Gone Girl von Gillian Flynn hat einige Preise abgeräumt in 2012 und 2013. Es ist die Geschichte der misslungenen Ehe von Nick und Amy. Abwechselnd erzählen beide ihre Sichtweise ihrer Beziehung, dabei wird schon in den ersten Kapiteln klar, dass ihre Wahrnehmung kaum der Wirklichkeit entsprechen kann, es wird gelogen und manipuliert und getäuscht und verschwiegen, was das Zeug hält.
An ihrem fünften Hochzeitstag verschwindet Amy, im Haus finden sich Spuren von Gewalt, Nick verheimlicht Dinge und wird bald von der Polizei verdächtigt. Amys Tagebuch scheint zunächst in die gleiche Richtung zu deuten, allerdings wird schnell klar, dass doch alles noch ganz anders sein muss...
Prinzipiell ist die Idee des Romans nicht schlecht: Zwei sehr besondere Charaktere, die mit jeweils komplexen Lebensgeschichten in einer Beziehung aufeinandertreffen und nicht wissen, wie sie miteinander, aber auch nicht, wie sie ohne einander leben sollen. Das mysteriöse Verschwinden und eine Rätselspur von Amy sind ebenfalls vielversprechende Elemente, die gleich zu Beginn Spannung aufbauen. Auch die Wendungen des Plots sind gut konstruiert.
Bereits nach etwa einem Drittel des Romans hatte ich den Eindruck in die Fänge von zwei Soziopathen geraten zu sein, beide fürchterlich unsympathisch, voller Gewaltphantasien und - für mich - ohne Möglichkeit der Identifikation. Zwar tat das der Spannung der Geschichte keinen Abbruch, natürlich will man wissen, wie es weitergeht in diesem Albtraum, aber ein Unbehagen begleitet den Leser, zumal auch alle anderen Charaktere unsympathisch wirken oder flach bleiben. Es ist keine Rettung in Sicht, und wer auf ein erlösendes, gerechtes Ende wartet, wird massiv enttäuscht und das ist der schlimmste Aspekt des Buches. Am Schluss ist nichts geklärt, die Soziopathen laufen frei herum, kein Happy End, noch nicht einmal die Aussicht auf irgendeine Form von Gerechtigkeit.
Ich habe nichts gegen offene Enden, aber so bitte nicht. Das ist mir doch zu schwarz.
Gillian Flynn, Gone Girl. Argon 2013.
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