Tuesday, November 08, 2022

Stephen und Owen King - Sleeping Beauties

Über 27 Stunden lang dauert David Nathans Lesung des umfangreichen Romans Sleeping Beauties von Stephen King und seinem Sohn Owen.

Es ist trotz des Titels (Sleeping Beauty = Dornröschen)  kein Märchen. Zwar fallen die Frauen in einen endlosen Schlaf, aber es geht hier nicht um die Rettung durch einen Prinzen, im Gegenteil.
Zusammen mit einem wundervollen Baum taucht eines Tages eine seltsame, schöne Frau namens Eve (ein Name wie mit dem gröbsten Holzhammer gezimmert... seufz...) in Dooling, einem kleinen Ort in den Apalachen, auf, die kurz drauf einige Drogendealer brutal ermordet. Von diesem Moment an wachen die Frauen nach dem Einschlafen nicht mehr auf und werden in einen seltsamen Kokon eingewebt, den sie selbst erzeugen. Wird der Kokon zerrissen, so wachen sie wie Monster auf und töten alle sie umgebenden Menschen.
Das ist an sich schon ein krasses Szenario, das viele durchaus interessante Fragen aufwirft. Durch Eves Auftreten und Handeln im Verlauf des Romans ist bald klar, dass den Frauen hier eine Option gegeben werden soll, der patriarchischen Welt voller Gewalt und Unterdrückung zu entkommen - denn langfristig kommen die Männer ohne Frauen nicht weit. Man fragt sich: Wie sieht der Gegenentwurf aus, was wird geschehen? 
Doch leider verliert sich der Roman in sich selbst. Die Kings entwerfen eine Vielzahl an Charakteren, Frauen und Männer, die vermutlich die verschiedenen Sichtweisen auf das Phänomen beleuchten sollen, doch das ganze wird nur zäh und immer zäher. Ja, Männer sind brutal und egozentrisch und rücksichtlos – ja, es gibt natürlich auch andere. Ja, es gibt auch brutale Frauen. Deswegen spielt ein Teil der Handlung ja auch im Frauengefängnis, um diese Seite zu zeigen. Vielen dieser Charakteren wird sehr viel Raum gegeben, den man sicher auf einige wenige Absätze hätte begrenzen können. Selbst als Hörbuch fand ich diese Menge an Nebenhandlungen und semi-wichtigen Personen irgendwann nur noch langweilig, um nicht zu sagen überflüssig. Dazwischen gibt es dann explizite Gewaltschilderungen, die mir auch nicht sonderlich liegen, aber mit denen man zugegebenermaßen bei Stephen King rechnen muss. Dann kommt es zum Finale – wie entscheiden sich die Frauen? (Mehr sage ich dazu jetzt nicht, auch nicht dazu, ob ich die Entscheidung nachvollziehbar finde...)
Und dann folgt noch ein drittes Buch über die Entwicklungen der einzelnen Charaktere nach dieser Entscheidung... Hier hat es mich dann endgültig gerissen und mein Interesse und Mitgefühl für einige der Protagonisten endeten in dem einen Gedanken, wann dieser Wälzer denn nun bitte endlich zuende sei. Und damit enden auch diese wenig positiven und viel zu ausführlich geratenen Gedanken über einen Roman, der sicher nicht zu denen gehört, die frau gelesen haben muss.  

Stephen und Owen King, Sleeping Beauties. Random House Audio 2017.

1 comment:

Mikka Liest said...

Hallo,

uff, 27 Stunden sind eine Hausnummer. Ich schleicht schon länger um das Buch rum, aber ich kann mich nie so recht aufraffen, den Wälzer mal in Angriff zu nehmen.

Hattest du die Ausgabe des "Literarischen Quartetts" gesehen, in der Thea Dorn "Sleeping Beauty" mitbrachte? Da klangen die Reaktionen der anderen drei Gäste auch sehr skeptisch bis durchwachsen – aber irgendwie reizt es mich ja trotzdem, so als dystopisches, radikales Feminismus-Märchen …

LG,
Mikka