Das im Titel genannte Aquarium befindet sich in Seattle und in dieses geht die 12jährige Caitlin jeden Tag nach der Schule, bis ihre Mutter sie nach der Arbeit abholen kann. Dort lernt Caitlin einen älteren Mann kennen, mit dem sie sich intensiv über die Fische und ihre Welt austauscht - die beiden werden Freunde.
Ansonsten hat Caitlin nur ihre Mutter, keine weitere Familie, und ihre beste Freundin Shalini. Ihre Mutter arbeitet hart in den Docks von Seattle, dennoch leben Mutter und Tochter am Rande des Existenzminimums, über ihre Vergangenheit und die Familiengeschichte schweigt die Mutter beharrlich. Doch die Verschwiegenheit zerbricht jäh, als sich herausstellt, dass der ältere Mann aus dem Aquarium Caitlins Großvater ist. Die Mutter versucht alles, um eine Beziehung zu unterbinden, greift zu drastischen Mitteln. Ihr Freund Steve kann etwas vermitteln und auch Caitlin gibt nicht auf, so dass sich nach dramatischen Ereignissen schließlich alles doch - vielleicht nicht zum Guten - aber zum Besseren wendet.
Aquarium berichtet von Schuld und Vergebung, von ungewöhnlicher Libe und dem tiefen Bedürfnis nach Versöhnung, selbst wo sie unmöglich scheint, weil die Verletzungen so tief reichen. Dabei bleibt die Schilderung der Ereignisse stets glaubhaft und nicht zu emotional, trotz der tiefen Gefühle, die Caitlin vorantreiben. Die Bewohner des Aquarims bieten Reflexionsfläche für menschliches Verhalten und ihre Beziehungen zur Außenwelt. Bizarres und Schönes koexistieren und bedingen einander dabei. So erlebt Caitlin tiefe Verletzungen durch die unkontrollierte Wut ihrer Mutter, die sie mit einbezieht, weil sie den Großvater in ihrem Leben will, gleichzeitig erblüht ihre emotionale und physische Liebe zu Shalini, mit der die Mutter ebenso wenig zurechtkommt.
Ein höchst dramatisches, emotional aufwühlendes Buch mit ungewöhnlichen Charakteren und Beziehungen, auch sprachlich sehr gelungen, die Zeitsprünge der Ich-Erzählerin gerade so eingestreut, dass klar wird, dass hier zum Teil auch reflektiert, aber dennoch mit großer Gefühlsdichte erzählt wird. Mein persönliches Fazit: Mehr von David Vann lesen!
David Vann, Aquarium. Suhrkamp, Berlin 2016.
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