Saturday, August 13, 2005
neu aufgelegt
...mörderisch gut...
Jacques Berndorf alias Michael Preute sendet wieder "Grüße vom schönsten Arsch der Welt, der Eifel" - so schreibt er auf seiner Website, die ich anlässlich seiner letzten Veröffentlichung "Der letzte Agent" nochmal besucht habe. Er ist mein deutscher Lieblingskrimiautor, seine Eifel-Krimis sind einfach grandios-witzig-spannend. Vielleicht ist "Der letzte Agent", eine Neuauflage eines bereits 1993 beim Bastei-Verlag erschienenen Baumeister-Krimis, zwar nicht der beste der Eifel-Krimis, aber die wichtigen Elemente (der verschrobene Charakter des Protagonisten, Katze Krümel, die Pfeifen, Musik und nicht zuletzt die Eifel und ihre erstaunlichen Bewohner) sind alle enthalten und machen Freude wie immer. Gern gelesen und immer wieder Fan.
Monday, July 25, 2005
F. Scott Fitzgerald - Der große Gatsby
Francis Scott Fitzgerald – grandioser Name schon. Natürlich fällt der Name, gerade wenn man sich mal mit amerikanischer Literatur beschäftigt. „Der große Gatsby“ stand schon lange auf meiner Wunschleseliste (diese wächst übrigens stetig, egal wie viel ich lese, ein aussichtsloses Unterfangen im Grunde...), daher war der Band natürlich bei meinen Käufen von der Süddeutsche Zeitung Bibliothek dabei. Nachdem sich der olle Gantenbein zog wie zu altes Kaugummi, war der Gatsby sehr frisch (haha) und gut lesbar, obwohl älteren Datums, nämlich von 1925. Die Atmosphäre des quirlenden New York und der Reichen und Erfolgreichen ist überzeugend, so stelle ich mir New York in den 20ern vor.
Die Story: Der mittellose James Gatz erfindet sich selbst neu als den erfolgreichen Jay Gatsby. Zunächst tut er nur so, aber schließlich wird er auch reich und erfolgreich. Die Liebe seines Lebens, die wunderbare Daisy, schnappt ihm allerdings ein anderer
vor der Nase weg. Alle Intrigen, um Daisy zurück zu erobern, scheitern und enden am Ende tödlich.
Spannend fand ich die Erzählperspektive des jungen und hoffnungsvollen Ich-Erzählers, der nur zum Teil unbeteiligte Nachbar, der die rauschenden Feste Gatsbys erst von außen und dann von innen miterlebt. Seine vielschichtige Meinung über Gatsby beleuchtet die Geschichte von allen Seiten. American Dream, natürlich, auch in seiner reinsten Form, aber mit bitterem Ende.
F. Scott Fitzgerald, Der große Gatsby. Süddeutsche Zeitung Bibliothek 2004, Band 4.
Die Story: Der mittellose James Gatz erfindet sich selbst neu als den erfolgreichen Jay Gatsby. Zunächst tut er nur so, aber schließlich wird er auch reich und erfolgreich. Die Liebe seines Lebens, die wunderbare Daisy, schnappt ihm allerdings ein anderer
vor der Nase weg. Alle Intrigen, um Daisy zurück zu erobern, scheitern und enden am Ende tödlich.
Spannend fand ich die Erzählperspektive des jungen und hoffnungsvollen Ich-Erzählers, der nur zum Teil unbeteiligte Nachbar, der die rauschenden Feste Gatsbys erst von außen und dann von innen miterlebt. Seine vielschichtige Meinung über Gatsby beleuchtet die Geschichte von allen Seiten. American Dream, natürlich, auch in seiner reinsten Form, aber mit bitterem Ende.
„Gatsby glaubte an das grüne Licht, an die rauschende Zukunft, die Jahr um Jahr vor uns zurückweicht. Sie ist uns gestern entschlüpft, doch was tut’s – morgen schon eilen wir rascher, strecken weiter die Arme aus... Und eines schönen Tages...
So regen wir die Ruder, stemmen uns gegen den Strom und treiben doch stetig zurück, dem Vergangenen zu.“
F. Scott Fitzgerald, Der große Gatsby. Süddeutsche Zeitung Bibliothek 2004, Band 4.
Saturday, July 23, 2005
Sein Name war Gantenbein... oder Enderlin... oder Frisch... oder... oder...
Habe ich dieses Buch verstanden? Ich weiß es nicht.
Habe ich dieses Buch gern gelesen? Ich glaube nicht.
Bin ich froh dieses Buch gelesen zu haben? Nun ja, ein Roman mehr von einem der großen Nachkriegsautoren, ein Aspekt mehr zu Frisch nach Biedermann, Homo Faber und den Andorranern. Am Ende denkt sich der Protagonist wieder mal auf ein Schiff, lechzt einer viel zu jungen Frau hinterher, die Lila heißt und irgendwie erfunden oder auch nicht ist und am Ende Pingpong spielt wie die Tochter des Homo Faber.
Ich glaube, ich habe doch gern auch eine verlässliche Handlung in einem Roman. Sie darf gern auch langsam voranschreiten und vielleicht auch lächerlich sein, aber diese quasi erfundenen und immer wieder revidierten und neu zusammengesetzten, geträumten Handlungen eines wie auch immer zu benennenden Protagonisten. Man kann noch nicht mal sagen, wer das aller erzählt! Man wird selbst leicht schizophren beim Lesen, möchte man sagen, stimmt natürlich auch nicht, aber man könnte sich vorstellen, dass es so sei. Oder auch nicht. Mein Name sei Lila. Oder auch nicht. Oder?
Max Frisch „Mein Name sei Gantenbein“. Süddeutsche Zeitung Bibliothek 2004, Band 32.
Habe ich dieses Buch gern gelesen? Ich glaube nicht.
Bin ich froh dieses Buch gelesen zu haben? Nun ja, ein Roman mehr von einem der großen Nachkriegsautoren, ein Aspekt mehr zu Frisch nach Biedermann, Homo Faber und den Andorranern. Am Ende denkt sich der Protagonist wieder mal auf ein Schiff, lechzt einer viel zu jungen Frau hinterher, die Lila heißt und irgendwie erfunden oder auch nicht ist und am Ende Pingpong spielt wie die Tochter des Homo Faber.
Ich glaube, ich habe doch gern auch eine verlässliche Handlung in einem Roman. Sie darf gern auch langsam voranschreiten und vielleicht auch lächerlich sein, aber diese quasi erfundenen und immer wieder revidierten und neu zusammengesetzten, geträumten Handlungen eines wie auch immer zu benennenden Protagonisten. Man kann noch nicht mal sagen, wer das aller erzählt! Man wird selbst leicht schizophren beim Lesen, möchte man sagen, stimmt natürlich auch nicht, aber man könnte sich vorstellen, dass es so sei. Oder auch nicht. Mein Name sei Lila. Oder auch nicht. Oder?
Max Frisch „Mein Name sei Gantenbein“. Süddeutsche Zeitung Bibliothek 2004, Band 32.
Thursday, July 21, 2005
Marburg revisited
An manchen Orten scheint die Zeit still zu stehen. Vielleicht einige Kneipen ein bisschen verändert, die meisten gleich geblieben. Die Mensa, die Cafés, die Oberstadt, das entsetzlich-verstimmte Klingeln des Oberstadtaufzugs... Oh, nur eins: Ein Gerüst um den schiefen Kirchturm - soll der jetzt begradet werden? Nur die Menschen, die man kannte sind fort, andere studieren und diskutieren und trinken ihren Milchkaffee im Roten Stern. Sentimental journey, ich schaue zwischendurch gern zurück.
Blick aufs Landgrafenschloss und die Oberstadt von der Lahn aus
Wednesday, July 20, 2005
back in the circus
...um einmal das letzte Album von Jonatha Brooke zu zitieren. Lange Zeit keine neuen Blogg-Einträge mehr, aber Totgesagte leben bekanntlich länger. Irgendwer hat mal behauptet, das durchschnittliche Blogg stirbt nach den ersten paar Einträgen. Derjenige wäre auch mal wieder dran mit einem Tucson-Update... :)
Jedenfalls: Hier bin ich wieder und ich habe Ferien! Und endlich auch mal wieder Zeit, um mich mit Hobbies zu beschäftigen wie Websitebasteln und Lesen. Dadurch ergibt sich dann vielleicht wieder etwas zum Posten im Blogg. We'll see.
Every man's the same
Only the times and places change
On this rollercoaster ride, up and down
But I never get to the other side.
Jedenfalls: Hier bin ich wieder und ich habe Ferien! Und endlich auch mal wieder Zeit, um mich mit Hobbies zu beschäftigen wie Websitebasteln und Lesen. Dadurch ergibt sich dann vielleicht wieder etwas zum Posten im Blogg. We'll see.
Every man's the same
Only the times and places change
On this rollercoaster ride, up and down
But I never get to the other side.
Wednesday, March 09, 2005
Norderney 2005
Lehramtsanwärter in den Dünen von Norderney
In der vergangenen Woche fielen die Paderborner Referendare (zwei Jahrgänge, fast 120 Leute + sieben Hauptseminarleiter) auf der schönen Insel Norderney ein. Auf die Frage, wie es war, antworten jetzt im Nachhinein fast alle mit "Kalt!", das trifft es auch ganz gut. Es lag jede Menge Schnee und es wehte der eisige Nordwind (oder kam der doch aus dem Osten?). Wenn wir nur drinnen geblieben wären und brav unser Bierchen getrunken hätten, wäre das ja kein Problem gewesen, aber bereits am ersten Abend schickte man uns allesamt vor die Tür zur Nachtwanderung! Simulation von Klassenfahrtsbedingungen. Wäre eingemummt mit Strumpfhosen, langen Unterhosen, Mützen und Schals ja alles gar nicht so schlimm gewesen, aber es führte uns der Leiter des Nationalparkhauses (Watt, Ihr erinnert Euch...) und der musste natürlich an markanten Punkten immer noch mal stehenbleiben und ein bisschen was erläutern und auf was hinweisen. Oben auf einer der höchsten Dünen stehen und die nächtlich beleuchtete Insel betrachten, vom Wind umtost, das war in der Tat ein echtes Highlight. Brrrr.
Es folgte umfangreiche Projektarbeit und Präsentation derselben, plus das bereits erwähnte Bierchen. Oder zwei. Oder drei. Dann sollte noch wattgewandert werden, was aber nicht stattfinden konnte wegen des zu kalten Wetters, in gefrorenes Watt darf man wohl nicht (?!). Hoffnung glomm auf, aber nein - statt dessen mussten dann alle an der Inselbegehung teilnehmen. Wieder 2 Stunden gehen, stehenbleiben, auskühlen, frieren. Vielleicht hätten wir alle dichter beieinander bleiben sollen...?
Das klingt jetzt alles sehr zynisch, das liegt aber nur daran, dass ich diese Aktionen für meinen gesundheitlich angeschlagenen Zustand verantwortlich mache (u.a. Stimmbandentzündung). Insgesamt fand ich es eigentlich schön, einige der Mitreferendare besser kennenzulernen, einige Kontakte haben sich vertieft, bei anderen hat sich vielleicht auch die Erkenntnis verdeutlicht, das man sich nicht unbedingt besser kennenlernen muss. 20 Leute waren allerdings eindeutig zuviel. Ich glaube, es hat niemand versucht, auch nur ansatzweise alle Namen zu lernen, so dass man sich zurück im Seminar dann immer noch mit "Hallo --- ?" anreden muss.
Um das Thema abzuschließen: Norderney im Schnee ist sicherlich reizvoll, aber im Frühling oder Sommer stelle ich es mir doch angenehmer vor.
Saturday, February 26, 2005
Paul Auster - Stadt aus Glas
Der Erzähler von Stadt aus Glas von Paul Auster berichtet dem Leser, dass der Schriftsteller Daniel Quinn, der unter dem Pseudonym William Wilson Kriminalromane veröffentlicht, unter dem Namen Paul Auster, der angeblich ein Privatdetektiv sein soll, einen seltsamen Fall übernimmt, in dessen Verlauf er den tatsächlichen Paul Auster ausfindig macht, der aber kein Privatdetektiv, sondern Schriftsteller ist, aber schließlich seinen Fall aufgeben muss, nachdem er sein Leben und seine Identität eingebüßt hat, verschwindet und nur ein rotes Notizbuch hinterlässt, das wiederum von dem Schriftsteller Paul Auster gefunden und an den Erzähler weitergegeben wird, der daraufhin die Geschichte des Daniel Quinn erzählt.
Und erzählt wurde all das von dem amerikanischen Schriftsteller Paul Auster.
Verwirrend.
Aber gut.
Paul Auster ist außerdem der Autor der Drehbücher von Smoke und Blue in the Face, beides wunderbare Filme.
Und erzählt wurde all das von dem amerikanischen Schriftsteller Paul Auster.
Verwirrend.
Aber gut.
Paul Auster ist außerdem der Autor der Drehbücher von Smoke und Blue in the Face, beides wunderbare Filme.
Thursday, February 24, 2005
Patricia Highsmith - Der talentierte Mr. Ripley
Jetzt ist mir klarer, warum Patricia Highsmith ein Mythos ist.
Krimikönigin. Sagt man.
Der Klappentext meiner Ausgabe von „Der talentierte Mr. Ripley“ sagt „eine der erfolgreichsten Kriminalbuchautorinnen Amerikas“.
Ich liebe Krimis, ich liebe die Krimiserien von Jacques Berndorf über Donna Leon bis Kathy Reichs.
Dieser Ripley war anders, mehr Roman als einfach gestrickter Krimi, andere Perspektive. Bis zum Schluss ist man unentschlossen, ob man diesen Ripley mögen soll oder nicht. Er kommt davon mit seinen Morden, seinen Lügen, seinen Betrügereien. Das an sich ist etwas, das man im Krimi nicht erwartet. Das schöne am Krimilesen ist – neben dem Thrill – ja gerade, dass das Böse am Ende ertappt und zur Strecke gebracht wird. Manchmal vielleicht nicht ganz oder man muss Kompromisse eingehen – aber hier betrachtet man das Geschehen die ganze Zeit aus der Perspektive des Täters, vergisst manchmal mit ihm zusammen, dass er zwei Menschen ermordet hat und daraus auch noch Kapital schlägt. Er ist auch in dieser Hinsicht ein wirklich talentierter Betrüger.
Mein Klappentext spricht auch, dass Hitchcock fasziniert von Highsmiths Geschichten war. Und das passt. Faszinierend, intelligent und abgründig – das musste Hitchcock gefallen. Die Verfilmung des Tom Ripleys mit Matt Damon und Gwyneth Paltrow, die ich gesehen habe, bevor ich jetzt das Buch gelesen habe, erreicht übrigens nicht ganz die Atmosphäre des Textes. Ich folgere also: Highsmith sollte man mal gelesen haben – und sei es nur, um seinen Krimihorizont zu erweitern.
Mehr über Patricia Highsmith auf meiner Lieblingskrimiwebsite:
http://www.krimi-couch.de/krimis/patricia-highsmith.html
Krimikönigin. Sagt man.
Der Klappentext meiner Ausgabe von „Der talentierte Mr. Ripley“ sagt „eine der erfolgreichsten Kriminalbuchautorinnen Amerikas“.
Ich liebe Krimis, ich liebe die Krimiserien von Jacques Berndorf über Donna Leon bis Kathy Reichs.
Dieser Ripley war anders, mehr Roman als einfach gestrickter Krimi, andere Perspektive. Bis zum Schluss ist man unentschlossen, ob man diesen Ripley mögen soll oder nicht. Er kommt davon mit seinen Morden, seinen Lügen, seinen Betrügereien. Das an sich ist etwas, das man im Krimi nicht erwartet. Das schöne am Krimilesen ist – neben dem Thrill – ja gerade, dass das Böse am Ende ertappt und zur Strecke gebracht wird. Manchmal vielleicht nicht ganz oder man muss Kompromisse eingehen – aber hier betrachtet man das Geschehen die ganze Zeit aus der Perspektive des Täters, vergisst manchmal mit ihm zusammen, dass er zwei Menschen ermordet hat und daraus auch noch Kapital schlägt. Er ist auch in dieser Hinsicht ein wirklich talentierter Betrüger.
Mein Klappentext spricht auch, dass Hitchcock fasziniert von Highsmiths Geschichten war. Und das passt. Faszinierend, intelligent und abgründig – das musste Hitchcock gefallen. Die Verfilmung des Tom Ripleys mit Matt Damon und Gwyneth Paltrow, die ich gesehen habe, bevor ich jetzt das Buch gelesen habe, erreicht übrigens nicht ganz die Atmosphäre des Textes. Ich folgere also: Highsmith sollte man mal gelesen haben – und sei es nur, um seinen Krimihorizont zu erweitern.
Mehr über Patricia Highsmith auf meiner Lieblingskrimiwebsite:
http://www.krimi-couch.de/krimis/patricia-highsmith.html
Wednesday, February 16, 2005
lurt ens!
Lurt ens! Schaut mal!
Eigentlich hatte ich für Kölsch nie viel übrig. Weder für dieses bierähnliche Gesöff (da bin ich eher Alt-Anhänger) noch für die kölsche Sprache. BAP klang zwar von der Musik her immer ganz okay, verstanden hab’ ich’s nie. Und dann gerate ich ausgerechnet an ein Buch, das ganze Passagen von einem dem Kölsch verwandten Platt enthält, Himmel!
Ulla Hahn, „Das verborgene Wort“, München 2003.
Heeldejaad (Hildegard, Hilla) ist das Kind von „Proleten“, der Vater prügelt, die Mutter und Großmutter beten und sind ansonsten verbittert, allein der Großvater stellt eine positive Figur dar, der mit Hildegard und ihrem Bruder Rheinspaziergänge macht, Märchen erzählt und ihr Buchsteine schenkt. Buchsteine sind Steine, auf denen Geschichten aller Art geschrieben stehen, nur eben nicht mit richtigen Buchstaben, man muss sie also nur lesen können. Und Hildegard kann sie lesen. Und sie liest noch viel mehr, als sie endlich in die Schule kommt, ist fasziniert von allem Geschriebenen, von der Beziehung von Wörtern und Literatur zur Wirklichkeit. Zu den Welten, die sie sich durch das Lesen erschließt, will die Arbeiterrealität und -mentalität der Familie nicht passen. Sie begegnet Verachtung und Unverständnis – und bleibt dennoch bei ihren Büchern. Durch den Einsatz des Volksschullehrers wird es ihr möglich, gegen alle Widerstände die Realschule zu besuchen. Danach soll sie eine Ausbildung im Büro der Papierfabrik machen. Beinahe erstickt sie dort an dem banalen Einerlei dieser Arbeit – mit Hilfe von Pastor und Lehrern gelingt aber die Flucht aus „de Papp“ aufs Gymnasium und Hilla kann mit ihren Büchern erwachsen werden, Mensch werden.
Das Platt war wirklich gewöhnungsbedürftig, aber nach einer Weile kam ich mit so etwas wie „Drömdöppe“ (Traumkopf) und all den anderen „Wööd“ (Wörter) ganz gut zurecht. Ich muss die Sprache ja nicht mögen, um das Buch gut zu finden. Denn es war eine wunderbare Geschichte. Sieg der Wörter und Literatur über das Dumme und Gemeine, aber dennoch mit Verständnis für die, denen Wörter nichts sagen und deswegen nichts bedeuten können.
Eigentlich hatte ich für Kölsch nie viel übrig. Weder für dieses bierähnliche Gesöff (da bin ich eher Alt-Anhänger) noch für die kölsche Sprache. BAP klang zwar von der Musik her immer ganz okay, verstanden hab’ ich’s nie. Und dann gerate ich ausgerechnet an ein Buch, das ganze Passagen von einem dem Kölsch verwandten Platt enthält, Himmel!
Ulla Hahn, „Das verborgene Wort“, München 2003.
Heeldejaad (Hildegard, Hilla) ist das Kind von „Proleten“, der Vater prügelt, die Mutter und Großmutter beten und sind ansonsten verbittert, allein der Großvater stellt eine positive Figur dar, der mit Hildegard und ihrem Bruder Rheinspaziergänge macht, Märchen erzählt und ihr Buchsteine schenkt. Buchsteine sind Steine, auf denen Geschichten aller Art geschrieben stehen, nur eben nicht mit richtigen Buchstaben, man muss sie also nur lesen können. Und Hildegard kann sie lesen. Und sie liest noch viel mehr, als sie endlich in die Schule kommt, ist fasziniert von allem Geschriebenen, von der Beziehung von Wörtern und Literatur zur Wirklichkeit. Zu den Welten, die sie sich durch das Lesen erschließt, will die Arbeiterrealität und -mentalität der Familie nicht passen. Sie begegnet Verachtung und Unverständnis – und bleibt dennoch bei ihren Büchern. Durch den Einsatz des Volksschullehrers wird es ihr möglich, gegen alle Widerstände die Realschule zu besuchen. Danach soll sie eine Ausbildung im Büro der Papierfabrik machen. Beinahe erstickt sie dort an dem banalen Einerlei dieser Arbeit – mit Hilfe von Pastor und Lehrern gelingt aber die Flucht aus „de Papp“ aufs Gymnasium und Hilla kann mit ihren Büchern erwachsen werden, Mensch werden.
Das Platt war wirklich gewöhnungsbedürftig, aber nach einer Weile kam ich mit so etwas wie „Drömdöppe“ (Traumkopf) und all den anderen „Wööd“ (Wörter) ganz gut zurecht. Ich muss die Sprache ja nicht mögen, um das Buch gut zu finden. Denn es war eine wunderbare Geschichte. Sieg der Wörter und Literatur über das Dumme und Gemeine, aber dennoch mit Verständnis für die, denen Wörter nichts sagen und deswegen nichts bedeuten können.
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