Friday, June 20, 2025

Jacques Berndorf - Der Meisterschüler

Neben seiner Erfolgsreihe der Eifel-Krimis schrieb der 2022 verstorbene Jacques Berndorf (alias Michael Preute) auch eine vier Bücher umfassende Reihe um den Geheimdienstler Karl Müller. Nach Ein guter Mann und Bruderdienst ist Der Meisterschüler der dritte Band.
Attentate und Anschläge überall auf der Welt. Bei einigen der Anschläge werden seltsame Visitenkarten gefunden, die auf einen islamistischen Täter schließen lassen. Ermordet werden vermeintliche Islamfeinde, darunter auch ein katholischer Priester in Köln. Der BND schaltet sich ein und will den extrem brutalen Einzeltäter, um den es sich offensichtlich handelt, stellen. Doch zunächst wird in den verschiedensten Ländern recherchiert. Müller und Co. decken nebenbei noch andere Dinge auf und fliegen u.a. eine indische Familie nach Deutschland aus. Durch die wechselnden Erzählstränge und die vielen Orte, zu denen auch noch die Täterperspektive hinzukommt, ist die Story als Hörbuch manchmal nicht ganz einfach zu verfolgen. Es gibt viel Zwischenmenschliches in diesem Band, durchaus eine Stärke des Autors, und seine Milieu-Schilderungen sind eindrücklich (es gibt übrigens einen Ausflug in die Eifel). Mir war nicht alles immer plausibel, vor allem nicht, was die Zuständigkeiten des Geheimdienstes anging bzw. die Relevanz einiger Nebenplots. Das mag wie gesagt am Buchformat gelegen haben, wenngleich ich die Lesung durch den Autor wie immer wunderbar fand. Der große zeitliche Abstand, mit dem ich die Bände gelesen habe, trägt nicht dazu bei, dass mir Karl Müller als Protagonist näher gekommen ist - so bleibt die Reihe bei mir weit hinter Siggi Baumeister und den Eifel-Krimis zurück. 

Jacques Berndorf, Der Meisterschüler. Radioropa 2009.

Friday, June 13, 2025

Howard Pyle - Robin Hood

Einiges hat mich bei der Recherche zu Howard Pyles The Merry Adventures of Robin Hood überrascht. Jede:r kennt die Story vom Outlaw im Sherwood Forest bei Nottigham, der von den Reichen nimmt und die Armen unterstützt. Alles irgendwann in einer Zeit im frühen England. Das hat man mehrfach in den verschiedensten Fassung in Film, Fernsehen, usw. gesehen. Wenn man hört, dass es schon sehr frühe Überlieferungen des Stoffes gibt, so glaubt man dies unbesehen. Das stimmt auch. Doch die Fassung, die am bekanntesten ist, hat ausgerechnet ein US-amerikanischer Schriftsteller aufgeschrieben. Pyle (1853.1911) stammt aus Delaware und schrieb die gesammelten Balladen und Geschichten in einer halbwegs sortierten Episodenfassung auf und veröffentlichte sein Werk 1883. Dabei veränderte er auch freiherzig einige Inhalte, wie es besser in sein Bild von Robin Hood passte. Aber dann wird es schräg, finde ich. Seine Quellen waren größtenteils in einem Middle English geschrieben, das ca. 1066 bis zum späten 15. Jahrhundert gesprochen wurde, also relativ unverständlich für sein Zielpublikum, nämlich Kinder des 19. Jahrhundert. Was tat Pyle? Er bastelte sich einfach sein eigenes "Middle English", das zwar prachtvolle alte Wörter wie "thou" und "quoth" enthält, aber im Grunde keine real verwendete Sprache war. 
"Now will I make my vow," quoth Little John, "thou art the very best swordsman that ever mine eyes beheld." ...

Dafür war das ganze natürlich halbwegs lesbar für das moderne Publikum. Die Sprache, die Pyle verwendete, ist vielen jetzt vertraut als eine Art Middle English oder einem frühen modernen englischen Dialekt. Das Lesen ist dennoch holprig, nunja, inzwischen ist diese modernisierte Sprache auch wieder fast 150 Jahre alt...
Als Leseerfahrung (in einer wunderschönen Sterling Classic Fassung und als Librivox Audio) war es ganz hübsch, inhaltlich konnte es mich weniger fesseln und über einige der Episoden bin ich eher schnell hinweggehuscht. Robin Hood entkommt mit Schläue, kämpferischen Fähigkeiten und der Hilfe seiner Kumpels vielen Verfolgungen durch den Sheriff bzw. er trifft XY unterwegs, kämpft ein bisschen, fragt dann hinterher nach XYs Namen und nimmt ihn in seine Bande auf. Frauen kommen natürlich kaum vor und spielen keine Rolle. Jedenfalls weiß ich nun einiges mehr über diesen Klassiker, der eigentlich in seiner Form keiner ist. Oder doch? Käme auf die Definition an.

Howard Pyle, The Merry Adventures of Robin Hood. Sterling Classic 2004.

Wednesday, June 11, 2025

Yrsa Sigurdardottir - Rauch

Yrsa Sigurdardottir erzählt in Rauch die Geschichte einer ungleichen Freundesgruppe aus Studienzeiten, die zur Beerdigung einer weiteren Freundin auf eine der Westmännerinseln reisen. Sie mieten sich in einem abgelegenen Haus ein und ein Fund im Haus der Verstorbenen zwingt sie, sich mit einem lange zurückliegenden Ereignis auseinanderzusetzen: Nach einer außer Kontrolle geratenen Feier verschwand eine Mitbewohnerin der Clique. Drogen und Alkohol führten dazu, dass alle nur bruchstückhafte Erinnerungen an diese Nacht haben. Gegenseitige Vorwürfe, Misstrauen und unüberlegtes Handeln lässt die Gruppe im Laufe des Romans immer weiter auseinanderbrechen. Ein paar Tage später reist eine Ermittlungsgruppe bestehend aus Karólína, Týr und Iðunn auf die Insel. Letztere ist die Pathologin, aus deren Sicht dieser zweite Erzählstrang erzählt wird. Zwei Leichen wurden entdeckt, die eine verbrannt, die andere mit Blick auf das Feuer sitzend. Die Spurenlage ist seltsam, die Bewohner des abgelegenen Hauses sind verschwunden, aber niemand weiß wohin. Es sind mehr Tote zu befürchten...
Es ist ungewöhnlich, aber auch irgendwie reizvoll, dass die beiden Erzählstränge am gleichen Ort mit nur wenig zeitlichem Abstand voneinander geschehen.  So weiß man immer nur ein klein wenig mehr über die Ereignisse und während das Ermittlungsteam einen größeren Überblick erhält, erfährt man durch die Freundesgruppe mehr von den emotionalen, persönlichen Beweggründen und Zusammenhängen. Allerdings handeln alle Beteiligten an einigen Stellen ausgesprochen unreflektiert, man könnte auch es auch dumm nennen, weswegen es gerade im letzten Drittel des Romans ein bisschen chaotisch zugeht (inklusive dem Cliffhanger). Das trübt die Freude an diesem sonst recht spanndenden und unterhaltsamen Islandthriller etwas. 

Yrsa Sigurdardottir, Rauch. Hörverlag 2024.

Saturday, June 07, 2025

Linda Castillo - Grausame Nacht

Im siebten Band Grausame Nacht von Linda Castillos Serie im Amish-Country ermittelt Kate Burkholder in einem Cold Case. Nach einem schrecklichen Tornado finden Pfadfinder beim Aufräumen einer alten Scheune alte Knochen - der Mann ist schon 30 Jahre tot. Wieder einmal muss Kate gegen die Widerstände der streng religiösen Bewohner von Painter's Mill ankämpfen, um etwas zu erfahren. Gleichzeitig gerät sie privat und beruflich unter zusätzlichen Druck. Letztere Probleme führen zu akuten Bedrohungslagen, in die sie - wie schon in anderen Bänden - reichlich unreflektiert allein hineinstolpert, ohne auf Backup durch ihr Department zu warten. Auch der private Konflikt schien mir etwas konstruiert, nach der langen und oft auf den Prüfstand gestellten Beziehung wirkt Tomassettis Reaktion unglaubhaft. Der Fall selbst hat einige gruselige Momente und wird nicht so sauber durch Ermittlungen aufgeklärt, was mir bei den anderen Bänden gut gefallen hatte. Hier fällt Kate die Auflösung am Ende in den Schoß - wenn auch natürlich nicht ohne gefährlichen Showdown. Dennoch hat mich Grausame Nacht gewohnt gut unterhalten. 

Linda Castillo, Grausame Nacht. Argon 2016. 

Monday, June 02, 2025

Marc-Uwe Kling - Das Känguru-Manifest

Das Känguru-Manifest ist der zweite Känguru-Band des "Kleinkünstlers" Marc-Uwe Kling. Ich kann prinzipiell das Gleiche dazu schreiben wie auch schon beim ersten Band. Einige Highlights zum laut Auflachen und sonst eher plätschernde Unterhaltung, als Live-Mitschnitt eine gute Wahl. 

Marc-Uwe Kling, Das Känguru-Manifest. Hörbuch Hamburg 2011.