Inzwischen sind schon acht "Ostfriesenfälle" um die Kommissarin Ann Kathrin Klaasen von Klaus-Peter Wolf erschienen, der erste Band Ostfriesenkiller lag lange Zeit auf meinem Stapel ungelesener Bücher.
Im beschaulichen Aurich geschehen kurz hintereinander mehrere Morde, alle werden mit unterschiedlichen Waffen getötet, haben aber gemeinsam, dass sie alle im Verein "Regenbogen" tätig waren, der sich für Menschen mit Behinderungen einsetzt. Ann Kathrin Klaasen lernt das Umfeld und die Klienten des Vereins kennen - wer könnte die Tätigkeit des Vereins so sehr hassen, um die Mitarbeiter der Reihe nach zu töten?
Gleichzeitig steckt die Kommissarin in einer persönlichen Krise, Mann und Sohn sind gerade ausgezogen und der berufliche Erfolg ist das Einzige, worauf sie ihr Selbstbewusstsein baut.
Mit hohem Tempo und erzählerischer Dramatik beginnt Wolf seinen ostfriesischen Kriminalfall. Während wir den ersten Mord miterleben, blicken wir mit Ann Kathrin Klaasens Augen auf die vor ihr liegende Konfrontation mit ihrem Ehemann, der sie betrügt. Nach diesem furiosen Start bröckelt die Spannung. Natürlich drohen weitere Morde, daran kann gar kein Zweifel aufkommen, denn immer wieder weist uns der allwissende Erzähler darauf hin, dass dieser oder jener nur noch wenige Stunden zu leben hat. Es folgen ein paar falsche Fährten, obwohl die Kommissarin mit dem wahren Täter schon in direktem Kontakt ist. Sie ist allerdings durch die private Situation nicht auf der Höhe und - als würde das noch nicht reichen - scheint sie den gewaltsamen Tod ihres Vaters bei einer Geiselnahme bei einem Banküberfall nicht verwunden zu haben. So kommt es zu einem erzählerisch völlig abwegigen Zwischenfinale, als sie zu einem Banküberfall in die Nachbarstadt rast und sich dort als rettende Heldin ins Geschehen weirft, weil sie zu wissen glaubt, dass es die gleichen Täter sind wie damals, und dabei das Leben der Geiseln aufs Spiel setzt.
Trotz diesem psychotischen Zwischenfall, bei dem sie keinerlei Selbstkontrolle mehr hat und sogar um sich schießt, wird sie von ihren Kollegen weiter am Fall bis zur Aufklärung beteiligt. Die Auflösung geschieht aber nicht durch Polizeiarbeit, sondern durch einen indirekt Beteiligten, der eins und eins zusammenzählt, und durch den Zusammenbruch des Mörders.
Als Plot eines Kriminalfalls fällt die Handlung von Ostfriesenkiller glatt durch, es fehlt ein roter Faden, es fehlt die starke Ermittlerfigur, Ann Kathrin Klaasen bleibt weitgehend unsympathisch. Die männlichen Figuren des Romans handeln fast durchgehend rein triebgesteuert, manipulieren Frauen und sind gewissenlos. Sympathisch fand ich keinen der Charktere, alle wirken ein wenig hölzern und gefühlsarm, bzw. die geschilderten Gefühle wirken aufgesetzt und nicht überzeugend. Fragwürdig finde ich auch die Kombination von einem aufdringlich allwissendem Erzähler und der emotional-angeschlagenem personale Erzählperspektive der Kommissarin. Als Plus würde ich jetzt gern das ostfriesische Setting anführen, aber das Lokalkolorit kommt nur wenig zum Zug, einige wenige Landschaftsschilderungen und Nennungen von Orten, der ostfriesische Menschenschlag wird nicht ausgestaltet.
Vielleicht schafft es der Autor in den folgenden Bänden seine Protagonisten zu stärken und besser zu positionieren, handlungsfähiger zu machen, sonst wäre der Autor nicht so erfolgreich. Vielleicht kann man zu dessen Verteidigung anführen, dass die erzählerischen Mängel weniger gewichtig wären, wenn es sich um ein Drehbuch zu einer Krimi der öffentlich-rechtlichen Sender handeln würde - das ist nämlich auch das Genre, für das Klaus-Peter Wolf ursprünglich geschrieben hat. Nichtsdestotrotz verkaufen sich Regionalkrimis unabghängig von ihrer literarischen Qualität gut - da scheinen auch die ostfriesischen keine Ausnahme zu machen: Ostfriesenwut ist zur Zeit auf Platz eins der Spiegel-Taschenbuch-Charts...
Klaus-Peter Wolf, Ostfriesenkiller. Fischer, Frankfurt am Main 2008.
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Für die Buchchallenge 20/15 habe ich in diesem Buch aus der Kategorie V. Nahrungsmittel den Fisch ausgesucht. Als der Mörder identifiziert wird, wurde Fischlasagne serviert, wenngleich sie auch erst später aufgewärmt gegessen wird.
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