Tuesday, October 16, 2018

Andy Weir – Der Marsianer


Der Marsianer von Andy Weir kann als klassischer Science Fiction Roman bezeichnet werden. Eine der bemannten Mars-Missionen geht schief, so dass ein Besatzungsmitglied totgeglaubt zurückgelassen wird. Doch er ist nicht an seinen Verletzungen gestorben und kämpft fortan um sein Überleben auf dem feindlichen Planeten.
 Hauptsächlich durch seine Logbucheintragungen erlebt der Leser, mit welchen Widrigkeiten er zu kämpfen hat und beobachtet seine Problemlösungen, die oft detailreich mit Zahlen und Berechnungen belegt werden. Er ist praktischerweise Biologe und Techniker, so dass komplexe Reparaturen und der Kartoffelanbau gleichermaßen gelingen. Zu diesem intensiven inneren Monolog der Logbücher des Marsianers kommen Rückblenden der Erlebnisse der Crew und Schilderungen der Rettungsplanung auf der Erde hinzu. Dabei schafft Andy Weir interessante und sehr entschlossene Charaktere, die sich unverrückbar für ihre Ziele einsetzen. Selbstzweifel, Verzweiflung, Trauer, Pessimismus, Scheitern – all das hat keinen Platz in seiner Geschichte. Die Rückschläge – sowohl auf dem Mars als auch auf der Erde – dienen nur dem Spannungsaufbau, denn immer wird ein neuer, zum Teil natürlich riskanter Weg gefunden, die neuen Hindernisse zu überwinden. Hier liegt vielleicht auch die Schwäche des Romans: Besonders der Marsianer ist als Protagonist „too good too be true“, nahezu unglaubhaft optimistisch, ein Stehaufmännchen, das höchstens einmal laut flucht, um dann wieder in konstruktiven Aktivismus zu verfallen. Auch scheinen ihm die zahlreichen Entbehrungen (Mangelernährung, Marsatmosphäre, harte physische Arbeit, soziale Deprivation) nichts anhaben zu können, er ist fröhlich und ärgert sich maximal über schlechte Discomusik. Natürlich will  niemand über eine niedergeschlagenen, jammernden Astronauten lesen, aber hier wurde eine Chance vertan, dem Protagonisten charakterliche Tiefe zu verleihen. Ohne die Verfilmung bisher gesehen zu haben, würde ich vermuten, dass der Stoff zu einem wahrhaft amerikanischen Heldenepos herhalten musste – dies ist im Roman deutlich so angelegt. Einige der detailreichen Schilderungen über die naturwissenschaftlichen Gegebenheiten (chemisch, biologisch, physikalisch,…) sind für den weniger daran interessierten Leser etwas langatmig, aber die Genauigkeit in diesem Bereich ist sicher beabsichtigt; wie sehr diese Beschreibungen der Realität entsprechen, also ob sie wissenschaftlich korrekt sind, vermag ich nicht zu beurteilen.
Insgesamt war Der Marsianer schon ein interessantes und spannendes Leseabenteuer, gute Science Fiction ist insgesamt selten, da mag man über kleinere Schwächen hinwegsehen.

Andy Weir, Der Marsianer. Random House 2014.

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