Saturday, April 12, 2025

Taylor Jenkins Reid - Daisy Jones and the Six

Daisy Jones & the Six besteht aus den fiktiven Interviews mit Personen in und rund um die fiktive Band The Six und der fiktiven Sängerin Daisy Jones, durch die die Band erst richtig berühmt wird. Taylor Jenkins Reid setzt die Geschichte der Musiker durch teils sehr kurze Bemerkungen und Kommentare zusammen, man muss aufmerksam bleiben, wer gerade "spricht". Fiktive Authentizität erreicht sie dadurch, dass sich die Aussagen teilweise in Details widersprechen durch die unterschiedliche Wahrnehmung der einzelnen Personen, insgesamt wird die Geschichte aber chronologisch erzählt. Es geht um Musik, um Songwriting, viel um übermäßigen Drogenkonsum und um die Beziehungen der Bandmitglieder untereinander. Zeitlich spielt die Story in den 60er und 70er Jahren und der Vibe der Zeit wird fühlbar.
Um es kurz zu machen: Mir hat die Story Spaß gemacht, nicht unbedingt wegen des ungewöhnlichen Erzählformats, aber wegen der "Musik" und der Atmosphäre, die durch die Zeilen dringt. Natürlich hat der Roman einige Längen und den Mini-Twist am Ende, wer denn eigentlich diese Interviews führt, hätte ich nicht gebraucht. Egal. Nun höre ich mir noch einmal "Rumours" an...

Taylor Jenkins Reid, Daisy Jones & the Six. Ullstein, Berlin 2020.

Saturday, April 05, 2025

Toni Morrison - Gott, hilf dem Kind

Gott, hilf dem Kind ist der elfte und letzte Roman von Toni Morrison. Sehr blaue Augen und Menschenkind konnten mich begeistern, bei diesem Roman bleibe ich etwas ratlos zurück. Ich habe lange an dem Audiobook herumgehört, lange Pausen gemacht und bin nicht so richtig warm geworden damit. Die wechselnden Erzählperspektiven gefielen mir nicht so recht, zumal mir bei einigen unklar blieb, was sie beizutragen hatten. Oft schien mir die Geschichte gespickt mit bedeutungsschweren Andeutungen und Querverbindungen, Metaphern, die ich nicht ganz zu entschlüsseln in der Lage war. Ich hatte am Ende das Gefühl, mir sei etwas Entscheidendes entgangen und das stimmt vermutlich. Das Leben der Protagonistin Bride (eigentlich Lula Ann Bridewell) ist eine krasse Achterbahnfahrt, ungeliebt in der Kindheit, weil sie für die farbige Mutter "zu schwarz" ist, aber dann erfolgreich in der Kosmetikbranche. Es folgt ein ebenso unglücklicher wie fragwürdiger Versöhnungsversuch mit einer Strafgefangenen, an deren Verurteilung Bride als Kind beteiligt war, und der so fehlschlägt, dass Bride wegen ihrer Verletzungen nicht arbeiten kann. Der undurchsichtige Freund hat sie unschön verlassen, aber sie macht sich dennoch auf den Weg, ihn zu finden. Auf dem Weg hat sie Unfälle und einige zufällige Begegnungen mit Menschen, die sie beeindrucken. Das alles wirkt nur lose aneinander gereiht, hat aber natürlich Verknüpfungen - für mich fehlte der rote Faden. Ein Thema, was immer wieder auftaucht, ist Kindesmissbrauch in verschiedenen Fällen mit unterschiedlichen Täter:innen. Dabei werden diese nicht offen gelegt, im oben bereits erwähnten Fall sogar Unschuldige verhaftet. Es gibt Zeug:innen und Mitwisser:innen, aber keine Strafen. Das ist bedrückend, um es vorsichtig auszudrücken.
Gott, hilf dem Kind würde ich definitiv nicht an Erstleser:innen von Toni Morrison empfehlen, für mich blieb es hinter den oben genannten Romanen deutlich zurück.

Toni Morrison, Gott, hilf dem Kind. Argon 2017.