“Ackerfurchen. Zäune. Das Kreuz in der Schnapsflasche. Polenta für die Schwiegereltern. Vijarac. Gavrilo und Großmutter - jetzt auch Sretoje - erzählten von all dem, auch um zu gedenken. Sie legten für ihre Toten eine gute Geschichte ein. Der Geschmack des Brunnenwassers ist aus Sprache gemacht. Die Sprache wird weiterfließen. Einer überleben, um zu erzählen. Um zu sagen: Mein Leben ist unbegreiflich.”
Sasa Stanisic schreibt in einer Sprache, die nicht seine Muttersprache ist, und drückt sich dabei so hervorragend aus, dass er 2019 mit seinem Buch Herkunft den Deutschen Buchpreis gewann.
Ich habe mich mit Herkunft zunächst schwergetan, das Sprunghafte, Mäandernde des Textes bereitete mir Probleme. Ich hatte mich zudem für die Lesung durch den Autor entschieden (langfristig ein Vorteil, glaube ich), aber dadurch waren die Zeitsprünge noch ein wenig schwieriger zu realisieren. Aber im Grunde sind diese auch nicht notwendigerweise einzuordnen, man kann den (Sprach-) Fluss von Herkunft auch einfach hinnehmen, annehmen. Lässt man sich auf die Sprache von Stanisic ein, so landet man in einem wunderbaren Wechselbad von Emotionen und Finessen - manches Mal musste ich laut lachen über seine bestechende Beobachtungsgabe (vor allem der Deutschen), anderes war sehr anrührend und sensibel erzählt. Es ist eine bestechende Zärtlichkeit, mit der er vor allem seine Großmutter (der autobiografische Bezug ist offenkundig, auch wenn er selbstverständlich einiges hinzufabuliert und dies auch sagt) und auch die anderen Familienmitglieder und Freunde schildert.
Es ist - so glaube ich - ein Buch, das eine Weile bei einem bleiben wird. Die Fragen nach der eigenen Herkunft, und was sie ausmacht, klingen nach.
Sasa Stanisic, Herkunft. Hörverlag 2019.
No comments:
Post a Comment