Sunday, December 28, 2008

Alan Bennett - Die souveräne Leserin


"...aber informieren ist nicht gleich Lesen. Es ist im Grunde sogar der Gegenpol des Lesens. Information ist kurz, bündig und sachlich. Lesen ist ungeordnet, diskursiv und eine ständige Einladung. Information schließt ein Thema ab, Lesen eröffnet es." (S.22)
Neulich bekam ich den Newsletter der Wagenbach Verlags, in dem die Verantwortlichen sich ganz offen über ihren Erfolg mit Alan Bennetts kleine Geschichte "Die souveräne Leserin" freuten und dabei erwähnten, sie hätten noch nie einen Bestseller gehabt. Immerhin ist der Band auch diese Woche noch Platz 10 auf der Spiegel-Liste.
Das Buch ist aber auch einfach schön in jeder Hinsicht:
  1. Es ist in Wagenbachs Salto-Reihe erschienen, also in rotem Leineneinband im Quartformat. Eingeprägter Titel plus Foto: Visuelles und haptisches Vergnügen!
  2. Es ist wunderbar flüssig geschrieben, leicht zu lesen, dialogische und erzählende Passagen wechseln sich ab und man freut sich einfach an der Sprache (trotz Übersetzung).
  3. Inhaltlich schmunzelt man über die Darstellung der Queen, die die Protagonisten der Geschichte ist, man erfährt, wie sie ihre Verpflichtungen wahrnimmt, sei es nun der Besuch einer Schuhfabrik oder das wöchentliche Treffen mit dem Premierminister, während gleichzeitig die Steifheit ihrer ganzen Rolle reflektiert wird. Nichts ist natürlich an dem, was wir von der Queen sehen - die Queen von Bennett dagegen ist einfach vollkommen liebenswert und man hat sie von der ersten Seite an gern.
  4. Die Queen beginnt zum großen Entsetzen ihres Stabs und nahezu aller Personen um sie herum zu lesen. Lesen als Krankheit, als übler Einfluss. Plötzlich kommt sie hier und da zu spät, vernachlässigt ihre Pflichten in der Art, dass sie manchmal an zwei aufeinander folgenden Tagen die gleichen Ohrringe trägt. (Man gerät beim Lesen immer wieder ins Kichern über das absurde Entsetzen ihrer Umgebung!) Gleichzeitig flößt Bennett ihr wunderschöne Gedanken über Bücher, Lesen, Literatur und schließlich auch das Schreiben ein, so dass man als bibliophiler Mensch gerührt aufseufzt.
Es ist das zweite Buch, das ich von Bennett gelesen habe, auch "Cosi fan tutte" fand ich großartig, aber dieses hier ist unbedingt empfehlenswert.
Es ist wohl so, wie das Intro auf der Site des Wagenbach Verlags sagt:
"Eines hilft immer: Lesen."
 Alan Bennett, Die souveräne Leserin, Berlin 2008.

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