Monday, December 31, 2018

Finished: Goodreads reading challenged 2018

I reached my goal to read (or listen to) 111 books in 2018 and I'm quite happy about it. I'll try the same for 2019! 

Saturday, December 29, 2018

Wonder

After re-reading Wonder by Raquel J. Palacio and reliving the bunch of feelings I had reading it the first time I really stand with my review that it is an excellent book with an excellent message. I first read it in 2015, the film got out 2017. I never got around watching it until today.

I wasn't sure about Julia Roberts as Auggie's Mum but it worked as did the whole film. They changed some parts especially about the bullying. I guess they didn't want to have nice headmaster Poman looking bad. He is a good character in the book but he doesn't stop the bullies like he does in the film.
I liked that they kept the different perspectives, seeing things through August's, Via's and Miranda's eyes although they left out others. Altogether the film is very smooth, very happy-ending, very good. It's nice to get the message so well-presented - so everyone can feel and see and take it home with him or her.
I would say the book leaves a deeper impression but by all means, it's a good story and the film tells it well too.

Thomas Krüger - Entenblues

Erwin Düsediekers Geschichte geht weiter: Nachdem er in Erwin, Mord und Ente einen alten Naziverbrecherring im beschaulichen Versloh aufgedeckt hat, könnte er nun fröhlich mit Laufente Lothar und dessen neuer Freundin Lisbeth sein Dasein und die Badewanne genießen. Doch jemand ist hinter ihm her - miese Zeitungsberichte deuten an, er habe Geld entwendet, eine Leiche fällt in den Ententeich und zu allem Überfluss wird er auch noch erpresst!
Zum Glück findet Erwin bei Lina, die von Annie den Dorfladen übernommen hat, Unterstützung. Doch es ist für ihn nicht leicht, in all dem Durcheinander von Unwahrheiten die richtigen Entscheidungen zu treffen.
In Entenblues spinnt der Autor die Geschichte um seinen ungewöhnlichen Protagonisten in herrlich ostwestfälischem Dialekt weiter (hervorragend umgesetzt durch Dietmar Bär). So nach und nach erfährt man Details zu seiner Lebensgeschichte, die ihn umso liebenswürdiger machen. Auch die Perspektivwechsel zur Entensicht auf die Dinge gelingen und geben diesem Kriminalfall eine einmalige Atmosphäre ohne dabei ins Klamaukige abzudriften, wie das bei manchen Krimis mit Lokalkolorit so leicht geschieht.
Wie schön, dass ich noch zwei Fälle vor mir habe!

Thomas Krüger, Entenblues. Schall und Wahn 2014.

Thomas Krügers Erwin Düsedieker-Reihe:
#1 Erwin, Mord und Ente (2013)
#2 Entenblues (2014)
#3 Erwin, Enten und Entsetzen (2015)
#4 Erwin, Enten, Präsidenten (2017)


Friday, December 28, 2018

Finished: 2018 POPSUGAR Reading Challenge

Popsugar is a lifestyle magazine and their reading challenge has been around since 2015. On their website they list 40 book promps (and additional 10 prompts for fast finishers which I didn't try to finish and do not list here).
I finished late, meaning today, and here are the books I read:



A book made into a movie you've already seen: Louis Sachar - Löcher
True Crime: Douglas/Olshaker - Die Anatomie des Mörders
The next book in a series you started: Max Bentow - Das Hexenmädchen
A book involving a heist: Janet Evanovich - Mit High Heels und Handschellen 
Nordic noir: Jo Nesbo - Headhunter
A novel based on a real person: Jean-Christophe Rufin - Das rote Halsband
A book set in a country that fascinates you: Arnaldur Indridason - Tage der Schuld
A book with a time of day in the title: Agatha Christie - 16 Uhr 50 ab Paddington
A book about a villain or antihero: Michael Gerard Bauer - Nennt mich nicht Ismael
A book about death or grief: Jojo Moyes - Ein ganz neues Leben
A book with a female author who uses a male pseudonym: George Sand - Sie und Er
A book with an LGBTQ+ protagonist: Tove Jansson - Fair Play
A book that is also a stage play or musical: J.K. Rowling - Phantastische Tierwesen
A book by an author of a different ethnicity than you: Sherman Alexie - Tagebuch... 
A book about feminism: Julie Maroh - Blau ist eine warme Farbe
A book about mental health: Michael Robotham - Adrenalin
A book you borrowed or that was given to you as a gift: Tess Gerritsen - I Know a Secret
A book by two authors: Freda Wolff - Schwesterlein muss sterben
A book about or involving a sport: Frederik Backman - Britt.Marie war hier
A book by a local author: Mechtild Borrmann - Trümmerkind
A book with your favorite color in the title: Nicci French - Blauer Montag
A book with alliteration in the title: Francis Hodgson Burnett - Little Lord Fauntleroy
A book about time travel: Michael Crichton - Timeline
A book with a weather element in the title: Enid Blyton - Fünf Freunde im Nebel
A book set at sea: Sten Nadolny - Die Entdeckung der Langsamkeit
A book with an animal in the title: Camilla Läckberg - Die Schneelöwin
A book set on a different planet: Andy Weir - Der Marsianer
A book with song lyrics in the title: Angie Thomas - The Hate U Give
A book about or set on Halloween: Washington Irving - The Legend of Sleepy Hollow
A book with character who are twins: Erin Morgenstern - Der Nachtzirkus
A book mentioned in another book: Sylvia Plath - Die Glasglocke
A book from a celebrity book club: Celeste Ng - Kleine Feuer überall
A childhood classic you've never read: E.B. White - Charlotte's Web
A book that's published in 2018: Jean-Luc Bannalec - Bretonische Geheimnisse
A past Goodreads Choice Awards winner: J.K. Rowling - Phantastische Tierwesen
A book set in the decade you were born: Arnaldur Indridason - Tage der Schuld
A book you meant to read in 2017 but didn't get to: John Green - Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken
A book with an ugly cover: Simon Beckett - Totenfang
A book that involves a bookstore or library: Katarina Bivald - Ein Buchladen zum Verlieben
Your favorite prompt from the 2015, 2016, or 2017 POPSUGAR Reading Challenges - A book with a title that's a character's name (PRC 2017): Heinrich Böll - Die verlorene Ehre der Katharina Blum


Looking forward to the 2019 POPSUGAR Reading Challenge... 

Sunday, December 23, 2018

Lucinda Riley - Die Sturmschwester

Die Sturmschwester ist die zweite der sechs Schwestern, die Pa Salt adoptiert hat und die seine Haushälterin großgezogen hat. Bei seinem Tod hinterlässt er ihnen Hinweise, mit denen sie das Geheimnis ihrer Herkunft erforschen können. Ally will das eigentlich nicht, sie ist frisch verliebt in den Mann ihres Lebens, der seglerisch und menschlich perfekt zu ihr passt. Das kann natürlich nicht gutgehen...

Die ausgelegte Spur führt sie nach Norwegen auf die Spuren des Nationalkomponisten Edvard Grieg und einiger Musiker und Musikerinnen in ihrem Umfeld. So weiß Ally immerhin am Ende, warum sie so gut Flöte spielen kann.

Lucinda Riley wendet in diesem zweiten Band der Schwesternserie das gleiche Konzept an wie im ersten, Die sieben Schwestern. Prinzipiell hätte mich das erfreuen sollen bei den Themen Musik/Flöte und Skandinavien. Doch beide Erzählstränge, sowohl der Allys als auch der von Anna, der Protagonistin der norwegischen Geschichte, sind sehr vorhersehbar und langatmig - und damit leider phasenweise auch langweilig. Dazu hat mich Anna in ihrer Hilflosigkeit und Naivität (klar, sie kommt vom Land, deswegen kann sie auch nach dem soundsovielten Betrug durch einen Mann immer noch nicht verstehen, dass sie vielleicht besser dran ist, sich auf sich selbst zu berufen?!) als Charakter deutlich genervt. Und auch Ally nimmt ihr Leben nicht selbst in die Hand, sondern lässt sich treiben und andere (oder der Zufall) treffen Entscheidungen für sie. Natürlich waren einige Aspekte der Musikgeschichte interessant, wenngleich sie vermutlich nur grob auf Fakten basiert, aber insgesamt konnte mich Die Sturmschwester nicht überzeugen.

Lucinda Riley, Die Sturmschwester. Hörverlag 2015.

Friday, December 21, 2018

George Sand - Sie und Er

George Sand hieß eigentlich Amantine Aurore Lucile Dupin de Francueil (1804-1876) und gilt als Feministin und Sozialkritikerin in einer Zeit, als dies im 19. Jahrhundert noch ein Skandal war. Daher wählte sie das maskuline Pseudonym. Ihre Lebensweise mit zahlreichen Liebhabern und Unabhängigkeit von einem Ehemann und das Tragen von Männerkleidern rief Empörung hervor.
Am bekanntesten ist ihre Beziehung zu Frederic Chopin, mit dem sie mehrere Jahre zusammen war.
Zuvor hatte sie eine Beziehung zu dem Schriftsteller Alfred de Musset, einem bekannten französischen Romantiker. Über diese Beziehung verfasste George Sand das autobiographisch geprägte Werk Sie und Er.

Es war sicherlich eine abenteuerliche Zeit für eine Frau, allein und selbstbestimmt zu leben und frei zu entscheiden, mit wem sie Leben und Bett teilen möchte. Die gesellschaftlichen Beschränkungen (Scheidung undenkbar, ungetraut zusammen leben ein Skandal...) dramatisieren das Geschehen in immenser Weise. In Sie und Er wird deutlich, wie kompliziert Freundschaft, Liebe und Sex in dieser Zeit für eine Frau waren und wie gegensätzlich dazu die Freiheiten eines Mannes waren, der sich nahezu alles erlauben konnte, ohne dafür verurteilt zu werden. George Sand lässt ihre Protagonisten Maler und nicht Schriftsteller sein und verändert auch die familiären Voraussetzungen, so dass Sie und Er ein fiktives Werk und kein rein autobiographisches Zeugnis sind. Im Zentrum steht der emotionale Kampf der beiden Protagonisten, die sich zwar lieben, aber an ihren charakterlichen Differenzen ein ums andere Mal scheitern und nicht zusammen glücklich werden können. Im Grunde ist Er ein egozentrisches verwöhntes Kind, das rücksichtslos alle seine Launen an Ihr auslässt, Sie leidet bis zur Selbstaufgabe darunter, bringt aber lange keine Kraft auf, sich aus der missbrauchenden, masochistischen Beziehung zu lösen. Das klingt dramatisch, hat mich aber in weiten Teilen eher gelangweilt und sogar gequält. Weite Passagen werden durch die emotionalen Ergüsse dieses unsympathischen Ers in Briefform gefüllt, während man bei ihr immer nur von dem Wunsch nach Trennung und Ende liest, nur damit sie dann wieder und wieder zu ihm zurückkehrt. Anstrengend.
Im Licht der Zeit und hinsichtlich der autobiographischen Bedeutung vielleicht für Liebhaber der romantischen, französischen Literatur interessant, aber sicherlich keine unbedingt essentielle Lektüre. Vielleicht erschien es nicht ohne Grund 2015 als eines der von zwölf vergriffenen Meisterwerken in der "ZEIT Bibliothek der verschwundenen Bücher". Diese ist übrigens inzwischen auch vergriffen.

George Sand, Sie und Er. Eder und Bach, München 2015.



Sunday, December 16, 2018

Kai Pannen - Du spinnst wohl!

Du spinnst wohl! von Kai Pannen ist eine witzig illustrierte Geschichte in 24 Teilen. Am ersten Dezember geht der grummeligen Spinne Karl-Heinz die freundliche und clevere Fliege Bisy ins Netz. Doch obwohl Bisy als Weihnachtsbraten dienen soll, kämpft er dagegen an und schafft es, nach und nach eine Freundschaft mit Karl-Heinz aufzubauen. Der ist nämlich gar nicht so tough und gnadenlos, wie er tut...

Kai Pannen schreibt die Dialoge der beiden Protagonisten als locker-flockiges Geplänkel mit vielen witzigen Pointen und die Bilder ergänzen die Geschichte sehr gut. Dennoch gibt es an vielen Stellen nachdenkliche Zwischentöne: Über den Sinn der Adventszeit, Freundschaft und auch darüber, was Mitgefühl und Engagement für andere, denen es nicht gut geht, heißen kann.

Ein niedliches und schönes Adventsbuch, das sich sicher auch gut zum täglichen Vorlesen eignet.

Kai Pannen, Du spinnst wohl. Tulipan, München 2015.

Friday, December 14, 2018

Fredrik Backman - Britt-Marie war hier

Britt-Marie war hier ist nach Ein Mann namens Ove und Oma lässt grüßen und sagt, es tut ihr leid der dritte Roman des schwedischen Schriftstellers Fredrik Backman. Ersterer brachte Backman internationalen Erfolg ein und wurde inzwischen verfilmt.

In Britt-Marie war hier ist die Protagonistin zunächst nicht sonderlich sympathisch - das kennen wir schon von Ove. Bei Britt-Marie muss alles korrekt und sauber sein, so wie es der Anstand vorschreibt. Das zwingt sie in ein alltäglich Korsett, dass mehr von Zwängen geprägt ist als von Selbstbestimmung. Und doch sehen wir dieser Frau zu, wie sie eine Mitarbeiterin des Arbeitsamtes dazu bringt, sich für sie eine abstruse Stelle in einem abgelegenen Dorf namens Borg auszudenken - nur um sie loszuwerden! Nachdem sie herausgefunden hat, dass ihr Mann, um den sich ihr Leben drehte, sie betrogen hat, willl Britt-Marie einen Neuanfang - und Himmel in was für eine schräge Szenerie ist sie da geraten. In Borg wimmelt es von skurrilen Charakteren, alle mit Macke, alle durch die ein oder andere Katastrophe geprägt. Aber da gibt es noch ein paar Kinder - und die wollen an einem Fußballturnier teilnehmen. Ehe sie sich versieht, hat sich Britt-Marie bereit erklärt, sie zu trainieren - obwohl sie absolut und gar keine Ahnung von Fußball hat.
Einmal mehr punktet Backman in Britt-Marie war hier mit liebenswerten und ungewöhnlichen Charakteren. Die Protagonistin muss sich aus ihrer Lebenskrise herausarbeiten, obwohl man eigentlich fürchten muss, dass sie dazu gar nicht die Stärke oder die Mittel hat, aber hier zeigt sich die Lösung - ähnlich wie auch in Ein Mann namens Ove - in den Beziehungen zu anderen Mitmenschen. Erstmals findet Britt-Marie Freundschaft und Zuneigung bei Menschen, bei denen sie dies nicht erwartet hat. Dafür muss sie sich aus ihrer Komfortzone bewegen, muss Wagnisse eingehen.
“You have to understand that when one is just standing there looking, then just for a second one is ready to jump. If one does it, one dares to do it. But if one waits, it’ll never happen.” 
Was ich besonders sympathisch an den Geschichte Fredrik Backmans finde, ist die Tatsache, dass er Charaktere schafft, die auf den ersten Blick alltäglich, langweilig oder sogar nervig wirken. So jemanden kennt jeder, die penible Nachbarin, der unfreundliche alte Herr von gegenüber, die nervige Pedantin bei der Arbeit. Nach und nach verschiebt sich in der Erzählung Backmans dann die Perspektive, Kleinigkeiten aus der Geschichte dieser Menschen werden preisgegeben, es zeigen sich Menschlichkeiten und kleine Gesten, die diese plötzlich sympathischer wirken lassen. Bis man sich schließlich wünscht, man könnte diese Figur persönlich kennenlernen. Dabei schlägt der Autor stets einen heiteren, humorvollen Ton an, man lacht an manchen Stellen und freut sich an anderen, so dass die traurigen Töne seiner Geschichten erträglich bleiben und mehr Hoffnung und Mut bleibt als Niedergeschlagenheit.

Fredrik Backman, Britt-Marie war hier. Argon Verlag 2016.

Sunday, December 09, 2018

François Debois - Jack the Ripper

Die grausamen Morde von Jack the Ripper, die 1889 im Slum Whitechapel von London an Prostituierten begangen wurden, fanden nie eine solide Aufklärung und sind Anlass für eine Vielzahl von fiktionaler und nichtfiktionaler Literatur und Verfilmungen. 
Auch François Debois setzt sich mit eben diesem Stoff auseinander. Im Fokus seiner Graphic Novel steht der damalige Ermittler Frederick Abberline, der sich nicht nur mit der verarmten und teils verbrecherischen Bevölkerung Whitechapels, sondern auch mit seinen Vorgesetzten herumplagen muss. Nach dem Ende der Mordserie wird Abberline in Debois' Geschichte zu Hilfe gerufen, um in Paris bei einer Mordserie auszuhelfen. Gleichzeitig geschieht in London ein seltsamer Selbstmord eines Arztes, ein Kollege einer der Personen, mit den Abberline es in Paris zu tun bekommt. Experimentellle Hypnose ist das Stichwort, das diesen zweiten Teil zusammenfasst, und eine schreckliche Wahrheit aufdeckt.
Die Bilder der Charaktere und der Kulisse sind ausgesprochen detailliert und atmosphärisch gestaltet. Den Text empfand ich phasenweise als schwer zu durchdringen, auch die Story war stellenweise etwas sprunghaft. Durchaus lesenswert, besonders hinsichtlich des künstlerischen Aspekts, aber von der Story her etwas schwächer. 

François Debois, Jack the Ripper. Splitter Verlag, Bielefeld 2013.

Saturday, December 08, 2018

Ruth Ware - Woman in Cabin 10

Lo Blackwood ist Journalistin, leidet unter Panikattacken, die sie aber mit Medikamenten im Griff hat, führt eine Beziehung, von der nicht klar ist, wohin sie führen wird, - und das gleiche gilt im Grunde auch für ihre Karriere. Kurz vor der Abfahrt zur Jungfernfahrt eines exklusiven Luxuskreuzfahrtschiffs wird sie zudem in ihrer eigenen Wohnung überfallen, was sie nachhaltig ängstigt.
Gleich in der ersten Nacht an Bord wird sie akustisch Zeugin, wie aus der Nachbarkabine etwas Schweres ins Wasser geworfen wird. Auf der Reling sieht sie Blut - sie alarmiert den Sicherheitsoffizier. Doch dieser macht ihr höflich klar, dass ihre Geschichte sehr unwahrscheinlich ist und wahrscheinlich das Ergebnis von Medikamenten, Alkohol und ihrer eigenen Angst ist. In Kabine 10 ist kein Passagier eingebucht und es finden sich keinerlei Spuren, die bestätigen, was Lo gesehen und gehört haben will. Dabei hat sie doch tags zuvor mit einer Frau in eben dieser Kabine gesprochen...
Es entspinnt sich eine schwierige Recherche, denn es nimmt sie fast niemand ernst, ihr Kontakt zur Außenwelt ist auf See stark eingeschränkt und Lo fühlt sich hilflos. Parallel zu dieser eigentlich Geschichte erfahren wir, dass Lo von ihrem Freund und ihrer Familie vermisst wird, weil sie tagelang niemand erreichen kann. Ist sie auch Opfer des Mörders geworden?
Woman in Cabin 10 spielt damit, dass der Leser weiß, dass ein Verbrechen geschehen ist, aber welches dies ist, bleibt so lange es geht unklar. Lo selbst verstrickt sich immer wieder in ihren eigenen Überlegungen. Als Protagonistin wurde sie mir nicht sympathisch und auch einige der Erzählschleifen erschienen mir langatmig. Dennoch hält sich die Grundspannung fast bis zum Schluss, auch wenn die Aufklärung dann nicht so spektakulär ist, wie vielleicht gedacht. Das geschlossene Setting des Schiffs erinnert an einige klassische Krimis von Christie, dies wurde aber für das Spannungspotenzial nicht voll ausgenutzt, da die meisten der Charaktere nur beiläufig erscheinen und nicht weiterentwickelt werden. Spannende Unterhaltung, aber nicht so gut, wie möglich gewesen wäre.

Ruth Ware, Woman in Cabin 10. DAV 2016.

Friday, December 07, 2018

Enid Blyton - Fünf Freunde im Nebel

Hier merkt man die Neuübersetzung. Vagabundierende Zigeuner, denen die fünf Freunde im Mystery Moor begegnen, wurden in der alten Übersetzung sicher so und nicht anders tituliert. Sie sind jetzt die "Traveller", der englische Begriff wurde wohl verwendet, weil "das fahrende Volk" vielleicht auch nicht angemessen schien. Schwierig war wohl, sie auch nicht mehr als die Bösewichte darzustellen, dann hätte die Geschichte nicht mehr funktioniert. :)

Ich mochte diesen Band dennoch sehr, Timmy läuft zu Bestleistung auf und George hadert einmal mehr klassisch mit ihren Charakterschwächen - Enid Blyton schrieb sicher in Klischees, aber manchmal ist es genau das, was man braucht.

Enid Blyton, Fünf Freunde im Nebel. cbj, München 2016.


Monday, December 03, 2018

Celeste Ng - Kleine Feuer überall

Wir befinden uns in Shaker Heights, Ohio, einer "planned community", in der alles reguliert und geplant ist, alles ist also so, wie es sein soll. Diesem Ideal folgt auch Elena Richardson mit ihrem gepflegten Haus und den wohlgeratenen Kindern. Naja, fast alle Kinder sind wohlgeraten, denn die jüngste Tochter Izzy ist schon immer der Querkopf der Familie gewesen. Elena besitzt noch ein zweites Haus, das sie gern an Leute vermietet, die etwas Unterstützung gebrauchen können. Eines Tages zieht die Fotografin und Künstlerin Mia Warren mit ihrer Tochter Pearl dort ein. Die Richardson Kinder freunden sich nach und nach alle mit Pearl und auch mit Mia an, besonders Izzy sucht Mias Nähe, denn diese ist so anders als alle in ihrer eigenen Familie.
Aus diesem eher schlichten Setting entwickelt Celeste Ng in Kleine Feuer überall einen bunten Strauß an Charakteren und wechselt ihre Perspektiven und Erzählschwerpunkte durch den ganzen Roman hindurch beständig. Dem Leser ist dabei stets klar, das die Geschichte auf die am Anfang vorweg genommene Katastrophe hinsteuert. Jeder einzelne trägt ein "kleines Feuer" bei, jeder hat seine Geheimnisse, sein persönliches Drama, das unaufhaltsam seinen Lauf nimmt. Dabei bleibt der Erzählton stets sachlich, fast ein bisschen nüchtern, bedenkt man, wie eindrucksvoll die Charaktere dennoch wirken, keine geringe Leistung der Autorin - beeindruckend.
Damit nicht genug, beleuchtet der Roman auch noch facettenreich, was eine gute Mutter ausmacht. Hier werden Elena Richardson und Mia Warren einander konträr gegenüber gestellt, deren Erziehungsbasis nicht unterschiedlicher sein könnten. Außerdem wird - quasi nebenbei - der Sorgerechtsfall um ein kleines Mädchen chinesischer Abstammung behandelt: Wer ist geeigneter das Mädchen in Zukunft zu erziehen - das reiche amerikanische Ehepaar, das das Kind bei sich aufnahm und sich schon lange ein Kind wünscht, oder die alleinerziehende, leibliche Mutter, die in einer Phase wirtschaftlichen und psychischen Elends das Kind weggab und nun wieder Verantwortung für die Tochter übernehmen möchte? Keine einfache Frage, die auch von den Charakteren des Romans nur schwer beantwortet werden kann.
Es ist der Perspektivenreichtum, der Celeste Ngs Roman von anderen abhebt, wenngleich man ihr diesen gegebenenfalls auch zum Vorwurf machen kann, denn am Ende steht nicht der eine große Schlusston, der eine ausentwickelte Protagonist, der die Welt mit neuen Augen, mit neuer moralischer Grundhaltung betrachtet. Dies ist nicht der Weg, den die Autorin wählt - dies kann der Leser werten, wie er will.

Celeste Ng, Kleine Feuer überall. DAV 2018.

Sunday, December 02, 2018

Washington Irving - The Legend of Sleepy Hollow


Washington Irving's The Legend of Sleepy Hollow is a Gothic story first published in 1820. It is a classic that remains popular throughout the ages and also a very short read. It tells the story of Ichabod Crane, a teacher in a very small village called Tarry Town, who is in love with a farmer's daughter. He fails in his attempt to win her hand and on his way home at night he meets the Headless Horseman. The following day his horse has returned home but Ichabold Crane is never seen again...

I didn't particularly like the story but it sure was interesting to read the source for the apparently endless list of adaptations in literature, film, on stage or in music. It's also one more item done on my popsugar reading challenge 2018.

Saturday, December 01, 2018

Heinrich Böll - Die verlorene Ehre der Katharina Blum


Einerseits ist Heinrich Bölls Erzählung Die verlorene Ehre der Katharina Blum durchaus noch aktuell, andererseits überrascht sie in der heutigen Medienwelt mit ihren fake news nicht mehr besonders.
Katharina Blum verliebt sich auf einer abendlichen Tanzveranstaltung im Karneval in den 70ern in Ludwig Götten und nimmt ihn - entgegen ihren Gewohnheiten - mit zu sich nach Hause. Leider wird Götten polizeilich gesucht, er ist Bundeswehrdeserteur und wird verschiedener anderer Verbrechen verdächtigt. Sie verhilft ihm zur Flucht und wird daraufhin selbst verhört und verhaftet. Viele der Details über Verhöre und Ermittlung gelangen an die Presse - nämlich die Bild-Zeitung (nur marginal kaschiert durch Böll mit dem Namen die ZEITUNG), die darüber reißerisch berichtet, Zeugenaussagen verfälscht oder glatt erfindet. Von dieser Berichterstattung ist Katharina schwer getroffen, sieht ihren Ruf und ihr Leben zerstört, für das sie hart gearbeitet hat. Auch andere, ihr nahestehende Menschen werden geschädigt auf unterschiedliche Art und Weise. Am Schluss steht eine Gewalttat, die sie nicht bereut und für die sie vor Gericht geradestehen muss. 
Böll wählt einen Erzähler, der von sich selbst behauptet sehr wissend zu sein, weil er die solidesten Quellen nachweisen kann, und auch im Fluss der Erzählung zwischendurch immer wieder anmerkt, woher seine Informationen stammen. Gleichzeitig weist er stets darauf hin, wie skrupellos die ZEITUNG an Informationen gelangt und/oder diese verfälscht, um einen möglichst großen Effekt zu erzielen. Man erkennt, wie in den 70ern noch ein Glaube an die Verpflichtung zur Wahrheit in einer medialen Berichterstattung vorherrschte, die Empörung, die in Bölls Erzählung über die Lügen und unmoralische Sensationsgeilheit durchklingt. Wie abgestumpft wir diesbezüglich doch sind! Ein intelligenter Leser sucht heutzutage seine Wahrheit in der Schnittmenge der vielen, ideologisch eingefärbten Quellen, wählt sorgsam aus, wem er glaubt, und bleibt dabei immer skeptisch. Doch die tumbe Masse glaubt damals wie heute dem, was die Massenmedien ihnen vorkauen, als dramatische Neuigkeit verkaufen, während anderes erst gar nicht in diese Medien gelangt. Die Fähigkeit, Medien stets zu hinterfragen, muss stets an erster Stelle stehen - die Lügen und Verfälschungen überall sind aberwitzig. Die heutige Medienlandschaft hätte den Böll von damals sicherlich zutiefst erschreckt.

Heinrich Böll, Die verlorene Ehre der Katharina Blum. Oder: Wie Gewalt entstehen und wohin sie führen kann. Erzählung. Kiepenheuer & Witsch, Köln 1974.

Sunday, November 25, 2018

Antonina Tkach

by Russian artist Antonina Tkach - Fly to dreams
postcrossing card sent by Oksana from Perm City, Russia

Saturday, November 24, 2018

Nicci French - Eisiger Dienstag

Frieda Klein, Psychotherapeutin in London, wird in Eisiger Dienstag erneut von Inspector Karlsson zu Hilfe gebeten, als bei einem Fall eine Leiche in der Wohnung einer schwer psychisch erkrankten Frau gefunden wird. Frieda willigt ein, auch wenn sie nicht offiziell als Beraterin akzeptiert und angestellt wird. Denn der Fall erweist sich schon bald als sehr facettenreich: Der Ermordete hatte Beziehungen zu den unterschiedlichsten Menschen, die zwar dadurch menschlich profitierten, aber finanziell ausgenutzt wurden. Dadurch ergibt sich eine Vielzahl von Motiven...

Nicci French (alias Autorenteam Nicci Gerrard und Sean French) hat in dem zweiten Band der Reihe ihre Protagonistin deutlich weiterentwickelt: Zwar wirkt sie immer noch kühl, aber nun blickt der Leser stellenweise hinter die Fassade, erkennt das tiefe Mitgefühl, das Frieda zeigt, und erfährt auch etwas über ihre persönliche Geschichte. Und auch dieser zweite Fall hat es in sich und ist weniger vorhersehbar als der Vorgänger Blauer Montag. Hier lohnt es sicher, am Ball zu bleiben, um zu sehen, wie sich die Charaktere und auch die noch nicht abgeschlossenen Geschichten weiterentwickeln.

Nicci French, Eisiger Dienstag. Hörverlag 2013. 

Friday, November 23, 2018

Nicci French's Frieda Klein series

Nicci French is a British team of authors/journalists Nicci Gerrard und Sean French, married and living in London.
Frieda Klein is a London-based psychotherapist who helps Inspector Karlsson.

#1 Blue Monday / Blauer Montag
#2 Tuesday's Gone / Eisiger Dienstag
#3 Waiting for Wednesday / Schwarzer Mittwoch
#4 Thursday's Child / Dunkler Donnerstag
#5 Friday on My Mind / Mörderischer Freitag
#6 Saturday Requiem / Böser Samstag
#7 Sunday Morning Coming Down / Blutroter Sonntag
#8 The Day of the Dead / Der achte Tag

Tuesday, November 20, 2018

Catherine Meurisse - Die Leichtigkeit

Catherine Meurisse entkam nur durch einen Zufall dem Massaker in den Redaktionsräumen der Pariser Satirezeitschrift Charlie Hebdo, weil sie an jenem Morgen verschlief und zu spät zur Arbeit kam. Ihr und den anderen Überlebenden fiel die Aufgabe zu, weiterzumachen und dies unfassbare Erlebnis und den Verlust der langjährigen Kollegen und Freunde zu überwinden. In Die Leichtigkeit zeichnet sie diesen schweren Prozess auf. In beeindruckenden Zeichnungen, meist nur in leisen Pastelltönen aquarelliert, gibt sie der Verzweiflung, den psychischen Auswirkungen und den zum Teil vergeblichen Versuchen, der eigenen Hilf- und Sprachlosigkeit zu entkommen Raum.
Als der eine gangbare Ausweg für die Künstlerin erweist sich schließlich die Kunst selbst - in der Begegnung mit Literatur und Kunst und der darin wiedergefundenen Schönheit kann sie ihre Leichtigkeit wiederfinden und dadurch weiterleben.
Es ist ein beeindruckendes Selbstportrait, das Augen öffnet für die psychischen Auswirkungen, die Terrortaten auf die Überlebenden haben, und das bei all dem Schrecken dennoch Hoffnung vermittelt.

Catherine Meurisse, Die Leichtigkeit. Carlsen, Hamburg 2016.

Link zur Verlagsseite der Autorin
Link zu einer Rezension bei literaturkritik.de von Jonas Heß

Sunday, November 18, 2018

Roald Dahl - Charlie und die Schokoladenfabrik

Roald Dahl, unbestritten großartig.
Charlie und die Schokoladenfabrik, ein Klassiker, wie so viele seiner Bücher. In Deutschland seltsamerweise nicht so beliebt.
Natürlich kannte ich die Story und Tim Burtons brilliante Neuverfilmung von 2005 mit Johnny Depp als Willy Wonka.
Was mich beim Hören überraschte, waren die plastischen Beschreibungen der überaus großen Armut von Charlies Familie, die kurz vor dem Verhungern sind, als Charlie das goldene Ticket für den Besuch der Schokoladenfabrik findet. Der Zusammenhang mit dem ausbeuterischen, skrupellosen, schlicht kapitalistischen Willy Wonka, der die Oompa Loompas versklavt, ist fast zu offensichtlich... Dennoch macht die fantastische Welt der Schokoladenfabrik, der Grad der Verrücktheit ihres Chefs und die Freude darüber, dass die miesen Kinder mit ihrem miesen Verhalten ihre gerechte (?) Strafe erhalten und Charlie gewinnt, einfach Spaß. Das Wissen darum, dass es hier noch eine andere Ebene zum Nachdenken gibt, schadet dabei nicht.

Roald Dahl, Charlie und die Schokoladenfabrik. Hörverlag 2009.

Saturday, November 17, 2018

Robert Louis Stevenson - Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde


Robert Louis Stevenson veröffentlichte seine Novelle Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde im Jahr 1886, auf der sich in der Folge die weit verbreitete Doppelgänger-Motivik in Literatur, Filmkunst, Musik oder auch in der Comic-Literatur gründete. Es ist eine der am häufigsten verfilmten Geschichten. Als Klassiker steht sie auch auf der Liste der Buchkultur-Challenge.
Durch die Kenntnis der Geschichte, also der Doppelidentität, kann einen die ursprüngliche Geschichte nicht mehr überraschen. So war es zwar interessant, den Aufbau der Geschichte und die Charaktere näher kennenzulernen, aber großes Lese- bzw. Hörvergnügen kam bei der Lesung durch Wolfgang Gerber nicht auf.
Anders hingegen bei der freier gestalteten und gut inszenierten Fassung der "Meister der Angst"-Reihe (Random House Audio), in der einige der Horrorklassiker als Hörspiele veröffentlich wurden. Dr. Jekyll und Mr. Hyde werden gespielt von Andreas Fröhlich, der die beiden Charaktere stimmlich so exzellent umsetzt, dass man fast nicht glaubt, den gleichen Sprecher zu hören. Schwer beeindruckend. Andere Sprecher sind u.a. Peter Weis, Wolf Frass, Klaus Dittmann und Patrick Bach. Hier entstand tatsächlich eine gruselige Atmosphäre und die Charaktere erhielten mehr Tiefe als dies bei der Lesung des Originals - auch sprachlich - möglich war. 





Friday, November 16, 2018

Thomas Krüger - Erwin, Mord und Ente

Thomas Krüger (*1962 in Löhne) ist Journalist, Verleger und Autor. Auf seine Krimireihe um Erwin Düsedieker stieß ich nur, weil mir ein von Dietmar Bär gesprochenes Audiobook in die Hände fiel, das mich positiv überraschte. So wird doch - wie schon des öfteren von mir angemerkt - bei den Krimis mit Lokalkolorit erschreckend viel schwaches Zeug verlegt.
Thomas Krüger lässt seinen schrägen ersten Fall Erwin, Mord und Ente in dem fiktiven Ort Versloh-Bramschebeck (Ähnlichkeiten zu Versmold, Gütersloh, ... sind sicher rein zufällig) spielen. Dies ist ein kleines westfälisches Kaff und so sind alle Namen für einen, der da wech kommt, recht geläufig, klingen für anderswo wohnende sicher manchmal etwas konstruiert. Auch die Atmosphäre und der Sprachgestus passt - in der Umsetzung von Dietmar Bär (obwohl als Dortmund Geborener kein echter Ostwestfale) wird daraus ein absolut witziges Hörerlebnis.
Die Charaktere, allen voran der scheinbare Dorfdepp und Protagonist Erwin, der seine Leidenschaft für Schaumbäder und das Lesen gut geheim hält, bestechen durch Originalität und dennoch Authentizität, nur ganz selten gleitet dies ins Klamaukige ab. In Begleitung der schlauen Laufente Lothar durchstreift Erwin sein Dorf und die umliegenden Felder und Wälder. Als zuerst eine Leiche aus der Zeit des zweiten Weltkriegs auftaucht und danach auch noch überraschend die Inhaberin des Dorfladens verstirbt, wird in Erwin die Neugier wach und er beginnt zu ermitteln - etwas, dass ihm weder sein verstorbener Vater (Dorfpolizist) noch irgend jemand anderes im Dorf zutrauen würde. Trotz aller Schrulligkeit und allem Augenzwinkerns angesichts dieser Hauptpersonen (Mann und Ente) fasst Thomas Krüger dennoch ein ernstes Thema an, denn die Täter des alten Mordfalls sind mit ihrem rassistisch-nationalsozialistischen Gedankengut immer noch im Dorf präsent und Erwin gerät selbst in Gefahr...
Ein humorvoller, aber dennoch spannender und plausibler Krimi mit interessanten Charakter, der durch die großartige Lesung von Dietmar Bär und auch durch das Lokalkolorit überzeugt.

Thomas Krüger, Erwin, Mord und Ente. Random House Audio 2013.

Thomas Krügers Erwin Düsedieker-Reihe:
#1 Erwin, Mord und Ente (2013)
#2 Entenblues (2014)
#3 Erwin, Enten und Entsetzen (2015)
#4 Erwin, Enten, Präsidenten (2017)

Sunday, November 11, 2018

Janet Evanovich - Mit High Heels und Handschellen

Für die Popsugar Lesechallenge brauchte ich noch ein Buch, in dem es um einen Raub geht. Der Originaltitel von Mit High Heels und Handschellen lautet The Heist und ist der erste Band einer Reihe um die FBI-Agentin Kate O'Hare und einem Betrüger namens Nicolas Fox.
Schon nach den ersten Seiten war mir im Grunde klar, dass dies kein Buch für mich und meine Lesegewohnheiten ist: Chick-Lit meets crime. Der deutsche Titel sendete diesbezüglich auch schon eine deutliche Warnung aus. So bewegt sich der "Krimi" oft am Rande des Klamauks, sowohl was die Handlung als auch die Charaktere angeht. Unterhaltsam mag das an der ein oder anderen Stelle auch sein, sonst hätte ich es nicht zuendelesen können.
Die Prämisse ist, Kate jagt Nick, den genialen Betrüger. Als er dann erwischt wird, verbündet er sich mit dem FBI um einen anderen Betrüger mit Hilfe seinen besonderen betrügerischen Fähigkeiten dingfest zu machen und diesem die 500 Millionen, die er entwendet hat, wieder abzuluchsen. Kate wird ihm als Partner zugeteilt, sie schwankt zwischen Misstrauen und sexueller Anziehung, arbeitet aber nahezu perfekt mit Nick zusammen. Die beiden absolvieren ihren Auftrag erfolgreich, inklusive vieler James-Bond-vergleichbarer Szenen (die man evtl. dem Co-Autor Lee Goldberg zuschreiben kann), Ende bezüglich der Liebesbeziehung offen. Ist ja klar, sonst kann die Serie schlecht fortsetzen - inzwischen sind fünf Bände veröffentlicht, der sechste ist angekündigt.
Für mich endet die Reihe hier und jetzt.

Janet Evanovich, Mit High Heels und Handschellen. Goldmann, München 2014.

Tuesday, November 06, 2018

Wawatam Lighthouse

Wawatam Lighthouse, St. Ignace, Michigan, USA
This lighthouse card was sent by Michaela from the US. I read about Wawatam Lighthouse on wikipedia and found out that this lighthouse once stood 530km away from it's current position and that it was transported there so it could be of real use... It was quite expensive too. Strange story, isn't it?

Yellow Horses


After taking a longer break from postcrossing I recently restarted this hobby again and now the first cards are coming in again - what a joy!
 
Here's one from Joke from the Netherlands who likes expressionistic art like me. She chose well, it's the Little Yellow Horses by Franz Marc, one of my favourite artists. He painted it in 1912. So sad, that he died early in 1916 in World War I when he was only 36 years old. Imagine what he could have created if he had lived longer... 


Monday, November 05, 2018

Guillaume Musso - Nachricht von dir

"Als sich Madeline und Jonathan am Flughafen begegnen, denken sie nicht im Traum an ein Wiedersehen. Doch hat das Schicksal anderes mit ihnen geplant: Ihre Leben sind schon seit Langem miteinander verknüpft - genau wie tiefe Wunden aus der Vergangenheit, die sie nun mit aller Macht einholen..."
Dieser Klappentext zu Guillaume Mussos Nachricht von dir lässt einen auf einen typischen romantischen Roman tippen - das stimmt nur zum Teil. Die zwei starken Protagonisten, beide in einer persönlichen Krisensituation, können sich erst gar nicht leiden, entwickeln, dann aber doch Interesse aneinander, mehr oder weniger erzwungenermaßen. Dann entstehen um beide Charaktere aber kriminalistische Ermittlungen, die sie gemeinsam angehen müssen, um voranzukommen. Gleichzeitig werden sich beide darüber klarer, was sie mit ihrem Leben in Zukunft anfangen wollen. Es entsteht so eine ganz unterhaltsame Mischung aus (Liebes-) Roman und Kriminalgeschichte.
Die Lesung in verteilten Rollen wird von Nina Petri und Andreas Fröhlich wie gewohnt hervorragend umgesetzt, beides sind erfahrene und versierte Sprecher.

Guillaume Musso, Nachricht von dir. Osterwold, Hörbuch Hamburg 2012. 

Saturday, November 03, 2018

Losgelöst - Der Unverpackt-Bioladen


Endlich gibt es auch in Bielefeld eine Möglichkeit, Biolebensmittel unverpackt ohne Plastikgedöns einzukaufen. Eine durchweg gute Sache und ich freue mich für die Betreiber, dass sie ihr Projekt umsetzen konnten!

Friday, November 02, 2018

Janne Teller - Alles, worum es geht

Alles, worum es geht von der dänischen Autorin Janne Teller ist eine Sammlung von Kurzgeschichten. Vielfältige Themen, unterschiedliche Adressaten, von Jugendlichen bis hin zum Erwachsenen, so schreibt sie selbst in ihrem Nachwort. Bis auf die titelgebende Geschichte "Alles", beschreiben und betrachten sie alle eine Form von Gewalt. Sprachlich eindrucksvoll, erzählerisch knapp, aber (be-)deutungsintensiv.
"Alles" dagegen handelt vom Schreiben - "Alles" ist das flüchtige Wahrhaftige, welches das lyrische Ich einzufangen versucht, um es zu Papier zu bringen. Dabei widersetzt es sich, ist bockig, leicht verscheuchbar, das lyrische Ich zu leicht ablenkbar und unsicher, mit Gewalt ist "Alles" nicht einzufangen. Es ist ein Sprachspiel und gleichzeitig ein sehr beeindruckendes Bild, wie intensiv die Autorin mit ihren Botschaften und deren sprachlicher Repräsentation ringt.
"Alles" - aber auch die ganze Anthologie - ist beeindruckend und genauere Betrachtung wert.

Janne Teller, Alles, worum es geht. Hanser, München 2013.  

Sten Nadolny - Die Entdeckung der Langsamkeit

Die Entdeckung der Langsamkeit ist der bekannteste und erfolgreichste Roman des deutschen Schriftsteller Sten Nadolny. Er erzählt die Geschichte des Seefahrers und Entdeckers Sir John Franklin (1786-1847), wobei zwar die historischen Fakten bezüglich seiner Familie, Ausbildung, seines beruflichen Werdegangs und seiner Expeditionen eingehalten werden, die Schilderung seiner Figur aber mit großer literarischer Freiheit erfolgt.

Im Titel begegnen sich die Langsamkeit und das Entdecken, die zwei Hauptmerkmale, die der Autor seiner Figur zueignet. Sein John Franklin ist als Kind schrecklich langsam, kann keinen Ball fangen, seine Wahrnehmung kommt mit (normal) schnellen Bewegungen nicht zurecht. Nach und nach lernt er, diesen Nachteil zu kompensieren, indem er viele Dinge auswendig lernt, um damit seine Reaktionszeiten zu verkürzen. So kommt erfolgreich durch die Schulzeit und auch durch die Militärzeit, wobei er immer sein Ziel verfolgt, zur See zu fahren. Dabei wird ihm schnell klar, dass er sich nicht in der Rolle eines Kriegshelden sieht, das Töten verursacht ihm Übelkeit, er will andere Küsten, Länder und Menschen sehen und entdecken. Immer mehr erwächst aus seiner Langsamkeit die Stärke der Besonnenheit - er denkt lange über Entscheidungen nach und kommt dadurch zu besseren Ergebnissen als seine hastigen Mitmenschen.
Diese Besonnenheit spiegelt sich auch in der Ruhe und Bedächtigkeit von Nadolnys Erzählstil, trotzdem kommt man nicht umhin, sich von Franklins fantastischen und gefährlichen Erlebnissen und Reisen des späten 19. Jahrhundert, als es noch Dinge zu entdecken gab, gefangen nehmen zu lassen. Zwar stößt er immer wieder an die Grenzen des Machbaren, beispielsweise in seiner Funktion als Gouverneur von Tasmanien, gibt aber nie auf und findet neue Ziele, auf die er konsequent hinarbeitet. Aber auch sein eiserner Wille bezwingt nicht das Packeis der Arktis, in dem sowohl der fiktionale als auch der historische Franklin schließlich ihr Ende finden. 

Als ich den Roman erstmals als Schullektüre in den 90er Jahren las, konnte er mich nicht begeistern. Spannend fand ich die zum Buch passenden Dokumentation, die Fotos der exhumierten Leichen der Expeditionsteilnehmer zeigte und Spekulationen zu deren Todesursachen auflistete. Ich empfand die reale Geschichte als interessanter als die phasenweise zähe und stark reflektierende, gleichzeitig aber auch etwas emotionslose Schilderung im Roman. Ein Literaturstudium und einige 100 Romane später sehe ich das etwas anders. Zwar waren auch heute noch einige Abschnitte des Romans langatmig, aber dem Protagonisten bringe ich großen Respekt entgegen in Anbetracht der großen Schwierigkeiten, die ihm sein Handicap der Langsamkeit auf physischer, sozialer und emotionaler einbringt. Nadolny hat auf der Basis einer historischer Figur einen sehr facettenreichen, bewundernswerten Charakter erschaffen, dessen Handlungen erst dann wirklich plausibel werden, wenn man sich auf seine - langsame - Wahrnehmung einlässt. Und ist nicht gerade dies vor dem Hintergrund unserer hektischen, fremd- bzw. gerätegesteuerten Gegenwart höchst aktuell und bedenkenswert? Achtsamkeit. Zielstrebigkeit. Reflexion. Ich bin froh über diese Wiederbegegnung.

Abschließend ist zu sagen, dass der Autor sein Werk bedachtsam und nachdrücklich liest, ein absolut stimmiger Vortrag - keine Selbstverständlichkeit bei vorlesenden Autoren.

Sten Nadolny, Die Entdeckung der Langsamkeit. Mare 2004.

Thursday, November 01, 2018

Wishing I was somewhere else...

by InBetween / postcrossing card on its way to Ireland...

Douglas/Olshaker - Die Anatomie des Mörders

Dies ist eines der Bücher außerhalb meiner Lesegewohnheiten. Meine Poposugar reading challenge verlangte nach einem Buch über true crime und da ich Trueman Capotes Kaltblütig schon gelesen hatte, durchsuchte ich die Listen der Empfehlungen und stieß auf die Anatomie des Mörders. John Douglas und Mark Olshaker waren hochrangige FBI-Agenten, Douglas schrieb zahlreiche Bücher über seine Erkenntnisse als einer der ersten Profiler überhaupt und diente als Vorlage vieler literarischer und filmischer Charaktere.
Der Originaltitel des Buches (erstmals erschienen 1999) benennt dessen Inhalt genauer: The Anatomy of Motive: The FBI's Legendary Mindhunter Explores the Key to Understanding and Catching Violent Criminals. 
Es geht um die Motive, den Antrieb für die Taten der Gewaltverbrecher. Aus dem "Warum?" und "Wie?" lassen sich dann die notwendigen Schlüsse auf das "Wer?", also auf den Täter, ziehen. Die Autoren zeigen dabei grundlegende psychologische Zusammenhänge auf und beziehen diese dann immer auf drei bis vier Fallbeispiele. Die Verbrechen, um die es geht, sind nicht die spektakulären Sexualserientäter, um die es in Thrillern und Filmen häufig geht, vielmehr erzählt Douglas von seinen Erfahrungen mit Bombenlegern, Brandstiftern, Erpressern, Massenmördern (die heute wohl oft als Amokläufer bezeichnet werden) und einigen mehr. Dabei sind die Fälle durchaus spektakulär und der amerikanischen Öffentlichkeit sicherlich wohl bekannt.
Den Autoren gelingt ein locker-unterhaltsamer Erzählton, der die über 500 Seiten umfassenden Beispiele nicht langweilig werden lässt. Gleichzeitig sind sie immer bemüht, bei allen psychologischen und sozialen Zusammenhängen für die Beweggründe der Täter, die sie beschreiben, den Leser immer wissen zu lassen, dass sich die Mehrheit der Täter immer darüber bewusst war, was sie taten und sich dafür entschieden haben, ihre Taten durchzuführen - und damit sind sie auch für diese verantwortlich. Zusammenhängend mit dem Strafverfolgungs- und Rechtssystem der USA ist die Sichtweise der Autoren manchmal sehr amerikanisch, beispielsweise, wenn es um Prozessführung oder die Todesstrafe geht, aber dies stört nicht weiter. Die grundlegenden Erkenntnisse über die Motive von Verbrechern und was zu ihren Taten führt, sind allgemein gültig. Ein interessantes Buch - einmal mehr gut, dass eine reading challenge mit ungewohnten Genres andere Perspektiven öffnet.

John Douglas/ Mark Olshaker, Die Anatomie des Mörders. Goldmann, München 2001.

Saturday, October 27, 2018

Julie Maroh - Blau ist eine warme Farbe

Julie Maroh erzählt die Geschichte einer lesbischen Liebe im Frankreich der 90er Jahre. Eine Zufallsbegegnung mit einer jungen Frau mit blauen Haaren trifft die 15jährige Clementine tief: Als Tochter sehr konservativer Eltern und aufgewachsen auf einem Dorf kann sie mit den Gefühlen, die sie plötzlich für eine Frau empfindet nur sehr schlecht umgehen. Doch auch Emma, die Frau mit den blauen Haaren, kämpft mit dem, was sie für Clementine empfindet, und nur langsam kommen die beiden zusammen. Immerhin noch rechtzeitig, um zu sehen, welche Tiefe ihre Liebe füreinander hat, bevor eine Katastrophe sie wieder trennt...
Es ist eine wunderbare Liebesgeschichte, die Maroh gezeichnet hat. Durch die Problematik der Diskriminierung Homosexueller im Frankreich der Gegenwart erhält der Roman zusätzliche Tiefe und Bedeutung. Die sensiblen, wunderschönen Bilder tragen einen wesentlichen Teil zur Wirkung bei - man möchte, dass die beiden Frauen glücklich miteinander sind, man möchte das symbolische Blau dauerhaft leuchten sehen.
Die Graphic Novel (in Deutschland im Splitter Verlag erschienen) hat zu Recht zahlreiche Preise gewonnen. Die Verfilmung von Abdellatif Kechiche gewann 2013 in Cannes die goldene Palme und stieß eine intensive Diskussion an - vor allem auch wegen der gleichzeitigen Diskussion um gleichgeschichtliche Ehe in Frankreich. Die Autorin Julie Maroh sieht ihre Comicvorlage nicht angemessen berücksichtigt in der Verfilmung, vor allem der Fokus auf intensive Sexszenen der Protagonistinnen (und deren Unglaubwürdigkeit, die auf diesbezügliche heterosexuelle Fantasien basiere) stört sie. Im Buch gibt sie diesen Szenen nur vier von 160 Seiten.

Julie Maroh, Blau ist eine warme Farbe. Splitter, Bielefeld 2013.

Nachtrag nach Anschauen der oben genannten Verfilmung: Der Film wirkte auf mich verstörend, nicht besonders wegen der Sexszenen, wenngleich diese in der Tat surreal intensiv umgesetzt und in der Fokus gerückt wurden, sondern vor allem, weil die Charaktere in einem ganz anderen Licht gezeigt wurden, die Story eine andere war... außer Titel und einem groben Bezug zur Liebesgeschichte hat der Film nicht viel mit Marohs sensibler Geschichte zu tun. Schade eigentlich.

Friday, October 26, 2018

Christoph Türcke - Lehrerdämmerung

Christoph Türcke, Professor der Philosophie, tätig in Leipzig, beschreibt in seinem Buch Lehrerdämmerung die philosophischen Zusammenhänge und ideellen Grundlagen für die aktuelle Bildungsausrichtung an deutschen Schulen. Seit vielen Jahren herrscht dort die Kompetenzorientierung vor, es sollen weniger konkrete (Lern-)Inhalte als vielmehr Strategien vermittelt werden. Man liest beispielsweise nicht mehr des konkreten Themas wegen, sondern überprüft beständig durch inhaltliche Fragen die Lesekompetenz. Individuelle Förderung, Binnendifferenzierung, Dezentralisierung usw. sind weitere Begrifflichkeiten.
Türckes Buch zielt dabei nicht darauf ab, was diese Form der "Lernkultur" für Konsequenzen für die Schülerinnen und Schüler hat, sondern betrachtet die Rolle des Lehrers in diesem System. Er wird in seinen Augen degradiert vom "Zeiger" und Eröffner von neuem Wissen und interessantem Lernstoff hin zu einem bloßen Bereitsteller von Arbeitsmaterial und zum Lernassistenten. Die Schülerschaft erarbeitet sich alles selbst mit Hilfe von Arbeitsblättern, der Lehrer nimmt sich zurück und steht nur helfend zur Seite, sofern dies gewünscht ist. Damit wird die Chance vertan, durch mit Begeisterung und Hingabe (frontal durch Lehrervortrag - böse!) vorgestellte Sachverhalte für die Schülerschaft attraktiv zu machen, sodass ihr Lernwille überhaupt geweckt wird.
Natürlich wird auch das Thema Inklusion angerissen: Er erläutert die Herkunft des Begriffes, die  Entstehung des politischen Drucks, die Schule des gemeinsamen Lernens einzuführen, und gibt einen kurzen Abriss der Problematik des Status Quo. Absolut einleuchtend für Lehrende in dem aktuellen Zustand der Inklusion an Schulen ist, dass dieses "Einschließen" aller in einen Raum plus die Individualisierung des Lernprozesses, bei dem jeder nach seinem Stand lernt und arbeitet, besonders dazu beiträgt, den Schwächeren (ergo den Inklusionskindern) vor Augen zu führen, dass sie nie das erreichen können, was andere ihnen voraus haben. Kinder vergleichen sich ständig mit anderen, Enttäuschung und Frustration sind also in Zeiten der Inklusion in dieser Form vorprogrammiert.
Man könnte jetzt noch viele Aspekte aus Türckes Buch anführen, die in sprachlich und rhetorisch ansprechender Form, Zusammenhänge aufzeigen. Doch was ist seine Botschaft?
Lehrer sollen sich dagegen auflehnen, zu bloßen Lernbegleitern degradiert zu werden, und statt dessen einen eigenen Berufsethos entwickeln... Wie der ganz konkret aussehen könnte, bleibt offen.
So schwanke ich in meiner Wahrnehmung dieses Buchs zwischen Zustimmung über fehlgeleitete Entwicklungen, zielloses Kompetenzgeschwafel und scheiternde Inklusion und gleichzeitiger Skepsis, ob in der Refokussierung auf die starke, und ja, auch autoritäre Lehrperson im Mittelpunkt wirklich die Lösung allen Übels liegt.

Christoph Türcke, Lehrerdämmerung. C.H. Beck, München 2016.




Tuesday, October 23, 2018

Michael Crichton - Timeline

Zugegeben, Timeline von Michael Crichton ist ein wenig in die Jahre gekommen: 1999 erschienen, Quantentheorie mag nicht mehr ganz so neu sein wie damals, wobei ich dennoch bezweifle, dass der theoretische Background in dem Roman damals mehr Sinn gemacht hat als heute. Auf deren Basis entwickelt eine zwielichtige, profitgierige Firma eine Maschine, die Zeitreisen ermöglicht, ich erspare mir die Details.

Jedenfalls strandet ein Professor, der eigentlich ganz klassisch mit archäologischen Ausgrabungen in der französischen Dordogne beschäftigt ist, plötzlich im 14. Jahrhunderts während des Hundertjährigen Krieges - und seine Studenten werden hinterhergeschickt, um ihn zu retten. Der Folgeplot ist eigentlich klar: Mit der Zeitreiserei bzw. den Maschinen geht einiges schief, die Protagonisten müssen sich durchs wilde Mittelalter schlagen, während die Zurückgebliebenen in der Jetztzeit versuchen, eine technische Lösung zu finden.

Wenn man die Story als eine Art mittelalterlichen Abenteuerroman mit neuzeitlichen Protagonisten liest, dann geht es eigentlich, Oliver Rohrbeck hat auch mit seiner Lesung das beste daraus gemacht. Die eigentliche Zeitreiseproblematik des skrupellosen Geschäftsmannes, der aus der neuen Technologie trotz offensichtlicher Gefahren nur Kapital schlagen will, blieb dabei vollkommen blass und nebensächlich.

Michael Crichton, Timeline. RandomHouse Audio 2012.

Friday, October 19, 2018

Nicci French - Blauer Montag

Frieda Klein ist eine ungewöhnliche Frau: Sie arbeitet als Therapeutin in London, führt aber ein sehr zurückgezogenes Leben, meidet in ihrem Privatleben nahezu allzu enge Beziehungen. Nachts wandert sie von Zeit zu Zeit durch die leeren Londoner Straßen, die ihr so am liebsten sind. Als der fünfjährige Matthew verschwindet, fällt Frieda auf, wie sehr der Junge dem Wunschbild entspricht, den ein Patient ihr gegenüber geäußert hat. Er wünscht sich sehr einen eigenen Sohn... kann es sein, dass er seine Sehnsucht nun auf diesem kriminellen Weg erfüllt hat? Ohne konkrete Beweise zu haben, wendet Frieda sich an den ermittelnden Inspector Karlsson. Der will sie erst abwimmeln, doch als außerdem noch verblüffende Zusammenhänge zu einem lange zurückliegenden Entführungsfall eines kleinen Mädchens auftauchen, beginnen die beiden eine Zusammenarbeit.

Der Fall selbst hat zwar einige interessante Wendungen, ist aber alles in allem recht vorhersehbar und nicht sonderlich außergewöhnlich. Auf der Plusseite steht die Figur der Frieda Klein, von deren Hintergrund und Lebensgeschichte man zwar noch nicht allzu viel erfährt, aber die in ihrer Vielschichtigkeit fasziniert. Bei den Nebencharakteren gefällt mir besonders der ukrainische Bauarbeiter Josef, der Frieda als ungewöhnlicher Freund und Gehilfe buchstäblich vor die Füße fällt, wobei unklar bleibt, warum sie ihm als so zurückhaltende Person gleich soviel Vertrauen schenkt.
Insgesamt hat Nicci Frenchs Ermittlerin mit dem Londoner Setting Potenzial. Nach Blauer Montag auf zum eisigen Dienstag...

Nicci French, Blauer Montag. Hörverlag 2012. 

 

Tuesday, October 16, 2018

Andy Weir – Der Marsianer


Der Marsianer von Andy Weir kann als klassischer Science Fiction Roman bezeichnet werden. Eine der bemannten Mars-Missionen geht schief, so dass ein Besatzungsmitglied totgeglaubt zurückgelassen wird. Doch er ist nicht an seinen Verletzungen gestorben und kämpft fortan um sein Überleben auf dem feindlichen Planeten.
 Hauptsächlich durch seine Logbucheintragungen erlebt der Leser, mit welchen Widrigkeiten er zu kämpfen hat und beobachtet seine Problemlösungen, die oft detailreich mit Zahlen und Berechnungen belegt werden. Er ist praktischerweise Biologe und Techniker, so dass komplexe Reparaturen und der Kartoffelanbau gleichermaßen gelingen. Zu diesem intensiven inneren Monolog der Logbücher des Marsianers kommen Rückblenden der Erlebnisse der Crew und Schilderungen der Rettungsplanung auf der Erde hinzu. Dabei schafft Andy Weir interessante und sehr entschlossene Charaktere, die sich unverrückbar für ihre Ziele einsetzen. Selbstzweifel, Verzweiflung, Trauer, Pessimismus, Scheitern – all das hat keinen Platz in seiner Geschichte. Die Rückschläge – sowohl auf dem Mars als auch auf der Erde – dienen nur dem Spannungsaufbau, denn immer wird ein neuer, zum Teil natürlich riskanter Weg gefunden, die neuen Hindernisse zu überwinden. Hier liegt vielleicht auch die Schwäche des Romans: Besonders der Marsianer ist als Protagonist „too good too be true“, nahezu unglaubhaft optimistisch, ein Stehaufmännchen, das höchstens einmal laut flucht, um dann wieder in konstruktiven Aktivismus zu verfallen. Auch scheinen ihm die zahlreichen Entbehrungen (Mangelernährung, Marsatmosphäre, harte physische Arbeit, soziale Deprivation) nichts anhaben zu können, er ist fröhlich und ärgert sich maximal über schlechte Discomusik. Natürlich will  niemand über eine niedergeschlagenen, jammernden Astronauten lesen, aber hier wurde eine Chance vertan, dem Protagonisten charakterliche Tiefe zu verleihen. Ohne die Verfilmung bisher gesehen zu haben, würde ich vermuten, dass der Stoff zu einem wahrhaft amerikanischen Heldenepos herhalten musste – dies ist im Roman deutlich so angelegt. Einige der detailreichen Schilderungen über die naturwissenschaftlichen Gegebenheiten (chemisch, biologisch, physikalisch,…) sind für den weniger daran interessierten Leser etwas langatmig, aber die Genauigkeit in diesem Bereich ist sicher beabsichtigt; wie sehr diese Beschreibungen der Realität entsprechen, also ob sie wissenschaftlich korrekt sind, vermag ich nicht zu beurteilen.
Insgesamt war Der Marsianer schon ein interessantes und spannendes Leseabenteuer, gute Science Fiction ist insgesamt selten, da mag man über kleinere Schwächen hinwegsehen.

Andy Weir, Der Marsianer. Random House 2014.

Monday, October 15, 2018

E.O. Chirovici - Das Buch der Spiegel


Das Buch der Spiegel  von E.O. Chirovici gliedert sich in drei Teile mit jeweils unterschiedlichen Erzählern. Aus der Sicht eines Verlagsagenten, eines Journalisten und eines ehemaligen Polizisten wird ein alter Mord wieder aufgerollt.

Professor Wieder ist im Jahr 1988 ermordet worden und man hat den Täter nie ermittelt. Einer der Verdächtigen, Richard Flynn, schreibt kurz vor seinem Tod ein Manuskript, das angeblich die Wahrheit enthüllen soll und dessen erste Kapitel er an den Verlagsagenten Peter Katz sendet – der liest das Fragment, entwickelt großes Interesse, aber als er sich an Flynn wenden will, ist dieser schon an Krebs verstorben, der Rest des Manuskripts fehlt. Also setzt Katz einen Journalisten, John Keller, auf die Story an (Teil 2), der mit vielen Beteiligten spricht, aber schließlich auch nicht weiterkommt. Durch die Fragen des Journalisten angeregt, beschließt der ehemals in dem Mord ermittelnde und inzwischen pensionierte Polizist Roy Freeman sich ebenfalls noch einmal mit dem Fall zu beschäftigen. Erst ihm gelingt es, in dem Labyrinth der möglichen, subjektiven Wahrheiten den Täter zu ermitteln.

Der Autor spielt damit, wie unterschiedlich Menschen ein Geschehen wahrnehmen, wie die Erinnerung Dinge verändern, verzerren und sogar neu erzeugen kann. Der Begriff der Wahrheit verschwimmt dabei, wird relativ und sogar letzten Endes unwichtig.  Dieses Spiel, das zu Beginn und im mittleren Teil des Romans noch reizvoll und interessant erscheint, relativiert leider auch das Interesse am Ausgang des Falles (wenn man denn von einem Fall sprechen mag), zumal im Verlauf klar wird, dass die Frage von Schuld und Gerechtigkeit ungeklärt bleiben wird. Bei all den subjektiven Sichtweisen bleibt man letztlich auch verunsichert zurück, ob dies denn das wahre Ende der Geschichte sein soll oder ob sich vielleicht nicht doch noch eine weitere verschobene Perspektive auftun könnte. Dies war vermutlich auch die Intention des Romans, lässt aber den Leser etwas unbefriedigt zurück…

E.O. Chirovici , Das Buch der Spiegel. Goldmann, München 2017.

Tuesday, October 09, 2018

Jojo Moyes - Ein ganz neues Leben

Die Autorin Jojo Moyes behauptet selbst, sie habe nie einen zweiten Teil zu Ein ganzes halbes Jahr verfassen wollen, aber auch sie habe wissen wollen, wie es mit Lou nach dem dramatischen Verlust von Will weitergeht und deswegen den Nachfolger geschrieben. Inzwischen ist bereits ein dritter Band erschienen.

In Ein ganz neues Leben müssen wir feststellen, dass Lou - trotz aller Bemühungen von Will, ihre gute Seiten herauszuarbeiten - immer noch etwas unbedarft ist, was sie eigentlich mit ihrem Leben anfangen soll. So wiederholt sich in groben Zügen, was sie schon im ersten Band "falsch" gemacht hat: Sie arbeitet in einem miesen Job, hat wenig Lebensfreude, wenig Freunde und kommt nur dann in Schwung, wenn sie das Gefühl hat, andere retten zu müssen. Dabei setzt sich auch die rührselig-dramatische Erzählweise fort, nur selten schimmert ein wenig Selbstironie durch. Dabei entwirft die Autorin durchaus interessante Nebencharaktere, wie die Teenagerin Lily oder Sanitäter-Sam. Auch Lou's sehr britische Familienmitglieder erhalten den Raum, den sie verdienen, und tragen dazu bei, dass der Roman noch eine Spur Humor enthalten darf. Ansonsten ist alles ziemlich tragisch-traurig-dramatisch. Wie auch in Ein ganzes halbes Jahr muss Lou am Ende wieder zu ihrem Glück gezwungen werden, denn positive Entscheidungen für sich selbst treffen --- wo kämen wir da hin?

Ein ganz neues Leben ist leichte Unterhaltung und durch die Anknüpfung an Band 1 und die Charaktere auch mäßig interessant - für sich genommen aber sicherlich keine Geschichte, die unbedingt erzählt werden müsste.

Jojo Moyes, Ein ganz neues Leben. Argon 2015.

Friday, October 05, 2018

Katrine Engberg - Krokodilwächter

Katrine Engberg bringt in ihrem ersten Krimi Krokodilwächter die Kommissare Jeppe Kørner und Anette Werner an den Start. Der Fall ist brutal und der Täter skrupellos: Julie - gerade erst zum Studium nach Kopenhagen gezogen - wird erstochen und mit Schnitten im Gesicht in ihrer Wohnung gefunden. Ihre Vermieterin, die im selben Haus wohnt, ist geschockt - hatte sie doch Julie als Vorlage für das Opfer in ihrem Kriminalroman, an dem sie schreibt, verwendet! Die Ähnlichkeiten sind beängstigend. Als ihr Hauptverdächtiger auch ermordet wird, ist für die Ermittler klar, dass der Täter nicht so schnell Ruhe geben wird. 

Jeppe Kørner steckt selbst noch in einer Krise nach der Trennung von seiner Frau, ist dabei zwar nicht immer sympathisch, aber ein authentischer Charakter. Auch die übrigen Personen werden gut gezeichnet, die Ermittlungen sind nachvollziehbar. Zwar entstehen an manchen Stellen erzählerische Längen, hauptsächlich um den Protagonisten mehr Raum zu geben, aber alles in allem ist Krokodilwächter ein spannender Roman, bei dem mir vor allem das Kopenhagener Setting gut gefallen hat.

Die Lesung von Dietmar Bär ist exzellent wie immer, seine Stimme passt gut zur Atmosphäre des Romans und zur Perspektive von Jeppe Kørner.

Katrine Engberg, Krokodilwächter. DAV 2018.