Die über 80jährige ehemalige Krankenschwester Baba Dunja schildert ihr einfaches Leben in dem Dorf, in dem sie geboren und aufgewachsen ist. Sie baut ihr eigenes Gemüse an, ist angesehen unter den anderen Dorfbewohnern und sie denkt über ihr Leben und ihre Familie nach. Das klingt nach einer unaufgeregten Geschichte - wäre ihr Dorf Tschernovo nicht in der Nähe des Reaktors von Tschernobyl. Sie ist entgegen aller Vorschriften und Warnungen dorthin zurückgekehrt und ist allein deswegen schon legendär. Als dann in der kleinen Gemeinschaft ein Fremder auftaucht, entwickeln sich die Dinge dramatisch...
Alina Bronsky lässt ihre Protagonistin in Baba Dunjas letzte Liebe sehr schlicht von ihrem Leben erzählen, von den kleinen Dingen und dem großen Drama. Baba Dunja nimmt sich selbst nicht wichtig, obwohl sie mit ihrem selbstgewählten und sehr selbstbestimmten Leben in der Todeszone durchaus besonders ist. Dabei beobachtet sie mit scharfem Blick, was um sie herum passiert, steht ihren Mitmenschen immer wieder bei und das einzige, das sie bereut, ist, ihre Enkelin Laura nicht kennengelernt zu haben. Obwohl das Reaktorunglück nur immer dann direkt zur Sprache kommt, wenn und weil es Baba Dunjas Geschichte beeinflusst hat oder wenn sie andere vor den Gefahren der Strahlung schützen möchte, ist es durchgehend als Teil der Geschichte präsent. Baba Dunjas Erleben dreht sich um ihren Heimatort und sie kann nicht anders, als ihn auch in seiner Verstrahlung als Heimat anzuerkennen - so wird Tschernobyl zwar einerseits verharmlost, andererseits haben sich zumindest die Bewohner von Tschernovo mit der Katastrophe ausgesöhnt.
Alina Bronsky, Baba Dunjas letzte Liebe. Tacheles 2015.
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