Das Setting für Lucinda Rileys Reihe um Die sieben Schwestern ist ein relativ Unwahrscheinliches: Ein alleinstehender reicher Mann mit einem traumhaften Haus am Genfer See adoptiert nacheinander sechs kleine weibliche Babys und lässt sie von einer Haushälterin aufziehen. Erst bei seinem Tod realisieren die Schwestern, wie wenig sie von seinem Leben (womit hat er sein Geld verdient, was hat er gemacht, wenn er nicht zuhause war?) und von ihrer eigenen Herkunft wissen. Zum Glück hat er ihnen einige Hinweise hinterlassen, mit deren Hilfe sie etwas über sich herausfinden können.
Dieser erste Band der Reihe handelt von der ältesten Schwester Maia, die nach einer vor Langem gescheiterten Beziehung im Haus ihres Vaters lebt und als Übersetzerin tätig ist. Ihre Suche nach sich selbst führt sie nach Rio, wo sie mit Hilfe des Schriftstellers Floriano Quintelas, dessen Buch sie übersetzt hat, herausfindet, wer ihre Familie ist.
Parallel dazu wird über weite Passagen die Geschichte ihrer Urgroßmutter Izabela erzählt. Diese wird mit der Entstehungsgeschichte des Wahrzeichens Rios, der Christusstatue, verwoben. Riley bezieht sich dabei auf die historischen Personen, besonders den Bildhauer Paul Landowski.
Während ihrer Recherchen entwickelt sich eine Liebesgeschichte zwischen Maia und Floriano - dies, zusammen mit ihrem neuen Wissen über ihre Familiengeschichte, lässt sie neuen Perspektiven für ihr Leben finden.
Der große Erfolg von Lucinda Rileys Romanen ließ mich trotz des romantischen Genres neugierig werden auf die Autorin. Wenngleich ich die Ausgangssituation, wie oben angedeutet, für eine große Krücke halte, auf deren Basis sich die Stories der Reihe leichter aufbauen lassen (Mystik des reichen, geheimnisreichen Vaters), so ist die Geschichte Maias und Izabelas doch gut erzählt. Die historischen Bezüge funktionieren, interessant sind auch die angedeuteten feministischen Gedanken: Izabela denkt über ihre Frauenrolle nach, entkommt den Zwängen in Brasilien zwar nicht, bemerkt aber den Kontrast zur veränderten Situation der Frauen in Europa/Paris. Das wäre als Thema natürlich ausbaufähig, ist aber ein positiver Aspekt der Geschichte. Dagegen ist Maia nur in sich selbst gefangen, weswegen sie als Charakter auch deutlich hinter Izabela zurückbleibt. Zwar hat sie auch Schwieriges erlebt, aber im Vergleich zu ihrer Urgroßmutter stehen ihr alle Türen in ein selbstbestimmtes Leben in finanzieller Unabhängigkeit offen. Die Liebesgeschichte Maias hat mich ebenfalls weniger berührt als die von Izabela, aber es ist der Autorin zugute zu halten, dass sie hier nicht zu dick aufträgt und nicht schwülstig erzählt.
Insgesamt hat mich der Roman positiv überrascht, es war eine interessante Geschichte, die zwar phasenweise vorhersehbar war (schließlich ist es ein Liebesroman), aber den Spannungsbogen dennoch halten konnte. Der Cliffhanger am Ende wäre meines Erachtens nicht nötig gewesen, aber so ist das wohl üblich bei derartigen Serien.
Lucinda Riley, Die sieben Schwestern. Hörverlag 2015.
Zur Rezension des zweiten Bands: Die Sturmschwester
No comments:
Post a Comment