Saturday, November 27, 2010

Erich Fried: 28 Fragen



Achtundzwanzig Fragen
(ein verspätetes Geburtstagsgedicht)

Ich habe sieben Fragen:
Wie kannst du glücklich werden?
Ich habe sechs Fragen zu fragen:
Wie wird es den Menschen gehen?
Ich habe fünf Fragen
(eine für jeden Finger):
Wie kann ich die Zeit ertragen
bis wir uns wiedersehen?

Ich habe vier Fragen
(für dich) nach vierblättrigem Klee
Ich habe drei Fragen
(die alten) für dich nach deinen drei Wünschen
Ich habe zwei Fragen:
was ich dir sein und nicht sein darf?
Ich habe eine Frage:
Wie ich dich glücklich seh?

Aus: Erich Fried, Liebesgedichte. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 1979.

Sunday, November 21, 2010

Dark Potter



It is dark and scary. They run for life, they suffer from the sheer impossibility of their task. They'll come through.
Daniel, Emma and Rupert are all grown up and they act their parts brilliantly.
Even though it's strange to devide the last book into two parts it wouldn't have worked in any other way. There's simply too much to tell.
So hats off to some well-written funny dialogues (had to giggle and laugh out loud several times, especially Ron was extremely funny), good special effects (wow, these flying scenes!) and all the emotions I ran through.
I loved every minute of The Deathly Hallows Part 1.

Pardon the spoiler: The seven Potters! :)

Saturday, November 20, 2010

Erich Fried im Gespräch



Per Mail flatterte mir da der Hinweis auf eine Wiederholung einer Sendung des ORF Radios (Ö1) vom 18. November 1993 in den E-Mail-Postkasten. [Dank an Michael Palfinger aus Wien!]

Erich Fried hat sich 1986 mit dem Literaturwissenschaftler Thomas Rothschild im Stuttgarter Schlossgartencafé unterhalten. Er hatte bereits seine Krebsdiagnose und starb zwei Jahre später. Weil das Gespräch ursprünglich nicht als Radiosendung geplant war, sondern lediglich als eine Materialsammlung für eine geplante Publikation Rothschilds dienen sollte, hört man im Hintergrund Cafégeräusche und die Fragen waren nicht vorbereitet.
Rothschild und Fried kannten sich schon länger, das Gespräch ist eher entspannt und Fried beantwortet die Fragen sehr offen. Gleichzeitig gehen die beiden sowohl literarisch und literaturkritisch als auch politisch-ideologisch sehr in die Tiefe.
Mich begeistert einmal mehr Frieds Geradlinigkeit, Toleranz und Überzeugungskraft, vor allem aber die Authentizität. Ich bedaure sehr, ihn niemals getroffen zu haben, bin aber froh, ihm wenigstens in Form eines weiteren Tondokuments begegnen zu können.
Der Beitrag dauert eine knappe Stunde und kann beim ORF zur Zeit noch als Stream kostenlos abgerufen werden, vermutlich aber nur eine kurze Zeit lang.

Tove Jansson: Sturm im Mumintal


Farlig Midsommar ist der finnische Originaltitel dieses im Jahre 1954 erschienenen Muminromans von Tove Jansson.

Der dem Mumintal nahegelegene Vulkan bricht aus und es entsteht ein Unwetter, das das Tal unter Wasser setzt. Mit der typischen Mumingelassenheit evakuiert die Familie und landet als Notunterkunft in einem schwimmenden Theater. Nur dass die Mumins natürlich nicht wissen, was ein Theater eigentlich ist. Mumin und das Snorkfräulein erleben noch ganz andere Abenteuer, als sie auf einem Baum stranden und ihren Weg zurück zu den anderen finden müssen. Und auch beim Schnupferich läuft nicht alles nach Plan, er muss sich plötzlich um 24 kleine Kinder kümmern, zum Glück hat er die Kleine Mü auch dabei, die von ihrer Schwester weiß, wie das mit der Erziehung funktioniert.
"Sie finden dich nicht lustig", erklärte die Kleine Mü. "Du musst es so machen wie meine Schwester und sagen, wenn sie nicht still sind, schlägst du sie tot. Hinterher bittest du sie dann um Verzeihung und gibst ihnen Bonbons."
"Und hilft das?"
"Nö", sagte die Kleine Mü.
Der Schnupferich hob die Reisighütte hoch und warf sie in einen Wacholderbusch.
"Das macht man immer mit einem Haus, in dem man mal gewohnt hat", erklärte er.
Die Waldkinder verstummten sofort, rümpften die Näschen und schnupperten in den Nieselregen.
"Es regnet", sagte ein kleines Kind.
"Ich habe Hunger", sagte ein anderes.
Der Schnupferich sah die Kleine Mü hilflos an.
"Mach ihnen Angst mit der Morra!", schlug sie vor. "Das hat meine Schwester immer getan."
"Hat es bei dir geholfen?"
"Natürlich nicht!" Die Kleine Mü musste so sehr lachen, dass sie umfiel.
(Seite 122)
Natürlich findet sich für alle Irrwege und Probleme am Ende die perfekte Lösung.
Trotz der skurrilen Gestalten ist es doch deutlich zu sehen, wie menschlich die Probleme der Mumins und ihrer Freunde sind. Dadurch erhalten die Geschichten Gültigkeit und Wahrhaftigkeit.

Tove Jansson, Sturm im Mumintal. Arena, Würzburg 2006.

Wednesday, November 17, 2010

More Moomins


Another Moomin card arrived today from Juho, Finland.
It shows Moomintroll and Mymble. It even had a Moomin stamp, how cute is that!

Sunday, November 14, 2010

Andreas Steinhöfel: Rico, Oskar und die Tieferschatten

Ein weiteres wunderschönes Buch von Andreas Steinhöfel [Link führt zum großartigen Blog des Autors].
Es spielt in Berlin (seit längerem schon Wohnort des Autors) und der Ich-Erzähler ist tiefbegabt. Das ist logischerweise das Gegenteil von hochbegabt, das bedeutet, dass Rico, so heißt unser Erzähler, Probleme hat mit dem Denken. Das dauert manchmal länger als bei anderen und wenn man ihn zu sehr bedrängt, geraten in seinem Kopf die Gedanken nur umso schneller und heftiger durcheinander, was er passenderweise mit umherwirbelnden Bingokugeln vergleicht.
Er wohnt mit seiner Mutter in der "Dieffe", also in der Dieffenbachstraße in Kreuzberg, und geht statt zur Schule in ein Förderzentrum. Per Zufall lernt er auf eben dieser Straße Oskar kennen, der ist sieben und hochbegabt, weiß alles, hat aber auch vor allem Angst, weswegen er die ganze Zeit einen Helm trägt. Als Oskar von dem in Berlin umgehenden Kindesentführer Mister 2000 entführt wird, setzt Rico alles daran, dem neugewonnenen Freund zu helfen. Und das ist nicht so leicht, wenn man tiefbegabt ist.
Steinhöfel gelingt es, dass sich der Leser auf die Sichtweise des in seinem Denken so anderen Kindes einlassen kann. Aus Ricos Sicht sieht die Welt eben anders aus. Manches durchschaut er nicht, was der Leser auch erahnen kann und muss, anderes kann eben nur Rico sehen. Und mit seinem Blick durchschaut er so manches Mal die mühsam aufgebauten Fassaden und Masken der Erwachsenen und versteht die Kinder, die in der Welt dieser Erwachsenen leben müssen, sichtlich besser als manch normal begabter. Rico ist unschlagbar ehrlich und man kann etwas von ihm lernen, egal ob man selbst tief-, hochbegabt oder langweilig normal ist.
Andreas Steinhöfel, Rico, Oscar und die Tieferschatten. Carlsen, Hamburg 2008.

Saturday, November 13, 2010

Das Ökosystem und die Ameise

Ameisen: Kleine Lebewesen, welche das Ökosystem der Erde zusammenhalten. Nähme man sie aus der Welt, wäre dies das Ende der Erde in dieser Form.
Im Gegensatz dazu: der Mensch. Größeres Lebewesen, welches das Ökosystem der Erde zerstört. Nähme man ihn aus der Welt, wäre dies die letzte und einzige Möglichkeit, die Erde in dieser Form noch zu erhalten.
Janosch, Wörterbuch der Lebenskunst-Griffe, Goldmann, München 2000, S. 12.

Kathy Reichs: Spider Bones


Spider Bones ist der 13. Roman von Kathy Reichs mit Temperance Brennan und Andrew Ryan. Obwohl ich auch die Fernsehserie Bones sehr mag, sind mir die Originalcharaktere der Bücher doch deutlich lieber.
Der Plot von Spider Bones: Aus einem See in Quebec wird ein Toter gefischt, der sich offensichtlich beim Ausleben autoerotischer Praktiken selbst getötet hat. Über die Fingerabdrücke ergibt sich schnell eine Identizierung, der Tote ist John Lowery, auch Spider genannt (siehe Titel). Problem: John Lowery ist seit 1968 tot, er starb in Vietnam. Es folgt die Suche nach den Hintergründen. Wie kann der Tote Spider sein? Und wenn er es ist, wer liegt dann in seinem Grab in North Carolina?
Der Leser wird nun mit den amerikanischen Institutionen vertraut gemacht (hauptsächlich JPAC, wohin auch die Autorin persönliche Beziehungen hat), die für die Identifizierung von Personen zuständig sind, die nicht aus den diversen Kriegen der USA zurückgekehrt sind, d.h. die Zuordnung der namenlosen Toten, situiert auf Hawaii. Dorthin fliegt Tempe zusammen mit den exhumierten Überresten der als Spider beerdigten Person. Weitere Ungereimtheiten und falsch identifizierte Tote tauchen auf. Auch eine Verbindung zu Gangs und der Drogenmafia entsteht.
Parallel dazu trauert Tempes Tochter Katy um einen toten Freund und Ryan taucht mit seiner Tochter Lily (gerade clean nach dem Drogenentzug) ebenfalls auf Hawaii auf, was einige Turbulenzen im Nebenplot verursacht.
Ob Spider Bones ein guter Krimi ist, weiß ich nicht genau.
Mich hat er schon in seinen Bann gezogen, aber ich bin nicht objektiv, da mir die Charaktere sehr ans Herz gewachsen sind. Spannend ist sicherlich das Verwirrspiel um die nicht-identifizierten Toten, man rätselt mit, wer denn nun wer sein kann, man bekommt Hinweise und falsche Fährten gestreut. Die Auflösung am Ende ist aber leider fast ein deus ex machina, das Auftauchen der Schlüsselfigur klärt alle Zusammenhänge und die Verwirrungen auf, ein Hinweis eines Informanten leitet den Showdown der letzten Seiten ein. Das hat Kathy Reichs eigentlich sonst nicht nötig und es hätte eventuell auch eleganter gelöst werden können. So enttäuscht das Ende ein wenig.
Sprachlich war es dennoch einmal mehr Freude, Reichs im Original zu lesen, die Dialoge und die stets mitklingende (Selbst-) Ironie der Ich-Erzählerin machen einfach Spaß.
Ansonsten wünscht man sich nur, Tempe und Ryan würden endlich mit den Albernheiten aufhören und wieder zusammen kommen. Aber das ist wohl ein sehr unsachlicher Schlusskommentar... - egal.

Friday, November 12, 2010

Pretty



It's just stunning. The poet is Katie Makkai and she does poetry slams, not much more can be found on the web. Complete text can be read here. I will probably never hear the word "pretty" again and not think of this. Simply amazing. Mothers, show your daughters! Daughters, show your mothers!

Durbridge revisited


Dies ist Francis Henry Durbridge. Er war Brite und wurde am 25. November 1912 in Hull geboren und starb am 11. April 1998. Er ist Autor zahlreicher Theaterstücke und vor allem der Erschaffer von Paul Temple, einem fiktiven Autoren und Detektiv, der in London lebt und Scotland Yard hilfreich zur Seite steht und mit seiner Frau Steve zahlreiche spannende Fälle löst.
Durbridge war mit den Hörspielen und Verfilmungen nicht nur in Großbritannien erfolgreich, sondern vor allem auch in Deutschland, wo die Hörspiele in 60er Jahren zu den sogenannten "Straßenfegern" wurden - das heißt, die Hörspiele waren so beliebt, dass die Straßen zu den Sendezeiten leer waren.
So kannte damals jeder René Deltgen, der Paul Temple seine Stimme verlieh:
In späteren Jahren wurden die Hörspielen vielfach erneut ausgestrahlt und so saß auch ich als Kind um elf Uhr vormittags am Radio, um ja nicht den "Krimi am Samstag" zu verpassen.
Seit einigen Jahren sind die Hörspiele nun auch auf CD erhältlich und man kann sich jederzeit an ihnen freuen.
The Paul Temple File - umfassende Informationssammlung

Tuesday, November 09, 2010

Enjoy!

Another beautiful Moomin card!


In the world
there is nothing nicer
than enjoying
and nothing is more easy

The latest postcrossing card, sent by Julia from Finland, arrived on 8th November, 2010, the quote is from "Moominvalley in November" (or "Sent i november") by Tove Jansson (1970).

Saturday, November 06, 2010

Selig: Von Ewigkeit zu Ewigkeit


Neues Album. Selig. Schön.  

[...] Gäb es mehr als dieses Leben, ich würde ewig mit dir gehen,
jeden Tag mir dir verwegen jeden Augenblick zu sehen 
Gäb es mehr als dieses Leben, ich wär zutiefst dazu bereit
dich bis zum Ende mitzunehmen von Ewigkeit zu Ewigkeit

Glaubst du an Morgen und die losgelassene Zeit
an die Farbe der Fügung und das was uns bleibt
an das Land in deinen Augen und das Meer in deiner Gesten
für ein Leben in Frieden diesen Weg zu gehen
Dies würd ich dir gern sagen, doch ich weiß nicht, ob ich’s kann 
mein Herz ist schwer seit Tagen und es fühlt sich komisch an

Video: Von Ewigkeit zu Ewigkeit
...und am 8. Dezember live in Bielefeld! :)


Friday, November 05, 2010

Wo bist du?

Singen kann er auch noch...!

Die Nacht hat den Tag langsam umgebracht
und alle Katzen grau gemacht
ich kühle am Fenster mein Gesicht
Wo bist du? Warum kommst du nicht?

Eine Fliege ertrinkt in meinem Wein
es ist totenstill, ich hör sie Hilfe schrein
ich seh ihr zu und ich sehe mich
Wo bist du, warum kommst du nicht?

Babe, Babe, wenn du kommst brennt in der Minibar noch Licht
da steht ein Bittermandel-Shake
den überlebst du nicht, den überlebst du nicht

Die Nacht hat den Tag langsam umgebracht
alle Kater so heiß gemacht
ich heule, ich heule und hasse dich
Wo bist du? Warum kommst du nicht?

Jan Josef Liefers (und Ina Müller) frei nach einem Song der DDR-Band Silly

Fried-liche Mauer


Status Quo
zur Zeit der Wettrüstens

Wer will
daß die Welt
so bleibt
wie sie ist
der will nicht
daß sie bleibt

aus: Erich Fried, Lebensschatten. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 1981.
Foto: I. Janzen, Berlin EastSideGallery, September 2010

In the arms of the angel



In the arms of the Angel
Far away from here
From this dark, cold hotel room,
And the endlessness that you fear
You are pulled from the wreckage of your silent revelrie
You're in the arms of the Angel;
may you find some comfort here.

Sarah McLachlan, "Angel" from Surfacing (1997), song also used in the film City of Angels (1998)
picture by Renate Otto, Engel - on a postcrossing card by Esther, arrived on 5th November, 2010

Monday, November 01, 2010

Carsten Jensen: Wir Ertrunkenen


Seeleute und Schriftsteller haben etwas gemeinsam:
Sie träumen davon überall hin zu reisen,
der Seemann mit seinem Schiff,
der Autor mit seinen Worten.
So der dänische Autor Carsten Jensen im Nachwort zu seinem 800 Seiten starken Roman Wir Ertrunkenen. Ich würde nun auch den Leser mit ins Boot nehmen und sagen, auch dieser träumt und reist mit den Worten des Schriftstellers durch die Welt.
Die Zeit schrieb von einem "gewaltigen Buch" und laut Klappentext ist auch Hakan Nesser ganz begeistert. All diese Superlative haben schon ihre Berechtigung, das Buch ist wirklich außergewöhnlich. 800 Seiten sind schon lang, aber es wird nie langweilig.
Basierend auf der Geschichte seines Geburtsortes Marstal (gelegen auf der winzigen dänischen Insel Ærø, südlich von Fünen) entwickelt Jensen ein Epos über die Seefahrtsgeschichte. Gebunden an die Perpektiven verschiedener Erzähler und Protagonisten umfasst die Erzählung den Zeitraum vom deutsch-dänischen Krieg im Jahr 1848 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Wir reisen dabei nicht nur durch die dänischen Inselwelt oder die Ostsee, sondern bereisen alle Ozeane, wir segeln, wir steigen auf Dampfschiffe um und erleiden schließlich die schlimmsten und dunkelsten Seiten des Seekrieges. Dabei wechseln sich Unglaubliches und Realistisches ab, die Charaktere sind dadurch zugleich überzeugend und faszinierend. Die Mischung aus historischem Geschehen und Einzelschicksalen der Marstaler geht auf.
Auch sprachlich funktioniert das Buch, sieht man von der Notwendigkeit ab, sich mit dem vielen seemännischen Fachvokabular auseinanderzusetzen. Die Übersetzung von Ulrich Sonnenberg liest sich angenehm.
Ich kann sagen, ich habe einiges gelernt durch dieses Buch: In erster Linie natürlich über die Seefahrt - und aus dieser Perspektive heraus auch einiges Neues über die Geschichte, die dänische natürlich, aber auch die Weltgeschichte. Aber der Roman lässt auch darüber nachdenken, was einen Menschen zum Menschen macht, wie sehr er davon abhängt, in einer Gemeinschaft zu sein und wie prägend diese sein kann. Dies mag nicht unbedingt die Hauptintention des Autors gewesen sein, über die erfährt man mehr in seinem Nachwort (siehe Zitat oben) bzw. in einem Online-Interview.
Ich finde, es ist ein spannendes, vielschichtiges - ein gutes Buch mit einem sympathischen Autor.
Carsten Jensen, Wir Ertrunkenen. btb, München 2010.