Es gibt keinen Plot, sondern eine Aneinanderreihung von Erlebnissen und Schicksalen. Otsuka betont mit immer gleichen Satzanfängen die Summe der Erfahrungen der japanischen Frauen, die zugleich austauschbar und bedrückendes Einzelschicksal sein können. Ja, es gibt auch Erfolgsgeschichten in der großen Gruppe der erzwungenen, erkauften japanischen Ehen, aber oftmals springt einen das Leid geradezu an. Kaum hat man es erfasst, geht es aber schon weiter zur nächsten unglücklichen Frau. Dabei bewegt sich der Roman (wenn man es so nennen will) langsam chronologisch vorwärts, thematisiert sexuelle Gewalt, aufreibende Feldarbeit, das Leben als Dienst- und Kindermädchen, den sehr, sehr langsamen gesellschaftlichen Aufstieg, die eigenen Kinder, die sich schneller an den American Way of Life gewöhnen als die Eltern, die allgegenwärtige mangelnde Integration. Die Geschichte kippt 1941 nach dem Angriff Japans auf Pearl Harbour, dessen Folge die Umsiedlung und Internierung japanisch-stämmiger Amerikaner war, obwohl ein Großteil von ihnen die US-amerikanischer Staatsbürgerschaft hatte.
In einem letzten Kapitel trägt die Autorin dem Rechnung, indem die Erzählung nun in die Hände der Zurückgebliebenen gelegt wird, die mit dem Verschwinden der japanisch-stämmigen Nachbarn zurechtkommen müssen. Neben Plünderungen und dem Ausverkauf ihrer Habseligkeiten werden erst die entstandenen Lücken in der Kommune, dann aber auch das Vergessen beschrieben.
Wovon wir träumten ist eine ausgesprochen intensive Leseerfahrung durch die vielen angerissenen Schicksale und die vielen Perspektiven auf diese spezielle Gruppe von Menschen. Migration lässt sich nicht pauschalisieren, auch wenn wir das gern tun.
Julie Otsuka, Wovon wir träumten. Steinbach sprechende Bücher 2012.
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