Der Marsianer von
Andy Weir kann als klassischer Science Fiction Roman bezeichnet werden. Eine
der bemannten Mars-Missionen geht schief, so dass ein Besatzungsmitglied
totgeglaubt zurückgelassen wird. Doch er ist nicht an seinen Verletzungen
gestorben und kämpft fortan um sein Überleben auf dem feindlichen Planeten.
Hauptsächlich durch
seine Logbucheintragungen erlebt der Leser, mit welchen Widrigkeiten er zu
kämpfen hat und beobachtet seine Problemlösungen, die oft detailreich mit
Zahlen und Berechnungen belegt werden. Er ist praktischerweise Biologe und
Techniker, so dass komplexe Reparaturen und der Kartoffelanbau gleichermaßen
gelingen. Zu diesem intensiven inneren Monolog der Logbücher des Marsianers
kommen Rückblenden der Erlebnisse der Crew und Schilderungen der Rettungsplanung
auf der Erde hinzu. Dabei schafft Andy Weir interessante und sehr entschlossene
Charaktere, die sich unverrückbar für ihre Ziele einsetzen. Selbstzweifel,
Verzweiflung, Trauer, Pessimismus, Scheitern – all das hat keinen Platz in
seiner Geschichte. Die Rückschläge – sowohl auf dem Mars als auch auf der Erde
– dienen nur dem Spannungsaufbau, denn immer wird ein neuer, zum Teil natürlich
riskanter Weg gefunden, die neuen Hindernisse zu überwinden. Hier liegt
vielleicht auch die Schwäche des Romans: Besonders der Marsianer ist als
Protagonist „too good too be true“, nahezu unglaubhaft optimistisch, ein
Stehaufmännchen, das höchstens einmal laut flucht, um dann wieder in
konstruktiven Aktivismus zu verfallen. Auch scheinen ihm die zahlreichen Entbehrungen
(Mangelernährung, Marsatmosphäre, harte physische Arbeit, soziale Deprivation)
nichts anhaben zu können, er ist fröhlich und ärgert sich maximal über
schlechte Discomusik. Natürlich will
niemand über eine niedergeschlagenen, jammernden Astronauten lesen, aber
hier wurde eine Chance vertan, dem Protagonisten charakterliche Tiefe zu
verleihen. Ohne die Verfilmung bisher gesehen zu haben, würde ich vermuten,
dass der Stoff zu einem wahrhaft amerikanischen Heldenepos herhalten musste –
dies ist im Roman deutlich so angelegt. Einige der detailreichen Schilderungen
über die naturwissenschaftlichen Gegebenheiten (chemisch, biologisch,
physikalisch,…) sind für den weniger daran interessierten Leser etwas
langatmig, aber die Genauigkeit in diesem Bereich ist sicher beabsichtigt; wie
sehr diese Beschreibungen der Realität entsprechen, also ob sie
wissenschaftlich korrekt sind, vermag ich nicht zu beurteilen.
Insgesamt war Der
Marsianer schon ein interessantes und spannendes Leseabenteuer, gute
Science Fiction ist insgesamt selten, da mag man über kleinere Schwächen
hinwegsehen.
Andy Weir, Der Marsianer. Random House 2014.
No comments:
Post a Comment