Einiges hat mich bei der Recherche zu Howard Pyles
The Merry Adventures of Robin Hood überrascht. Jede:r kennt die Story vom Outlaw im Sherwood Forest bei Nottigham, der von den Reichen nimmt und die Armen unterstützt. Alles irgendwann in einer Zeit im frühen England. Das hat man mehrfach in den verschiedensten Fassung in Film, Fernsehen, usw. gesehen. Wenn man hört, dass es schon sehr frühe Überlieferungen des Stoffes gibt, so glaubt man dies unbesehen. Das stimmt auch. Doch die Fassung, die am bekanntesten ist, hat ausgerechnet ein US-amerikanischer Schriftsteller aufgeschrieben. Pyle (1853.1911) stammt aus Delaware und schrieb die gesammelten Balladen und Geschichten in einer halbwegs sortierten Episodenfassung auf und veröffentlichte sein Werk 1883. Dabei veränderte er auch freiherzig einige Inhalte, wie es besser in sein Bild von Robin Hood passte. Aber dann wird es schräg, finde ich. Seine Quellen waren größtenteils in einem Middle English geschrieben, das ca. 1066 bis zum späten 15. Jahrhundert gesprochen wurde, also relativ unverständlich für sein Zielpublikum, nämlich Kinder des 19. Jahrhundert. Was tat Pyle? Er bastelte sich einfach sein eigenes "Middle English", das zwar prachtvolle alte Wörter wie "thou" und "quoth" enthält, aber im Grunde keine real verwendete Sprache war.
"Now will I make my vow," quoth Little John, "thou art the very best swordsman that ever mine eyes beheld." ...
Dafür war das ganze natürlich halbwegs lesbar für das moderne Publikum. Die Sprache, die Pyle verwendete, ist vielen jetzt vertraut als eine Art Middle English oder einem frühen modernen englischen Dialekt. Das Lesen ist dennoch holprig, nunja, inzwischen ist diese modernisierte Sprache auch wieder fast 150 Jahre alt...
Als Leseerfahrung (in einer wunderschönen Sterling Classic Fassung und als Librivox Audio) war es ganz hübsch, inhaltlich konnte es mich weniger fesseln und über einige der Episoden bin ich eher schnell hinweggehuscht. Robin Hood entkommt mit Schläue, kämpferischen Fähigkeiten und der Hilfe seiner Kumpels vielen Verfolgungen durch den Sheriff bzw. er trifft XY unterwegs, kämpft ein bisschen, fragt dann hinterher nach XYs Namen und nimmt ihn in seine Bande auf. Frauen kommen natürlich kaum vor und spielen keine Rolle. Jedenfalls weiß ich nun einiges mehr über diesen Klassiker, der eigentlich in seiner Form keiner ist. Oder doch? Käme auf die Definition an.
Howard Pyle, The Merry Adventures of Robin Hood. Sterling Classic 2004.
2 comments:
Vielen Dank! Ich hatte als Kind eine deutsche Robin-Hood-Ausgabe, lang verloren gegangen, aber das muss eine Pyle-Übersetzung gewesen sein. Ich hatte mich danach immer wieder mal gefragt, ob es eigentlich eine kanonische Robin-Hood-Version gibt und wie die wohl aussieht; jetzt habe ich sie und freue mich aufs Wiederlesen. (Howard Pyle kannte ich bisher nur als Illustrator eines Buches eines von mir gesammelten Autors; es dauerte ein Weilchen, bis ich den Zusammenhang herstellte.)
Wahrscheinlich war deine deutsche Fassung auch noch sprachlich geglättet, das lässt sich ja sicher kaum übertragen. Wie gesagt, so richtig spannend ist der Stoff in seiner ganzen Länge und Breite nicht, aber ich wünsche dir natürlich viel Freude beim Wiederlesen!
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