Sunday, December 28, 2008

Erich Fried: Verwehrte Kelt

Verwehrte Kelt
(für Ernst Jandl)

Im Esten
genau wie
im Wosten
verresten
oft grade
die Bosten
aus: Erich Fried, Um Klarheit. Gedichte gegen das Vergessen. Berlin 1985 .

Alan Bennett - Die souveräne Leserin


"...aber informieren ist nicht gleich Lesen. Es ist im Grunde sogar der Gegenpol des Lesens. Information ist kurz, bündig und sachlich. Lesen ist ungeordnet, diskursiv und eine ständige Einladung. Information schließt ein Thema ab, Lesen eröffnet es." (S.22)
Neulich bekam ich den Newsletter der Wagenbach Verlags, in dem die Verantwortlichen sich ganz offen über ihren Erfolg mit Alan Bennetts kleine Geschichte "Die souveräne Leserin" freuten und dabei erwähnten, sie hätten noch nie einen Bestseller gehabt. Immerhin ist der Band auch diese Woche noch Platz 10 auf der Spiegel-Liste.
Das Buch ist aber auch einfach schön in jeder Hinsicht:
  1. Es ist in Wagenbachs Salto-Reihe erschienen, also in rotem Leineneinband im Quartformat. Eingeprägter Titel plus Foto: Visuelles und haptisches Vergnügen!
  2. Es ist wunderbar flüssig geschrieben, leicht zu lesen, dialogische und erzählende Passagen wechseln sich ab und man freut sich einfach an der Sprache (trotz Übersetzung).
  3. Inhaltlich schmunzelt man über die Darstellung der Queen, die die Protagonisten der Geschichte ist, man erfährt, wie sie ihre Verpflichtungen wahrnimmt, sei es nun der Besuch einer Schuhfabrik oder das wöchentliche Treffen mit dem Premierminister, während gleichzeitig die Steifheit ihrer ganzen Rolle reflektiert wird. Nichts ist natürlich an dem, was wir von der Queen sehen - die Queen von Bennett dagegen ist einfach vollkommen liebenswert und man hat sie von der ersten Seite an gern.
  4. Die Queen beginnt zum großen Entsetzen ihres Stabs und nahezu aller Personen um sie herum zu lesen. Lesen als Krankheit, als übler Einfluss. Plötzlich kommt sie hier und da zu spät, vernachlässigt ihre Pflichten in der Art, dass sie manchmal an zwei aufeinander folgenden Tagen die gleichen Ohrringe trägt. (Man gerät beim Lesen immer wieder ins Kichern über das absurde Entsetzen ihrer Umgebung!) Gleichzeitig flößt Bennett ihr wunderschöne Gedanken über Bücher, Lesen, Literatur und schließlich auch das Schreiben ein, so dass man als bibliophiler Mensch gerührt aufseufzt.
Es ist das zweite Buch, das ich von Bennett gelesen habe, auch "Cosi fan tutte" fand ich großartig, aber dieses hier ist unbedingt empfehlenswert.
Es ist wohl so, wie das Intro auf der Site des Wagenbach Verlags sagt:
"Eines hilft immer: Lesen."
 Alan Bennett, Die souveräne Leserin, Berlin 2008.

Saturday, December 27, 2008

Stieg Larsson: Verdammnis


Bis morgens um halb 4 hat mich der zweite Larsson diese Nacht wach gehalten, aber auf den letzten Seiten noch einmal weglegen war unmöglich. Das Loblied auf den Autor habe ich bereits gesungen - ich könnte nur wiederholen, was ich schon sagte.

Die Story ist diesmal noch ein bisschen persönlicher, da es um das Schicksal der Protagonistin Lisbeth Salander geht. Viel mehr darf man eigentlich auch nicht verraten.

Wie bereits beim ersten Band braucht die Geschichte erst 30-40 Seiten, um wirklich loszurollen, dann aber wird sie zum Pageturner. Und das Ende... puh...

Es ist übrigens wirklich sinnvoll, die Bücher in der richtigen Reihenfolge zu lesen, da die Beziehungen der Charaktere sich intensiv entwickeln, was man aber wohl kaum richtig wertschätzen kann, wenn man den ersten Teil der Geschichte noch nicht gelesen hat.
Ich freue mich definitiv auf den dritten (wenn auch leider letzten) Band.
So sollen Krimis sein.
Stieg Larsson, Verdammnis. München, Heyne 2008.

Friday, December 26, 2008

Erich Fried: Eiserne Ration



Eiserne Ration

Wenn man das Unrecht
in viele Scheiben zerlegt
wie dünn muß die Scheibe
auf meinem täglichen Brot sein

aus: Erich Fried, und Vietnam und. Berlin 1966.

Tuesday, December 23, 2008

Die Nebel

...von Avalon.

Manchmal hat man Glück und liest ein Buch genau zum passenden Zeitpunkt.
Den Fantasy-Schmöker Die Nebel von Avalon von Marion Zimmer Bradley habe ich als Teeny gelesen und war schwer angetan. Es war das erste Mal, dass ich mich mit der Artus-Sage beschäftigte, es war vermutlich auch einer der ersten "Erwachsenen"-Romane, die ich las (so genau weiß ich das aber nicht mehr). Dazu dann die feminine Erzählperpektive einer Geschichte, die so eindeutig männerlastig war - es beeindruckte mich. Konsequenterweise las ich weiteres von der Autorin, gab aber nach zwei Avalon-Folgeromanen und einer anderen Erzählung auf, weil der Stoff und die Erzählweise nicht an Die Nebel von Avalon heranreichten, sogar eher schlecht waren.
Das alles ist länger her, aber kürzlich war mir danach, den Wälzer noch einmal zu lesen. Es hat Freude gemacht (auch wenn bei meinem aktuellen Lesetempo 1115 Seiten eher eine Zumutung waren). Aber die gleiche Begeisterung konnte ich nicht mehr verspüren, derweil habe ich vielleicht auch anderes gelesen, anderen Geschmack, andere Interessen und Sichtweisen entwickelt. Aber Glück gehabt - damals war es genau richtig.

Saturday, December 20, 2008

Schindlers Liste

1993 wurden nahezu alle Schüler meines damaligen Gymnasiums zum Sichttermin von Schindlers Liste geschickt. Nicht alle auf einmal natürlich, das waren noch Zeiten, als meine Heimatstadt noch kein Cinestar oder ein anderes Multiplex-Kino hatte. Dennoch erinnere ich mich noch deutlich, dass trotz der Schülermassen (normalerweise immer ein Garant dafür, dass das Gesehene zunächst abgelehnt wird - es kann ja nichts taugen, wenn es von Schule oder Lehrern ausgeht), wir alle sehr ergriffen von dem Film waren. Er wirkte. In jeglicher Hinsicht. Und das sogar in meiner Generation, die zu derjenigen gehört, die in der Schule mindestens einmal pro Schuljahr in allen Jahrgangsstufen das Thema Nationalsozialismus bearbeiten musste, also oft, sehr oft.
Der Film wirkte sogar derart intensiv, dass ich noch immer viele der Bilder im Kopf hatte, obwohl es offensichtlich 15 Jahre her ist, dass ich ihn sah. Ich kann mich zumindest nicht erinnern, ihn danach noch ein zweites Mal ganz gesehen zu haben, aber vielleicht täuscht mich da auch meine Erinnerung.
Heute kam er auf einem der privaten Sender und ich habe ihn noch einmal angesehen.
Der Film hat mich ergriffen wie damals, treibt mich sogar dazu hier zu schreiben.



Was mich damals sicherlich weniger beeindruckt hat, ist Ben Kingsley.
Wann immer ich ihn spielen sehen, rührt er mich.


Wednesday, December 17, 2008

The Rainbow Connection


Foto: Berlin 2003

Why are there so many songs about rainbows
and what's on the other side?
Rainbows are visions, they're only illusions
and rainbows have nothing to hide.
So we've been told and some chose to believe it.
But I know they're wrong wait and see.

Someday we'll find it - the Rainbow Connection,
the lovers, the dreamers and me.

Who said that every wish would be heard and answered
when wished on the morning star?
Somebody thought of that and someone believed it:
And look what it's done so far!

What's so amazing that keeps us star gazing?
What so we think we might see?

Someday we'll find it - the Rainbow Connection,
the lovers, the dreamers and me...


Ich fand den Song auf Sarah McLachlans Compilation "Rarities, B-Sides and Other Stuff 2" (2008) wieder, in einer Version, die ich noch nicht kannte. Nebenbei gesagt versöhnt mich der Kauf der Scheibe auch wieder ein bisschen mit ihr, nach "Wintersong" (grusel) und "Closer" (muss das?) endlich wieder ein bisschen Stimme und echte Musik und kein Fahrstuhlmusikeinheitssamplebrei.
Ich sah nach dem Text von Rainbow Connection und fand heraus, dass es ein Muppet-Song ist, geschrieben von Paul Williams and Kenneth Ascher und in der Ursprungsversion gesungen von Kermit the Frog (= Jim Henson) in "The Muppet Movie" 1979 (!). Irgendwie hübsch, wenn man bedenkt, wie oft der Song inzwischen gecovert wurde.

Sunday, December 07, 2008

A Bitter Song

I ask myself - will there ever be a second album? It is there, yet, one can't have it.

A bitter Song

All I need is a bitter song to make me better. Much better.
All I need to write is a bitter song to make me better. Much better.

It found me to hold me, but I don't like it at all.
Won't feed it, won't grow it, it's folded in my stomach.

It's not fair, I found love.
It made me say that.
Get Back you'll never see daylight,
If I'm not strong which is why

All I need is a bitter song, to make me better. Much better.
All I need to write is a bitter song to make me better.
I feel better, I feel better.

Advent 2



Lied im Advent

Immer ein Lichtlein mehr
im Kranz, den wir gewunden,
daß er leuchte uns so sehr
durch die dunklen Stunden.

Zwei und drei und dann vier!
Rund um den Kranz welch ein Schimmer,
und so leuchten auch wir,
und so leuchtet das Zimmer.

Und so leuchtet die Welt
langsam der Weihnacht entgegen.
Und der in Händen sie hält,
weiß um den Segen!

Matthias Claudius (1740-1815),
bekannteste Werke: Der Mond ist aufgegangen!, 's ist Krieg

Reamonn

Beim Blättern durch diverse Web-Rezensionen der Band und des neuen Albums kommt immer wieder dabei heraus, dass Reamonn irgendwo zwischen Rock und Pop und im Mainstream hängenbleiben und den Weg zur echten Indie- oder Rockband nie konsequent verfolgen.
Ist das jetzt ein Problem?
Nö.
Vielleicht bin ich auch immer mal wieder Mainstream genug, um es zu mögen - mir gefällt Reamonn. Nur weil die Jungs auch gute Chartplatzierungen erhalten und von "Supergirl" (2000) über "Tonight" (2006) bis hin zu "Through the Eyes of a Child" (2008) Ohrwürmer produzieren, muss man sie ja nicht von der privaten Playlist verbannen...
"...Can't you see that I'm free?
Like a bird in the sky,
Gonna watch you from a distance
Gotta watch you from way up high
Can't you see I'm in love?
That's where I learned to fly
I was young and it was easier

And now it's just a lie..."
from "Free Like A Bird", from the album Reamonn, 2008.

Saturday, December 06, 2008

At that particular time

...I've always wanted for you what you've wanted for yourself
and yet I wanted to save us high water or hell
and I kept on ignoring the ambivalence you felt
and in the meantime I lost myself
in the meantime I lost myself
I'm sorry I lost myself - I am

you knew you needed more time time spent alone with no distraction
you felt you needed to fly solo and high to define what you wanted
at that particular love encouraged me to leave
at that particular moment I knew staying with you meant deserting me
that particular month was harder than you'd believe but I still left
at that particular time
Alanis Morissette, That Particular Time, from the album Under Rug Swept, 2002.
Franz Marc, Kämpfende Formen, 1914.

Friday, December 05, 2008

Advent



Blinkend
die Lichter
in den Fenstern
Sie schreien mir entgegen
„Advent!“

Schimmernd
die Kerze
in meinem Fenster
Ich träume von Stille
Advent.

Banana Yoshimoto: Dornröschenschlaf


Japanische Autoren bleiben irgendwie immer ein wenig fremd.
Ich kann nicht genau sagen, woran das liegt, aber so ganz verstehe ich die Emotionen, die Beweggründe, die Handlungsweisen der Charaktere nie.
Ging mir bei "Dornröschenschlaf" auch so, ich bin mir auch nicht sicher, ob es einen bleibenden Eindruck hinterlassen wird. Anna Thalbach liest es aber überzeugend - und man soll sich ja auch immer mal wieder Neuem und Ungewohntem aussetzen... 

Banana Yoshimoto: Dornröschenschlaf, gelesen von Anna Thalbach, Süddeutsche Zeitung, Bibliothek der Erzähler 4, 2006.

Monday, December 01, 2008