Nachdem ich die Kurzgeschichtensammlung Von der Natur des Menschen von Utsumi/Taniguchi gelesen hatte, war ich neugierig auf die anderen Werke des Künstlers Jirō Taniguchi.
In Die Sicht der Dinge geht es um Yoichi, der nach dem Tod des Vaters erstmals wieder in seinen Heimatort Tottori zurückkehrt. Dort wird er warmherzig von seiner Familie empfangen, obwohl er diese seit 15 Jahren nicht mehr besucht hat. Bei der Totenwache erzählen ihm seine Verwandten von ihren Erinnerungen an den Vater - und zeichnen dabei ein ganz anderes Bild von den Ereignissen seiner Kindheit und Jugend, als jenes, an dass sich Yoichi zu erinnern glaubt. Nur zögernd kann er sich eingestehen, dass er seine Ansichten revidieren muss.
Obwohl klar wird, dass Yoichi seinem Vater gegenüber ungerecht war und viele Dinge andere (Hinter-) Gründe hatten, als er angenommen hatte, ist der Grundton des Romans nicht vorwurfsvoll. Yoichi trauert darum, nun keine Gelegenheit mehr zu haben, mit dem Vater zu sprechen und sein Verhältnis zu ihm zu verändern. Er erkennt an, dass die Ähnlichkeiten zwischen seinem Vater und ihn nichts sind, was er ablehnen muss, im Gegenteil kann er annehmen, dass die gütigen Grundzüge des Vaters auch in ihm zum Tragen kommen. So kann der Verlust bewirken, seine eigene Einstellung zu Familienbanden und zur Verknüpfung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu überdenken und diese zu verändern. Eine zwar traurig-tragische Geschichte, die aber positiv im Blick behält, dass Menschen sich immer dafür entscheiden können, ihren Lebensweg und ihre Lebenseinstellung zum Guten zu verändern.
Jirō Taniguchi, Die Sicht der Dinge. Carlsen, Hamburg 2008.
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