Tuesday, March 30, 2021

Rainbow Rowell - Fangirl

Nachdem ich Rainbow Rowells Debütroman Eleanor und Park 2017 gelesen hatte, setzte ich Fangirl auf die Liste der zu lesenden Bücher. Es hat ein bisschen gedauert, aber nun kamen die Bibliotheksausgabe und ich ausgerechnet im Lockdown durch "Bibliothek to go" (tolle Sache!) zueinander.

Cath und Wren sind Zwillinge und beginnen ihr erstes Jahr am College. Während Wren die Sache mit dem Feiern und Trinken und neue Menschen kennenlernen etwas übertreibt, zieht sich Cath in sich selbst zurück und vermeidet Sozialkontakte geradezu. Sie ist begeisterte Anhängerin der "Simon Snow" Fantasyromane (vgl. Harry Potter) und schreibt seit mehreren Jahren als Magicath erfolgreich Fanfiction - dabei ist sie am glücklichsten. Zum Glück lässt ihre Mitbewohnerin ihr die Einsiedelei nicht durchgehen und zwingt sie gemeinsamen Aktivitäten und auch in ihren Kursen muss sie mit Menschen sprechen. Einer dieser Kurse ist kreatives Schreiben. Ihre Professorin erkennt ihr Talent, urteilt aber hart und unnachgiebig über Fanfiction.

Gleichzeitig durchlebt ihr Vater wieder einmal eine manisch-depressive Krise, Cath macht sich Sorgen, will sich der schwierigen Situation an der Uni am liebsten entziehen und zurückgehen in ihr altes Leben, zurück in ihre Simon Snow Welt. Schon gar nicht will sie sich mit ihrer Mutter auseinandersetzen, die die Familie früh verlassen hat. Doch natürlich kommt es anders...

Gut gefallen haben mir die jugendlichen Charaktere und ihre inneren Welten, etwas, das auch Eleanor und Park besonders machte. Auch das Setting der zwei unterschiedlichen Schwestern, die sich zeitweise voneinander entfernen müssen, um beide zu wachsen, passt gut - hier funktioniert der Roman gut als eine Coming-of-Age Geschichte, die auch erzählerisch Spaß macht. 

Der ganze Fan- und Fanfiction-Aspekt jedoch hat Schwächen. Cath schreibt und schreibt und hat zehntausende Follower und spricht davon, dort bei den anderen Simon Snow Fans ihr Zuhause zu haben. Dennoch wird keine der Online-Beziehungen oder -Freundschaften ausgestaltet oder gar nur erwähnt, die doch eigentlich Caths Ersatz für die fehlenden realen Freundschaften sind.
Quer gegangen ist mir auch der Konflikt zwischen dem authentischen Schreiben, das ihre Professorin einfordert, und Caths angeblichen Wunsch, bei ihrer Fanfiction zu bleiben, weil es a) einfach und b) sie am glücklichsten dabei ist. Wieso schreibt sie sich in diesen Kurs ein, wenn sie nicht selbst schreiben möchte? Hier widerspricht sie sich meines Eracht
ens selbst. Seitenlang verweigert sie sich selbst dem Gedanken daran, die geforderte Kurzgeschichte für den Kurs zu verfassen, nur um sie dann am Ende doch - quasi wie von selbst - in einem Rutsch zu schreiben.
Ein essentielles Stilmittel des Romans sind die integrierten Textpassagen aus den Simon Snow Romanen und von Caths Fanfiction. Diese können vermutlich zur Intepretation von Caths Leben herangezogen werden - mich haben sie eher gestört und in mir keinesfalls den Wunsch geweckt, mich in die Welt des Simon Snow zu versetzen. 

Ich tue mich schwer mit einer abschließenden Wertung. Ich habe mich durchaus gut unterhalten gefühlt und mochte die Charaktere - das ist schon viel. Als Coming-of-Age-Story funktioniert Fangirl gut, auch wenn sie dazu auf den letzten Seiten einen Sprint einlegen muss und alles etwas rasch zum Ende kommt. Aus der Thematik des Schreibens - von Literatur und Fanfiction - hätte man aber mehr herausholen können. 

Rainbow Rowell, Fangirl, Hanser, München 2017. 


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