Zahllose Nominierungen und Preise hat Wunder von Raquel J. Palacio abgeräumt, seitdem der Jugendroman 2012 in den USA erschienen ist, darunter auch Preise von Jurys aus der Zielgruppe, nicht nur von Erwachsenen - und daran kann man erkennen, dass das Buch die Preise tatsächlich verdient hat. Doch zunächst in aller Kürze zum Inhalt:
August Pullman ist zehn Jahre alt, als er eingeschult wird, vorher hat ihn seine Mutter zuhause unterrichtet. Durch einen genetischen Effekt weist sein Gesicht zahlreiche Abnormalitäten auf, auch seine Ohren und sein Kiefer sind betroffen. Er hat sich vielen Operationen unterziehen müssen, doch jetzt ist er soweit, dass er eine normale Middleschool besuchen kann. Er ist daran gewohnt, dass Menschen um ihn herum vor seinem Gesicht erschrecken und vor ihm zurückweichen und obwohl er weiß, dass die meisten dies nicht aus Bösartigkeit tun, hat er große Angst an der Schule nicht bestehen zu können.
Wunder schildert die Geschehnisse von Augusts erstem Schuljahr nicht nur aus seiner Perpektive, sondern einzelne Teile des Buchs werden von Mitschülern, seiner Schwester Olivia und deren Freunden erzählt. Dabei nehmen die Erzähler kein Blatt vor den Mund, Augusts Entstellungen sind gravierend und durchaus verstörend im ersten Moment, aber nach einer Gewöhnungsphase treten Augusts positive Charaktereigenschaften in der Vordergrund. So entwickelt sich der Schulbesuch vom anfänglichen Albtraum langsam zu einer Erfolgsstory für August und vor allem auch für seine Mitschüler, die an der Begegnung mit ihm wachsen können.
Die Botschaft, Menschen nicht nach ihrem Äußeren zu bewerten, um ihnen wirklich gerecht werden zu können, ist eine, die schlicht und unanfechtbar wahr ist. Es ist auch eine, die Erwachsene in Kinder- und Jugendliteratur gern sehen. Zu dick aufgetragen, lehnen Kinder und Jugendliche Bücher mit moralischem Anspruch wie diesem auch oft ab, der erhobene Zeigefinger nervt im Alltag schon genug.
Wunder verpackt seine Botschaft aber in einer Art und Weise, die ansprechend und nicht plakativ ist. Es kommen glaubhafte Charaktere zu Wort, die Beteiligten leugnen nicht den Schock, den Augusts Aussehen bei ihnen auslöst, es wird nicht beschönigt. Auch dass August in seinem Leben immer wieder mit Ignoranz, Gemeinheiten und vielleicht sogar Gewalt zu rechnen hat, wird beeindruckend dargestellt. Die Gedankenwelt der Kinder und Jugendlichen, ihr Erzählstil, machen aber auch klar, dass sie lernen, dass August mehr zu bieten hat, dass er nicht nur sein Aussehen ist. Dabei sind es typischen Jugendthemen, typische Muster und Bezüge zu vertrauten Themen, die diese Stimmen absolut glaubhaft machen. Hierin liegt die Stärke des Romans und darin sehe ich auch den Grund, warum auch die Jugendjurys Wunder ausgezeichnet haben.
Raquel J. Palacio, Wunder. Hanser, München 2013.
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Für die Buchchallenge 20/15 habe ich in diesem Buch aus der Kategorie III. Handlung "sich im Wald befinden" ausgesucht.
Es ist eine Schlüsselszene des Romans.
August und sein Freund Jack gehen während eines Schulausfllugs in den Wald und werden dort von einer Gruppe älterer Schüler einer anderen Schule überrascht und belästigt. Es entsteht eine bedrohliche Situation, aus der die beiden von dreien ihrer Mitschüler gerettet werden, obwohl August und Jack nicht damit gerechnet haben, dass diese sich für sie einsetzen würden. Die Geschichte macht an Augusts Schule die Runde und dadurch verändert sich die Wahrnehmung seine Mitschüler vollkommen.
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