absurde) Action angereichert, wirkt dagegen eher belanglos, fast banal. Mein Mitgefühl hielt sich jedenfalls in Grenzen.
Wären mir die Charaktere des Dezernats Q nicht so sehr ans Herz gewachsen, ebenso wie der Autor, so würde meine Bewertung dieses Bandes wohl noch harscher ausfallen. So habe ich mich zumindest über die zwischenmenschlichen Töne und die privaten Entwicklungen der Protagonisten gefreut. Die Lesung von Wolfram Koch hat mir ebenfalls gut gefallen.

Jussi Adler Olsen, Opfer 2117.  DAV 2019.

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