In dem 2022 erschienenen Roman erzählt er uns die Geschichte von Charlie Reade. Charlie ist 17, ein typischer amerikanischer Teenager, vielleicht ein bisschen selbstständiger als andere, denn er musste mit dem frühen Tod der Mutter und dem Alkoholismus der Vaters zurechtkommen. Seine Hilfsbereitschaft gegenüber dem alten Howard Bowditch aus der Nachbarschaft und dessen Hund Radar ist ebenfalls außergewöhnlich. Bald wird klar, das Bowditch Geheimnisse hat. Erst nach dessen Tod entdeckt Charlie deren volles Ausmaß und es beginnt der zweite Teil des Romans in der märchenhaften Welt Empis, die Charlie mit Radar durch den Gartenschuppen in Bowditchs Garten betritt. Er nimmt in Empis die Rolle eines Prinzen ein, der die Aufgabe hat, die rechtmäßige Prinzessin von ihrem Fluch zu befreien und den bösen Gegenspieler zu besiegen.
King bedient sich bewusst zahlreicher Märchenmotive und lässt seinen Ich-Erzähler Charlie auch reflektierend darauf Bezug nehmen. Es gibt die typischen Märchenfiguren (Prinzessinnen, sprechende Tiere, böse Zwerge, usw.), er muss drei Aufgaben erfüllen (Radar zu neuem Leben verhelfen, die Gefangenschaft kämpfend überleben und den Endgegner besiegen). Dabei gibt es mehr als einmal eine lange Reise und namhaft auch das Happy End in beiden Welten.
Fairy Tale ist eine sehr atmosphärische Geschichte mit zahlreichen Charakteren und reicher Motivik. Der Protagonist ist ein subjektiver Erzähler, aber mit seinen typischen Teenager-Problemen und Selbstzweifeln durchaus sympathisch. Die Fülle der Charaktere, obwohl Stephen Kings Stärke, führt manchmal zu eher oberflächlichen Figuren, die nicht alle essentiell für die Geschichte sind. Auch wenn man auch als Leser nicht umhin kommt, Radar zu mögen, so
wird der Hund an vielen Stellen als Handlungsantrieb überstrapaziert bis
hin zur Unglaubhaftigkeit.
Den Hochglanzmärchen im Stile Disneys setzt der Autor Düsternis und Authenzität entgegen und gewollt verschwimmen dadurch die Grenzen der Welten und das Magische erhält neue Bedeutung. Das ist auch einer der Aspekte, die mich an Fairy Tale begeistern können, aber die Länge und Langatmigkeit mancher Handlungsteile des Romans (vor allem in Empis) stehen dagegen. Wäre Stephen King stilistisch nicht so ein guter Erzähler und David Nathan nicht so ein guter Vorleser, so hätte ich Fairy Tale vermutlich nicht bis zum Ende geschafft.
Stephen King, Fairy Tale. Random House Audio 2022.
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