Eine Frage der Chemie ist ein unterhaltsames Frauenbuch mit interessanten Charakteren, einer passenden Menge Feminismus, aber dabei kaum politisch, und humorvollen Beobachtungen (auch aus Hundesicht...) und Dialogen. Als Sahnehäubchen gibt es auch noch ein wenig Romantik und Familiendrama obenauf, ohne gleichzeitig zu sehr mit dem ganzen Wissenschaftskram zu langweilen. Diese perfekte Mischung bekommt nur dann Risse, wenn man genauer hinschaut: Eine Figur wie Elizabeth ist kaum glaubwürdig, wenn sie die hohe Intelligenz der Wissenschaftlerin mitbringt, aber dennoch so naiv mit der Diskriminierung von Frauen umgeht und immer wieder in deren Fallen geht, und gleichzeitig auch noch völlig unpolitisch wirkt in einer Zeit, in der JFK ermordert wurde, der Vietnamkrieg stattfand und die Bürgerrechtsbewegung große Risse durch die amerikanische Bevölkerung zog. Persons of colour kommen so gut wie nicht vor in diesem Roman, es ist eine weiße Geschichte. Und ob eine humorlose Kochshow mit chemischen Informationen im TV der Zeit wirklich so erfolgreich hätte sein können, bleibt anzuzweifeln. Es fällt allerdings leicht, diese Diskrepanzen von Eine Frage der Chemie auszublenden und sich von Elizabeth, ihrer Tochter Mad und den übrigen Charakteren verzaubern zu lassen. Deswegen mag ich dem Buch auch keine schlechte Bewertung geben, denn es ist ein Unterhaltungsroman und als solcher funktioniert er - besser als viele andere.
Bonnie Garmus, Eine Frage der Chemie. Osterwold 2022.
No comments:
Post a Comment