Friday, December 14, 2018

Fredrik Backman - Britt-Marie war hier

Britt-Marie war hier ist nach Ein Mann namens Ove und Oma lässt grüßen und sagt, es tut ihr leid der dritte Roman des schwedischen Schriftstellers Fredrik Backman. Ersterer brachte Backman internationalen Erfolg ein und wurde inzwischen verfilmt.

In Britt-Marie war hier ist die Protagonistin zunächst nicht sonderlich sympathisch - das kennen wir schon von Ove. Bei Britt-Marie muss alles korrekt und sauber sein, so wie es der Anstand vorschreibt. Das zwingt sie in ein alltäglich Korsett, dass mehr von Zwängen geprägt ist als von Selbstbestimmung. Und doch sehen wir dieser Frau zu, wie sie eine Mitarbeiterin des Arbeitsamtes dazu bringt, sich für sie eine abstruse Stelle in einem abgelegenen Dorf namens Borg auszudenken - nur um sie loszuwerden! Nachdem sie herausgefunden hat, dass ihr Mann, um den sich ihr Leben drehte, sie betrogen hat, willl Britt-Marie einen Neuanfang - und Himmel in was für eine schräge Szenerie ist sie da geraten. In Borg wimmelt es von skurrilen Charakteren, alle mit Macke, alle durch die ein oder andere Katastrophe geprägt. Aber da gibt es noch ein paar Kinder - und die wollen an einem Fußballturnier teilnehmen. Ehe sie sich versieht, hat sich Britt-Marie bereit erklärt, sie zu trainieren - obwohl sie absolut und gar keine Ahnung von Fußball hat.
Einmal mehr punktet Backman in Britt-Marie war hier mit liebenswerten und ungewöhnlichen Charakteren. Die Protagonistin muss sich aus ihrer Lebenskrise herausarbeiten, obwohl man eigentlich fürchten muss, dass sie dazu gar nicht die Stärke oder die Mittel hat, aber hier zeigt sich die Lösung - ähnlich wie auch in Ein Mann namens Ove - in den Beziehungen zu anderen Mitmenschen. Erstmals findet Britt-Marie Freundschaft und Zuneigung bei Menschen, bei denen sie dies nicht erwartet hat. Dafür muss sie sich aus ihrer Komfortzone bewegen, muss Wagnisse eingehen.
“You have to understand that when one is just standing there looking, then just for a second one is ready to jump. If one does it, one dares to do it. But if one waits, it’ll never happen.” 
Was ich besonders sympathisch an den Geschichte Fredrik Backmans finde, ist die Tatsache, dass er Charaktere schafft, die auf den ersten Blick alltäglich, langweilig oder sogar nervig wirken. So jemanden kennt jeder, die penible Nachbarin, der unfreundliche alte Herr von gegenüber, die nervige Pedantin bei der Arbeit. Nach und nach verschiebt sich in der Erzählung Backmans dann die Perspektive, Kleinigkeiten aus der Geschichte dieser Menschen werden preisgegeben, es zeigen sich Menschlichkeiten und kleine Gesten, die diese plötzlich sympathischer wirken lassen. Bis man sich schließlich wünscht, man könnte diese Figur persönlich kennenlernen. Dabei schlägt der Autor stets einen heiteren, humorvollen Ton an, man lacht an manchen Stellen und freut sich an anderen, so dass die traurigen Töne seiner Geschichten erträglich bleiben und mehr Hoffnung und Mut bleibt als Niedergeschlagenheit.

Fredrik Backman, Britt-Marie war hier. Argon Verlag 2016.

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