Lilas Leben ist durch die Hochzeit nicht einfacher geworden - schon in der Hochzeitsnacht begegnet sie dem Grauen - der gewalttätigen, rücksichtslosen Seite ihres Mannes. Die Konflikte sind wegen ihres wachen, nach Herausforderungen, Neuem und Freiheit strebenden Geistes vorprogrammiert, ihr Unglück zwangsläufig.
Lenù hingegen wirkt ratlos und rastlos, kennt ihre Ziele selbst kaum, außer dem einem, nämlich irgendwie besser, glücklicher, erfolgreicher als ihre Freundin sein zu wollen.
Nebenbei zeigt der Roman auch noch gesellschaftliche Veränderungen auf, die selbst vor Rione mit seinen konservativen Strukturen nicht haltmachen. Es sind die 60er und 70er Jahre, die Rolle der Frau verändert sich, neue berufliche Möglichkeiten entstehen, politische Umwälzungen finden statt. Dennoch bleibt Die Geschichte eines neuen Namens beim Alltäglichen, schildert die kleinen und größeren Ereignisse in dem kleinen Personenkreis, Ungerechtigkeiten, Eifersüchteleien, Verrat und Enttäuschungen. Vielschichtig dagegen sind die Bedeutungsebenen, auf denen man die Beziehungen und auch die Gedankengänge der Ich-Erzählerin deuten kann, nichts ist hier eindeutig. Die Art und Weise wie selbst kleine, unscheinbare Ereignisse geschildert werden, hebt diesen Roman bzw. die Reihe von anderen des Genres deutlich ab. Die Autorin schafft es, einen hineinzuziehen in diese kleine Gedankenwelt, die sich nur langsam den größeren Zusammenhängen, der Welt und dem Verständnis der eigenen Empfindungen öffnet.
Elena Ferrante, Die Geschichte eines neuen Namens. Hörverlag 2017.