Die Reihe von Simon Beckett um den Arzt und Forensikexperten David Hunter (zum Beispiel Verwesung oder Leichenblässe) gehört zu meinen Krimi-Lieblingen der letzten Jahre. Im Grunde ist es nicht verwunderlich, dass nach den Bestsellererfolgen auch die früheren Werke des Autors vermarktet werden. Doch nicht zu Unrecht ist er mit diesen nicht berühmt geworden.
Obsession (im Original erstmals erschienen 1998) handelt von dem Fotografen Ben Murray, dessen Sarah Frau plötzlich an einem Aneurysma stirbt und ihn mit dem autistischem Siefsohn Jacob alleinlässt. An Tempo gewinnt die Geschichte durch die Entdeckung von einigen Zeitungsausschnitten, die Ben erahnen lassen, dass Jacob nicht Sarahs leiblicher Sohn ist. Er lässt einen Privatdetektiv ermitteln, um die leiblichen Eltern zu finden und trifft auf seinen Antagonisten, den Exsoldaten John Cole.
Ben ist zunächst vom Wunsch nach Gerechtigkeit getrieben und überlässt Jacob seinem leiblichen Vater, nur um festzustellen, dass dieser zu Gewalt neigt und sich äußerst merkwürdig - obsessiv - verhält. Die Eskalation ist vorprogrammiert.
Leider verliert die Geschichte von diesem Punkt an merklich an Fahrt, die Beteiligten beim Jugendamt handeln klischeeartig nicht, Ben verliert sich selbst zunehmend in seiner Obsession, John Cole seine Verfehlungen nachzuweisen, spioniert aber dabei auch dessen Frau hinterher, ein Aspekt, der eher störend und banal wirkt. Nach alledem reagieren die Behörden schließlich doch noch, aber nicht ohne den alles zuspitzenden Fehler zu begehen, der John Cole endgültig zur gewalttätigen Lösung seiner Probleme zwingt. Es gibt statt einer Lösung Mord und polizeilichen Großeinsatz, gewürzt mit einer Prise Heldentum von Ben Murray. Achja, und am Ende kommt dann doch alles wieder ins Lot.
Es ist nicht alles schlecht an diesem Roman, die erste Hälfte machte beim Zuhören Freude, die Charaktere sind interessant, die Figur des autistischen Sohnes ungewöhnlich. Der zweite Teil wirkt eher zäh und ihr Verhalten verleidete mir die Hauptfiguren, der Sohn und dessen besonderes Erleben der Welt spielte kaum mehr eine Rolle. Erst ganz am Schluss rückt er wieder in den Fokus. Damit hat Beckett Potenzial vergeben.
Johannes Steck hat auch die David Hunter Bücher gelesen, so dass es zunächst irritierend war, Hunter und Murray überlagerten sich. Die Stimme Stecks ist gewohnt angenehm.
Simon Beckett, Obsession. Argon, Berlin 2009.
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