Der Norweger Jon Fosse erhielt 2023 den Nobelpreis für Literatur für seine Errungenschaften im Bereich Schauspiel und Prosa. Ein Leuchten (1923) ist vermutlich das kürzeste seiner Werke und eher eine Novelle als ein Roman. Vielleicht auch noch weniger.
Aus Langeweile fährt der Erzähler mit seinem Auto los, fährt willkürlich mal nach links oder nach rechts, um schließlich mit dem Wagen auf einem abgelegenen Waldweg steckenzubleiben. Zunächst erdenkt er noch mögliche Lösungen für sein Problem, handelt aber schließlich gänzlich irrational und geht trotz Schneefall und Kälte in den dunkel werdenden Wald hinein. Der intensive Stream-of-Consciousness ergibt einen mäandernden, sich ständig selbst wiederholenden Satzfluss, wobei immer unklarer wird, was er tatsächlich sieht und was er halluziniert. Das Leuchten ist eine weiße, Licht aussendende Gestalt, die er mit dem Verstand nicht begreifen kann, auch nicht, ob sie ihm wohl- oder schlechtgesonnen ist. Es begegnen ihm auch noch zwei Personen, in denen er seine Eltern zu erkennen scheint, die sich in banalen Floskeln ergehen und ihn nicht retten, obwohl sie vorgeben, auf der Suche nach ihm zu sein. Auch eine Gestalt im schwarzen Anzug erscheint, barfuß im Schnee, bis sich schließlich am Ende alles auflöst, Wahrnehmung, Gedanken, Bewegung. Ende des Buches.
Ein Leuchten bietet eine interessante Leseerfahrung, die allerdings auch nur unter der Prämisse ihrer kurzen Dauer zu ertragen ist. Interpretationsansätze gibt es viele. Trotz des Positiven, das man mit einem Leuchten verbindet, erscheint es mir eher ein menschlicher Abgrund zu sein, in den der Protagonist gerät, wenn Logik, Wahrnehmung der Umwelt und den eigenen Gedanken nicht mehr zu trauen ist.
Jon Fosse, Ein Leuchten. Rowohlt 2023.
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