Maud is 82 Jahre alt und dement. Zu Beginn des Romans Elisabeth wird vermisst kann sie noch zu Hause leben, später zieht sie zu ihrer Tochter Helen. Elisabeth ist der Name ihrer besten Freundin, mit der sie sich regelmäßig getroffen hat. Parallel dazu erinnert Maud sich an die Geschichte ihrer 1946 verschwundenen Schwester Sukey.
Die Erzählstränge überlappen sich und wechseln, indem einzelne Dinge oder Wörter Erinnerungsschüübe bei Maud auslösen. Man befindet sich in einem sehr intensiven Stream of Consciousness, der Mauds zunehmende Verwirrung und Desorientierung glaubhaft umsetzt, vor allem auch die Bedrohlichkeit mancher Situationen, in denen sie nicht weiß, wo sie ist und wer sie ist. Beide Ebenen verweben sich immer mehr, was auch dadurch verstärkt wird, weil auch im Jetzt jemand, nämlich ihre Freundin Elisabeth, für sie verschwunden ist, genau wie damals ihre Schwester. Der Satz "Elisabeth wird vermisst" zieht sich wie ein roter Faden durch den Roman und ist eine der wenigen Konstanten in Mauds Leben. Nur nach und nach fügen sich die Elemente beider Zeitebenen zu einer sinnvollen Geschichte zusammen, in der auch das Rätsel um Sukey gelöst wird.
Emma Healey hat einen sensiblen Roman mit einer feinen Symbolik geschrieben und bemüht sich sehr um die Darstellung der furchteinflößenden Krankheit. Doch nicht nur durch die Demenz zeichnet sie Maud als ambivalenten Charakter, sie ist nicht nur sympathisch, dadurch aber glaubwürdig. Kritisieren kann man stellenweise eine gewisse Langatmigkeit in der Erzählung, die Plot-Driver Elisabeth und Sukey geraten oft in den Hintergrund und werden Nebensache der Demenz. Der Genre-Spagat zwischen Drama und Thriller gelingt nur bedingt, dennoch ist Elisabeth wird vermisst ein interessanter Roman.
Emma Healey, Elisabeth wird vermisst. Bastei Lübbe, Köln 2014.
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Für die Buchchallenge 20/15 habe ich in diesem Buch aus der Kategorie I. Protagonisten die Witwe ausgesucht.
Maud hat ihren Mann schon vor längerer Zeit verloren und gerade dadurch ist ihre Lage auch schwierig.
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