Der Titel des Buches versetzt erst einmal in etwas skeptisches Erstaunen. Eine Freundin bemerkte treffend, nachdem sie die auf dem Klappentext der Taschenbuchausgabe abgedruckten Empfehlungen gelesen hatte, dass sie einem Buch, das von so vielen Frauenzeitschriften schwärmerisch kommentiert wird, nicht über den Weg trauen würde. Ich habe es dennoch gelesen und es erzählt auf seinen 500 Seiten tatsächlich eine anrührende Geschichte.
Es ist die Geschichte der deutschstämmigen Familie Waldvogel, die in einem Dorf in North Dakota eine Metzgerei betreiben, und der rastlosen Delphine, deren Leben sich unwiderruflich mit dem Leben der Waldvogel verwebt. Erzählt wird von den Folgen der zwei Weltkriege (im ersten kämpfte der Vater auf der Seite der Deutschen, im zweiten die Söhne für die Amerikaner), den schrägen, liebenswerten Charakteren der amerikanischen Provinz und von den neuen Problemen, die die zwangsläufigen Umbrüche in einer multikulturellen Gesellschaft für die Menschen mit sich bringen. Dabei sind die Dinge unter der Oberfläche oft anders als sie scheinen, aber die Grenzen dessen, was man zu tun bereit ist, um den Schein zu wahren, verschieben sich beständig. Von der Erzählweise und von der Darstellung des Familienepos mit all seinen Nebenschauplätzen hat mich das Buch an Jeffrey Eugenides’ Middlesex erinnert, auch wenn die singenden Metzger vielleicht wiederum dann doch nicht ganz so bizarr anmuten, wie es der Eugenides’ Protagonist ist.
Louise Erdrich: Der Club der singenden Metzger, Suhrkamp, Frankfurt am Main 2005.
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