Charlie ist verliebt in Miranda, die in der Wohnung über ihm wohnt. Um sich für sie interessanter zu machen, lässt er sie teilhaben an seiner neuesten Errungenschaft, einem Adam. Adam ist einer von den 25 ersten Androiden, die in einem fiktiven Großbritannien 1982 auf den Markt kommen. Miranda und Charlie werden quasi zu Adams Eltern, als sie seine Persönlichkeitsparameter zu gleichen Teilen festlegen. Doch schnell wird klar, dass Adam nicht bloß ein Spielzeug sein kann, wie zuerst von Charlie gedacht. Adam greift mit der ihm eigenen Rationalität massiv in das Leben der beiden ein. Während Miranda und Charlie ein Paar werden, entdeckt auch Adam seine Emotionalität (und Liebe zu Miranda), sein Gewissen und analysiert mögliche Zukunftsperspektiven. Zum Leidwesen seiner Freunde – so muss man sie nun nennen – greift er eigenmächtig in ihr aller Leben ein und überschreitet damit die Grenzen der passiven, dienenden Maschine.
In Maschinen wie ich platziert Ian McEwan seine Geschichte bewusst nicht in der fernen Zukunft, es ist keine Science Fiction Story. Statt dessen erdenkt er eine alternative Vergangenheit, in der einige politische und gesellschaftliche Ereignisse anders abgelaufen sind und so zu einem veränderten Jetzt im Jahre 1982 führen. Dabei sind die neuen Alben von den Beatles nur ein humoriges Detail, der geplante Austritt von Großbritannien aus der EU ein zeitgenössischer Seitenhieb, aber vor allem die Entwicklung der Informatik und künstlichen Intelligenz hat einen anderen Weg genommen. Dies verdankt diese fiktive Welt Alan Turing, der nicht durch die Verurteilung seiner Homosexualität auf einen Leidensweg gerät, der zu seinem Selbstmord führt. Hier erkennt man die klare Bewunderung Ian McEwans für den genialen Mathematiker, der sogar seinen Protagonisten Charlie vor Ehrfurcht erstarren lässt, sobald Turing ihm begegnet.
Dieses interessant erdachte Setting überlagert aber nicht die zentralen Fragen des Romans.
Zu welchem Zeitpunkt wird aus der Maschine, der künstlichen Intelligenz, eine Persönlichkeit? Was ist Bewusstsein? Und wenn Bewusstsein heißt, am Leben zu sein, welche Recht stehen dieser Persönlichkeit, gleich welcher Form, dann zu? Im Vergleich zum unvollkommen, emotional handelnden Menschen (von McEwan in seinen beiden menschlichen Protagonisten hervorragend ausgearbeitet), ist die zuverlässig moralische und rationale Maschine nicht sogar überlegen? Geschickt verdichtet der Autor diese Fragen zu einem Finale, bei dem am Ende der Leser selbst vor einem moralischen Dilemma steht, bei dem Richtig und Falsch nur schwer zu entscheiden ist.
Insgesamt ist Maschinen wie ich ein sehr intelligent konstruierter, gut geschriebener Roman, der für die nahe Zukunft relevante Fragen formuliert ohne klare, allzu einfache Antworten zu geben. Sehr gelungen.
Ian McEwan, Maschinen wie ich. Diogenes, Zürich 2019.
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