Schuld von Patricia Cornwell ist als siebter Fall einer der früheren Fälle um Dr. Kay Scarpetta, Pete Morino und ihrer Nichte Lucy.
Hier ist Kay noch Chief Medical Examiner von Virginia und sie vertritt Ende Dezember einen ihrer lokalen Leichenbeschauer und wohnt der Einfachheit halber in dessen Haus.
Scarpetta wird zu einem Schiffsfriedhof der Navy gerufen, um eine Leiche zu bergen. Die Reaktionen der Verantwortlichen vor Ort, allen voran der zuständige Ermittler, sind befremdlich und so wundert es kaum, wenn Kay sich durch auf dem Grundstück umherschleichende Menschen und zerstochene Autoreifen bedroht fühlt. Sie hat mal wieder in ein Wespennest gestochen und ihr ganzes Team inklusive einem frisch geschiedenen Benton muss alles geben, um die Katastrophe zu verhindern: Ein fanatischer Sektenführer besetzt ein Atomkraftwerk, um radioaktives Material für die Waffen eines U-Boots zu erbeuten! Man muss Cornwell lassen, dass sie es halbwegs hinbekommt, diesen James Bond würdigen absurden Plot, plausibel erscheinen zu lassen. Die Protagisten sind in Schuld zwar noch unverbrauchter, aber man erkennt schon leicht ängstlich die unangenehmen Seiten ihrer Charaktere. Das Verhältnis von Lucy und Kay ist auch hier schon schwierig gezeichnet, ohne dass man so recht erkennen kann, wo eigentlich das Problem liegt. Halt, möchte man rufen, nicht weiter, von hier an geht es nur noch bergab. Wiedergesehen.
Patricia Cornwell, Schuld. Hoffmann und Campe 2013.
Friday, March 30, 2018
Wednesday, March 28, 2018
Sherman Alexie - Tagebuch eines Teilzeitindianers
Sherman Alexie schrieb Das absolut wahre Tagebuch eines Teilzeitindianers auf der Basis seiner eigenen Jugend. Genau wie der Autor lebt der Protagonist Arnold "Junior" Spirit in einem Reservat der Spokane-Indianer im Staat Washington. Nach Konflikten an der Reservatsschule und der Erkenntnis, dass er eine andere Ausbildung braucht, um aus den schwierigen Zuständen des Reservats zu entkommen. Er beschließt, die 30 km entfernte Schule in Reardon zu besuchen, wo er als einziger Indianer aus der Masse der weißen heraussticht. Er schafft es trotz des widrigen Umstände und dem Misstrauen, das ihm entgegenschlägt, sich den Respekt der Mitschüler zu verschaffen. Leider gerät er dadurch in Konflikt mit seinem Stamm, die ihn nun schneiden, weil er ihnen den Rücken gekehrt hat, und auch das Verhältnis zu seinem besten Freund leidet darunter.
Was zunächst wie ein humoristischer, episodenhafter Jugendroman beginnt, gespickt mit kleinen Anekdoten und viel Selbstironie, wird im Verlauf zu einer immer ernsthafteren Auseinandersetzung mit der Situation der Reservatsindianer. Dabei ist Arnold nicht anklagend, analysiert aber mit scharfem Blick die Stärken und Schwächen seines durch Armut und Chancenlosigkeit gebeutelten Stammes. Mit ihm zusammen erleben wir den Verlust gleich mehrerer naher Verwandter und Freunde, alle diese Todesfälle haben mit Alkoholismus zu tun. Arnold sieht sich darin bestärkt, dass er sich nicht durch seine angeborene Identität zurückhalten lassen will und nicht aus einem falschen Ehrgefühl heraus auf Bildung und die Chance auf ein besseres Leben verzichten will. So versucht er seinen Weg zu gehen, auch wenn er weiß, dass er damit andere verletzen kann und wird.
Das absolut wahre Tagebuch eines Teilzeitindianers ist weit mehr als der erste Leseeindruck, Titel und auch Klappentext vermitteln. Natürlich ist es eine Coming-of-Age Story, natürlich versucht Arnold, seine Schwierigkeiten mit Witz und Selbstironie zu verpacken, aber seine starke Beobachtungsgabe, ungemeine Willensstärke und die Toleranz für andere Menschen, die er auf seinem Weg beweist, lassen ihn zu einem weitaus interessanterem Charakter werden, als man zunächst annimmt. Es ist ein Buch, das zu Recht zahlreiche Auszeichnungen gewonnen hat.
Sherman Alexie - Das absolut wahre Tagebuch eines Teilzeitindianers. HörCompany 2016.
Was zunächst wie ein humoristischer, episodenhafter Jugendroman beginnt, gespickt mit kleinen Anekdoten und viel Selbstironie, wird im Verlauf zu einer immer ernsthafteren Auseinandersetzung mit der Situation der Reservatsindianer. Dabei ist Arnold nicht anklagend, analysiert aber mit scharfem Blick die Stärken und Schwächen seines durch Armut und Chancenlosigkeit gebeutelten Stammes. Mit ihm zusammen erleben wir den Verlust gleich mehrerer naher Verwandter und Freunde, alle diese Todesfälle haben mit Alkoholismus zu tun. Arnold sieht sich darin bestärkt, dass er sich nicht durch seine angeborene Identität zurückhalten lassen will und nicht aus einem falschen Ehrgefühl heraus auf Bildung und die Chance auf ein besseres Leben verzichten will. So versucht er seinen Weg zu gehen, auch wenn er weiß, dass er damit andere verletzen kann und wird.
Das absolut wahre Tagebuch eines Teilzeitindianers ist weit mehr als der erste Leseeindruck, Titel und auch Klappentext vermitteln. Natürlich ist es eine Coming-of-Age Story, natürlich versucht Arnold, seine Schwierigkeiten mit Witz und Selbstironie zu verpacken, aber seine starke Beobachtungsgabe, ungemeine Willensstärke und die Toleranz für andere Menschen, die er auf seinem Weg beweist, lassen ihn zu einem weitaus interessanterem Charakter werden, als man zunächst annimmt. Es ist ein Buch, das zu Recht zahlreiche Auszeichnungen gewonnen hat.
Sherman Alexie - Das absolut wahre Tagebuch eines Teilzeitindianers. HörCompany 2016.
Tuesday, March 27, 2018
Sylvia Plath - Die Glasglocke
1963 erschien der autobiographisch gefärbte Roman Die Glasglocke von Sylvia Plath.
Er erzählt die Geschichte von Esther Greenwood, die nach einem Praktikum bei einem New Yorker Magazin zunehmend psychisch erkrankt. Sie fühlt sich den Ansprüchen und Möglichkeiten, die das Leben ihr bietet, nicht gewachsen, ihre Beziehungen erscheinen ihr hohl und tragen sie nicht. Vor allem die Idee eines typisch weiblichen Lebenswegs als Ehefrau und Mutter erschreckt sie und wird von ihr abgelehnt. Als sie den von ihr zunächst angestrebten Schreibkurs im Anschluss an das Praktikum nicht machen kann und statt dessen wieder zuhause bei ihrer Mutter wohnt, verschlechtert sich ihr mentaler Zustand, sie leidet unter Schlafstörungen, wird depressiv und unternimmt schließlich einen Selbstmordversuch. Den Gepflogenheiten der 60er Jahre entsprechend wird sie unter anderem mit Elektroschocktherapie behandelt. Nach einem längeren Klinikaufenthalt tritt sie am Ende des Romans schließlich vor ein Ärztegremium, das darüber entscheiden soll, ob sie geheilt entlassen werden kann.
Viele der im Roman geschilderten Erfahrungen finden nahezu identische Parallelen in Sylvia Plaths Leben. Zusammen mit der Protagonistin rutscht der Leser immer weiter abwärts auf der Depressionsspirale. Während Esther zunächst noch mit zynisch-kritischem Blick auf die artifizielle New Yorker Mode- und Lifestyleszene blickt, ihre Zukunft skeptisch hinterfragt und das Konstrukt der Ehe und das Frauenbild der Zeit schonungslos enttarnt, gerät sie zunehmend in einen Sog aus Selbstzweifel. Wenn sie ihren Platz in der Welt nicht finden kann, keine Orientierung hat, so bleibt ihr schließlich nur der Weg aus dem Leben, der Selbstmord als logischer Schluss. Drastisch und schlichtweg düster sind die Schilderungen des therapeutischen Teils des Romans und nur zögernd mag man am Ende hoffen, dass sich Esther auf dem Weg der Besserung und zurück in ein lebenswertes Leben befindet - gibt doch die Therapie und das Verhalten der Ärzte wenig Anlass zur Hoffnung - noch weniger vor dem Hintergrund, dass sich die Autorin bei einer erneuten depressiven Episode nur wenige Monate nach dem Erscheinen des Romans selbst umbrachte.
Trotz aller Düsternis - oder auch gerade deswegen - ist Die Glasglocke ein dichtes Werk mit vielen auch heute noch zum Nachdenken anregenden Ideen und beeindruckenden Bildern. Es ist ein unbedingt empfehlenswerter Klassiker.
Sylvia Plath, Die Glasglocke. Suhrkamp, Berlin 2013.
Er erzählt die Geschichte von Esther Greenwood, die nach einem Praktikum bei einem New Yorker Magazin zunehmend psychisch erkrankt. Sie fühlt sich den Ansprüchen und Möglichkeiten, die das Leben ihr bietet, nicht gewachsen, ihre Beziehungen erscheinen ihr hohl und tragen sie nicht. Vor allem die Idee eines typisch weiblichen Lebenswegs als Ehefrau und Mutter erschreckt sie und wird von ihr abgelehnt. Als sie den von ihr zunächst angestrebten Schreibkurs im Anschluss an das Praktikum nicht machen kann und statt dessen wieder zuhause bei ihrer Mutter wohnt, verschlechtert sich ihr mentaler Zustand, sie leidet unter Schlafstörungen, wird depressiv und unternimmt schließlich einen Selbstmordversuch. Den Gepflogenheiten der 60er Jahre entsprechend wird sie unter anderem mit Elektroschocktherapie behandelt. Nach einem längeren Klinikaufenthalt tritt sie am Ende des Romans schließlich vor ein Ärztegremium, das darüber entscheiden soll, ob sie geheilt entlassen werden kann.
Viele der im Roman geschilderten Erfahrungen finden nahezu identische Parallelen in Sylvia Plaths Leben. Zusammen mit der Protagonistin rutscht der Leser immer weiter abwärts auf der Depressionsspirale. Während Esther zunächst noch mit zynisch-kritischem Blick auf die artifizielle New Yorker Mode- und Lifestyleszene blickt, ihre Zukunft skeptisch hinterfragt und das Konstrukt der Ehe und das Frauenbild der Zeit schonungslos enttarnt, gerät sie zunehmend in einen Sog aus Selbstzweifel. Wenn sie ihren Platz in der Welt nicht finden kann, keine Orientierung hat, so bleibt ihr schließlich nur der Weg aus dem Leben, der Selbstmord als logischer Schluss. Drastisch und schlichtweg düster sind die Schilderungen des therapeutischen Teils des Romans und nur zögernd mag man am Ende hoffen, dass sich Esther auf dem Weg der Besserung und zurück in ein lebenswertes Leben befindet - gibt doch die Therapie und das Verhalten der Ärzte wenig Anlass zur Hoffnung - noch weniger vor dem Hintergrund, dass sich die Autorin bei einer erneuten depressiven Episode nur wenige Monate nach dem Erscheinen des Romans selbst umbrachte.
Trotz aller Düsternis - oder auch gerade deswegen - ist Die Glasglocke ein dichtes Werk mit vielen auch heute noch zum Nachdenken anregenden Ideen und beeindruckenden Bildern. Es ist ein unbedingt empfehlenswerter Klassiker.
Sylvia Plath, Die Glasglocke. Suhrkamp, Berlin 2013.
Sunday, March 25, 2018
Camilla Läckberg - Die Schneelöwin
Die Schneelöwin ist der 9. Fall in der Fjällbäcka Serie von Camilla Läckberg. Das Audiobook erlaubt sich verschiedene Sprecherinnen für die verschiedenen Frauenstimmen, nett, aber nicht unbedingt ein dringend benötigtes Feature.
In Fjallbäcka und Umgebung verschwinden junge Mädchen, eines davon taucht plötzlich auf einer Landstraße auf, nur um dort von einem Auto angefahren zu werden und im Krankenhaus an ihren Verletzungen zu sterben, einige davon stammen von den Misshandlungen ihres Entführers.
Das Polizistenteam von Fjällbäcka nimmt die Ermittlungen auf, Erica Falck schreibt derweil an einem Buch über einen Fall aus den 70er Jahren, bei dem ein junges Mädchen von den eigenen Eltern in einem Keller gefangen gehalten wurde, weil sie mit den soziopathischen Verhaltensweisen des Kindes nicht anders umzugehen wissen. Die Mutter des Kindes sitzt immer noch im Gefängnis für die Ermordung ihres Ehemanns. In Rückblenden wird zwischendurch von den Geschehnissen damals berichtet, die - wie könnte es anders sein - mit den aktuellen Entführungsfällen zusammenhängen - wenngleich der Leser vor der Aufklärung natürlich noch auf die ein oder andere falsche Fährte gelockt wird.
Nun weiß ich wieder, warum ich eigentlich Abstand von der Serie nehmen wollte - hat man einen gelesen, hat man alle gelesen. Der Aufbau ist derartig schematisch, dass selbst die Überraschungsmomente vorhersehbar sind. Gruseliger Fall mit psychopatischem Täter, Recherche in der Vergangenheit, Erica und ihr Heurekamoment, kurze Eskapade, in der sie selbst versucht, alle zu retten und den Täter zu fassen (auch wenn sie nie darüber nachdenkt, wie sie das anstellen soll), Scheitern beim Versuch, Rettung durch Ehemann/Polizei, Epilog über die tieferen Zusammenhänge, Ende.
Heißt nicht, dass es nicht einen gewissen Unterhaltungswert hat, aber so richtige Spannung und Lesefreude kommt nicht auf. Ich lasse es dann mal wieder für eine Weile.
Camilla Läckberg, Die Schneelöwin. HörbuchHamburg 2016.
#1 Die Eisprinzessin schläft
#2 Der Prediger von Fjällbacka
#3 Die Töchter der Kälte
#4 Die Totgesagten
#5 Engel aus Eis
#6 Meerjungfrau
#7 Der Leuchtturmwärter
#8 Die Engelmacherin
#9 Die Schneelöwin
#10 Die Eishexe
In Fjallbäcka und Umgebung verschwinden junge Mädchen, eines davon taucht plötzlich auf einer Landstraße auf, nur um dort von einem Auto angefahren zu werden und im Krankenhaus an ihren Verletzungen zu sterben, einige davon stammen von den Misshandlungen ihres Entführers.
Das Polizistenteam von Fjällbäcka nimmt die Ermittlungen auf, Erica Falck schreibt derweil an einem Buch über einen Fall aus den 70er Jahren, bei dem ein junges Mädchen von den eigenen Eltern in einem Keller gefangen gehalten wurde, weil sie mit den soziopathischen Verhaltensweisen des Kindes nicht anders umzugehen wissen. Die Mutter des Kindes sitzt immer noch im Gefängnis für die Ermordung ihres Ehemanns. In Rückblenden wird zwischendurch von den Geschehnissen damals berichtet, die - wie könnte es anders sein - mit den aktuellen Entführungsfällen zusammenhängen - wenngleich der Leser vor der Aufklärung natürlich noch auf die ein oder andere falsche Fährte gelockt wird.
Nun weiß ich wieder, warum ich eigentlich Abstand von der Serie nehmen wollte - hat man einen gelesen, hat man alle gelesen. Der Aufbau ist derartig schematisch, dass selbst die Überraschungsmomente vorhersehbar sind. Gruseliger Fall mit psychopatischem Täter, Recherche in der Vergangenheit, Erica und ihr Heurekamoment, kurze Eskapade, in der sie selbst versucht, alle zu retten und den Täter zu fassen (auch wenn sie nie darüber nachdenkt, wie sie das anstellen soll), Scheitern beim Versuch, Rettung durch Ehemann/Polizei, Epilog über die tieferen Zusammenhänge, Ende.
Heißt nicht, dass es nicht einen gewissen Unterhaltungswert hat, aber so richtige Spannung und Lesefreude kommt nicht auf. Ich lasse es dann mal wieder für eine Weile.
Camilla Läckberg, Die Schneelöwin. HörbuchHamburg 2016.
#1 Die Eisprinzessin schläft
#2 Der Prediger von Fjällbacka
#3 Die Töchter der Kälte
#4 Die Totgesagten
#5 Engel aus Eis
#6 Meerjungfrau
#7 Der Leuchtturmwärter
#8 Die Engelmacherin
#9 Die Schneelöwin
#10 Die Eishexe
Thursday, March 22, 2018
Tess Gerritsen - In der Schwebe
In der Schwebe von Tess Gerritsen handelt von einer mysteriösen Epidemie die auf der internationalen Weltraumstation ISS ausbricht. Ein Experiment verhält sich auffällig, aber bevor es vernichtet werden kann, erkranken und sterben zunächst einige Versuchstiere, dann entwickelt der erste Astronaut Symptome. An Bord ist die Medizinwissenschaftlerin Emma Watson, doch auch sie kann die Effekte, die dieser seltsame Erreger auf die Menschen an Bord hat, nicht aufhalten. Der Rettungsversuch der NASA scheitert auf bittere Weise und nun schalten sich das Militär und das weiße Haus ein.
Zusammen mit Emma im All und ihrem (noch) Ehemann Jack auf der Erde gerät der Leser in einen Wettlauf mit der Zeit, um die Zusammenhänge und den Ursprung der Katastrophe auszumachen und ein Gegenmittel zu finden.
Wie gewohnt schildert Tess Gerritsen starke Protagonisten und räumt auch den Nebenfiguren genügend Raum ein, um interessant zu sein. Das Setting ist ungewöhnlich und fesselnd, gerade wenn man nicht allzu viel über Raumfahrt und die Abläufe auf einer Raumstation weiß. Wie glaubhaft oder realistisch diese Schilderungen sind, kann ich hingegen nicht beurteilen, allerdings beruft sich die Autorin auf eine mehrere Monate dauernde Recherche.
Der Anlass, wegen dem sie darauf auf ihrer Website darauf hinweist, ist allerdings eher unerfreulich: Im Jahr 1999, also im gleichen Jahr der Erstveröffentlichung von Gravity, so der Originaltitel, verkaufte Gerritsen die Filmrechte an New Line Productions, einer Filmproduktionsfirma, die 2008 vom Branchenriesen Warner Bros aufgekauft wurde. Während der ursprünglich geplante Film nicht umgesetzt wurde, lief Gravity schließlich 2913 in den Kinos an, die Regie hatte Alfonso Cuarón, die Hauptrollen waren besetzt mit Sandra Bullock und George Clooney. Der Film war recht erfolgreich und gewann 2014 zwei Oskar für Schnitt und Regie. Prima, denkt man, wie schön für Tess Gerritsen.
Aber die Autorin sah für das Projekt nicht einen Dollar! Trotz des Vertrags, den sie mit NLP geschlossen hatte, und obwohl der gleiche Regisseur für das Projekt vorgesehen war, behauptet Warner Bros, es wäre ein völlig unabhängiges Projekt. Betrachtet man die offensichtlichen Parallelen - nicht zuletzt der Titel! - ist dies schon eine wahrhaft peinliche Behauptung. Der Prozess um die vollständige Aufklärung der Zusammenhänge läuft noch...
Der Roman ist definitiv lesenswert und hält einen langen Spannungsbogen - vor dem Hintergrund kann dann auch der Hollywoodstreifen mit einem anderen Blick betrachtet werden. Ich würde Gerritsen jedenfalls ihren Anteil an den 700.000 Dollar gönnen, den der Film eingespielt hat.
Tess Gerritsen, In der Schwebe. RandomHouse Audio 2012.
Zusammen mit Emma im All und ihrem (noch) Ehemann Jack auf der Erde gerät der Leser in einen Wettlauf mit der Zeit, um die Zusammenhänge und den Ursprung der Katastrophe auszumachen und ein Gegenmittel zu finden.
Wie gewohnt schildert Tess Gerritsen starke Protagonisten und räumt auch den Nebenfiguren genügend Raum ein, um interessant zu sein. Das Setting ist ungewöhnlich und fesselnd, gerade wenn man nicht allzu viel über Raumfahrt und die Abläufe auf einer Raumstation weiß. Wie glaubhaft oder realistisch diese Schilderungen sind, kann ich hingegen nicht beurteilen, allerdings beruft sich die Autorin auf eine mehrere Monate dauernde Recherche.
Der Anlass, wegen dem sie darauf auf ihrer Website darauf hinweist, ist allerdings eher unerfreulich: Im Jahr 1999, also im gleichen Jahr der Erstveröffentlichung von Gravity, so der Originaltitel, verkaufte Gerritsen die Filmrechte an New Line Productions, einer Filmproduktionsfirma, die 2008 vom Branchenriesen Warner Bros aufgekauft wurde. Während der ursprünglich geplante Film nicht umgesetzt wurde, lief Gravity schließlich 2913 in den Kinos an, die Regie hatte Alfonso Cuarón, die Hauptrollen waren besetzt mit Sandra Bullock und George Clooney. Der Film war recht erfolgreich und gewann 2014 zwei Oskar für Schnitt und Regie. Prima, denkt man, wie schön für Tess Gerritsen.
Aber die Autorin sah für das Projekt nicht einen Dollar! Trotz des Vertrags, den sie mit NLP geschlossen hatte, und obwohl der gleiche Regisseur für das Projekt vorgesehen war, behauptet Warner Bros, es wäre ein völlig unabhängiges Projekt. Betrachtet man die offensichtlichen Parallelen - nicht zuletzt der Titel! - ist dies schon eine wahrhaft peinliche Behauptung. Der Prozess um die vollständige Aufklärung der Zusammenhänge läuft noch...
Der Roman ist definitiv lesenswert und hält einen langen Spannungsbogen - vor dem Hintergrund kann dann auch der Hollywoodstreifen mit einem anderen Blick betrachtet werden. Ich würde Gerritsen jedenfalls ihren Anteil an den 700.000 Dollar gönnen, den der Film eingespielt hat.
Tess Gerritsen, In der Schwebe. RandomHouse Audio 2012.
Wednesday, March 21, 2018
Tuesday, March 20, 2018
Sunday, March 18, 2018
Tove Jansson - Fair Play
Fair Play von Tove Jansson erzählt die Geschichte zweier Künstlerinnen, Jonna und Mari. Sie sind Malerinnen, Schriftstellerinnen, Bildhauerinnen und Regisseurinnen. Sie leben zusammen in einer Dachwohnung, ihre Ateliers mit einem Gang verbunden, in der Mitte die Küche. Im Sommer leben sie, wie die Autorin auch, auf einer kleinen Schäreninsel. Sie reisen, sie zweifeln an ihrer Kunst, sie unterstützen sich, sie kritisieren und streiten sich. Ob sie ein Liebespaar sind, ist nicht relevant.
In sehr kurzen Erzählungen, eher Momentaufnahmen von Gesprächen und Begegnungen, zeichnet Tove Jansson diese spannende Beziehung zweier außergewöhnlicher Frauen. Im alltäglichen verstecken sich Weisheiten und Erkenntnisse.
Gleichzeitig ist einiges von absurder Komik: So erhält Mari einmal einen Brief einer verzweifelten Frau, die von ihr den Sinn der Lebens wissen will. "Und es eilt, sagt sie." Jonne macht verschiedene Vorschläge, was Mari ihr doch antworten soll, um Ruhe zu haben, so als wären alles mögliche Antworten: Sie soll schreiben, sie wisse es nicht. Sie soll schreiben, Liebe. " - könnte man ihr nicht das mit dem Ganz-einfache-Dinge-Erleben schreiben..." Sie soll ihr endlich schreiben, "damit das erledigt ist."
Der autobiographische Bezug ist deutlich, so war Janssons intensive Beziehung zu ihrer Partnerin Tuulikki Pietilä künstlerisch ähnlich fruchtbar wie die ihrer zwei Protagonistinnen und man kommt nicht umhin, sie darum zu beneiden, welch tiefen Gefühle unter einer Schale von Plänkeleien und Alltagsproblemen verborgen sind. Ein kleines feines Buch.
Tove Jansson, Fair Play. Urachhaus, Stuttgart 2014.
In sehr kurzen Erzählungen, eher Momentaufnahmen von Gesprächen und Begegnungen, zeichnet Tove Jansson diese spannende Beziehung zweier außergewöhnlicher Frauen. Im alltäglichen verstecken sich Weisheiten und Erkenntnisse.
Gleichzeitig ist einiges von absurder Komik: So erhält Mari einmal einen Brief einer verzweifelten Frau, die von ihr den Sinn der Lebens wissen will. "Und es eilt, sagt sie." Jonne macht verschiedene Vorschläge, was Mari ihr doch antworten soll, um Ruhe zu haben, so als wären alles mögliche Antworten: Sie soll schreiben, sie wisse es nicht. Sie soll schreiben, Liebe. " - könnte man ihr nicht das mit dem Ganz-einfache-Dinge-Erleben schreiben..." Sie soll ihr endlich schreiben, "damit das erledigt ist."
Der autobiographische Bezug ist deutlich, so war Janssons intensive Beziehung zu ihrer Partnerin Tuulikki Pietilä künstlerisch ähnlich fruchtbar wie die ihrer zwei Protagonistinnen und man kommt nicht umhin, sie darum zu beneiden, welch tiefen Gefühle unter einer Schale von Plänkeleien und Alltagsproblemen verborgen sind. Ein kleines feines Buch.
Mari hörte nicht so genau zu, ein abenteuerlicher Gedanke begann Form anzunehmen: die Möglichkeit eines ganz eigenen Alleinseins in Frieden und Erwartung, fast eine Art Jux, den man sich erlauben kann, wenn man mit Liebe gesegnet ist.
Tove Jansson, Fair Play. Urachhaus, Stuttgart 2014.
Thursday, March 15, 2018
Elisabeth Herrmann - Die siebte Stunde
In seinem zweiten Fall wird der nun nicht mehr im Kreis von Berlins Elite verkehrende Joachim Vernau zum Hilfslehrer gemacht. Die Jura-AG eines privaten Gymnasiums soll betreut werden. Doch die stellvertretende Direktorin, die ihn anstellt, sagt ihm nicht die ganze Wahrheit. Denn die Jugendlichen dieser Klasse verhalten sich ihm gegenüber äußerst misstrauisch. Bald findet er heraus, dass es im vergangenen Schuljahr einen mysteriösen tödlichen Unfall gegeben hat. Er versucht, mehr darüber zu erfahren, dies gelingt ihm aber nur nach und nach. Es geht um Rollenspiele und Vernau begibt sich in für ihn ungewohnte Kreise, um mehr zu erfahren.
In dieser Audiobook-Fassung sind scheinbar einige Nebenstränge Kürzungen zum Opfer gefallen, die humoristischen Begegnungen mit Vernaus Mutter, die im ersten Band für Abwechslung sorgten, kommen hier nicht vor. Auch nur ansatzweise erleben wir die Auseinandersetzung mit seiner Kanzleikollegin Marie-Luise.
Nach einigen Hörminuten wurde mir bewusst, dass ich die Verfilmung mit Jan Josef Liefers in der Hauptrolle von 2015 bereits gesehen hatte, so dass der Fall durch das Vorwissen einiges an Spannung verlor. Positiv ist zu bemerken, dass Elisabeth Herrmann eine komplett andere Thematik wählt als in Das Kindermädchen, das lässt auf weitere Abwechslung in den Folgebänden hoffen.
Elisabeth Herrmann, Die siebte Stunde. AudioMedia 2014.
Joachim Vernau:
#1 Das Kindermädchen
#2 Die 7. Stunde
#3 Die letzte Instanz
#4 Versunkene Gräber
#5 Totengebet
In dieser Audiobook-Fassung sind scheinbar einige Nebenstränge Kürzungen zum Opfer gefallen, die humoristischen Begegnungen mit Vernaus Mutter, die im ersten Band für Abwechslung sorgten, kommen hier nicht vor. Auch nur ansatzweise erleben wir die Auseinandersetzung mit seiner Kanzleikollegin Marie-Luise.
Nach einigen Hörminuten wurde mir bewusst, dass ich die Verfilmung mit Jan Josef Liefers in der Hauptrolle von 2015 bereits gesehen hatte, so dass der Fall durch das Vorwissen einiges an Spannung verlor. Positiv ist zu bemerken, dass Elisabeth Herrmann eine komplett andere Thematik wählt als in Das Kindermädchen, das lässt auf weitere Abwechslung in den Folgebänden hoffen.
Elisabeth Herrmann, Die siebte Stunde. AudioMedia 2014.
Joachim Vernau:
#1 Das Kindermädchen
#2 Die 7. Stunde
#3 Die letzte Instanz
#4 Versunkene Gräber
#5 Totengebet
Wednesday, March 07, 2018
Ken Follett - Das Fundament der Ewigkeit
Inzwischen habe ich so einige von Ken Folletts Romanen gelesen oder gehört, zuletzt die recht beeindruckende Jahrhunderttrilogie. Auch Die Säulen der Erde (1989 veröffentlicht) hat mich damals sehr fasziniert. Meine Erwartungen an den dritten Band um die Kathedrale von Kingsbridge waren dadurch vielleicht zu hoch angesetzt. Leider kann ich Das Fundament der Ewigkeit keine besonders gute Kritik geben.
Dabei sind prinzipiell alle Zutaten eines gelungenen Follett-Werkes vorhanden:
Ein historisches Setting, in dem sich der Autor gut auskennt, so dass er Wirklichkeit und Fiktion gut vermischt zu einem runden Ganzen machen kann. In diesem Fall ist es die Zeit von Elizabeth I, beginnend im Jahr 1558, Glaubenskriege zwischen Protestanten und Katholiken beschäftigen ganz Europa und beherrschen das politische Geschehen.
Dazu eine Liebesgeschichte zwischen zwei Personen, die doch nicht recht zueinander finden können und in einem andauernden Tanz umeinander bangen müssen.
Doch besonders letzteres geht nicht auf, die beiden liebenden Protagonisten bleiben als Charaktere flach und unterentwickelt, sie sind sogar seltsam emotionslos, als klar wird, dass ihre gemeinsamen Zukunftspläne scheitern (mehrmals). Gleichzeitig ist das politische Wirrwarr dieser Zeit komplex, Follett muss sich zahlreicher Charaktere bedienen, um das ganze in allen Facetten auszuleuchten. Diese vielen Figuren werden nicht alle so ausgearbeitet, dass man tatsächlich Anteil an ihrem Schicksal nimmt. Der Kreis der Handlung erstreckt sich über Frankreich, England und Spanien, es werden Gläubige beider Seiten ermordet und angezündet, das Schicksal der schottischen Königin Mary hineingewoben und auch der Kampf mit der spanischen Armada darf in seinem genauen Ablauf nicht fehlen. Das Schicksal der Kathedrale und des Ortes Kingsbridge bleibt hinter all diesem dramatischen Weltgeschehen weit zurück.
Man wird den Eindruck nicht los, dass sich Follett hier einmal historisch-inhaltlich zu viel aufgeladen hat und nicht mehr wie gewohnt erzählerisch elegant verpacken kann. Weite Passagen sind eine Nacherzählung der geschichtlichen Ereignisse und haben wenig Zusammenhalt im Roman, auch wenn wir der ein oder anderen Romanfigur, die Follett dies gerade miterleben lässt, über die Schulter schauen, eine wirklich persönliche Erzählperspektive wird es dadurch noch lange nicht.
Für den an der britischen Geschichte interessierten hat Das Fundament der Ewigkeit natürlich dennoch einiges zu bieten, auch wenn es rund um Elizabeth I sicherlich viele andere gute Romane und Verfilmungen gibt.
Ken Follett, Das Fundament der Ewigkeit. Lübbe Audio 2017.
Dabei sind prinzipiell alle Zutaten eines gelungenen Follett-Werkes vorhanden:
Ein historisches Setting, in dem sich der Autor gut auskennt, so dass er Wirklichkeit und Fiktion gut vermischt zu einem runden Ganzen machen kann. In diesem Fall ist es die Zeit von Elizabeth I, beginnend im Jahr 1558, Glaubenskriege zwischen Protestanten und Katholiken beschäftigen ganz Europa und beherrschen das politische Geschehen.
Dazu eine Liebesgeschichte zwischen zwei Personen, die doch nicht recht zueinander finden können und in einem andauernden Tanz umeinander bangen müssen.
Doch besonders letzteres geht nicht auf, die beiden liebenden Protagonisten bleiben als Charaktere flach und unterentwickelt, sie sind sogar seltsam emotionslos, als klar wird, dass ihre gemeinsamen Zukunftspläne scheitern (mehrmals). Gleichzeitig ist das politische Wirrwarr dieser Zeit komplex, Follett muss sich zahlreicher Charaktere bedienen, um das ganze in allen Facetten auszuleuchten. Diese vielen Figuren werden nicht alle so ausgearbeitet, dass man tatsächlich Anteil an ihrem Schicksal nimmt. Der Kreis der Handlung erstreckt sich über Frankreich, England und Spanien, es werden Gläubige beider Seiten ermordet und angezündet, das Schicksal der schottischen Königin Mary hineingewoben und auch der Kampf mit der spanischen Armada darf in seinem genauen Ablauf nicht fehlen. Das Schicksal der Kathedrale und des Ortes Kingsbridge bleibt hinter all diesem dramatischen Weltgeschehen weit zurück.
Man wird den Eindruck nicht los, dass sich Follett hier einmal historisch-inhaltlich zu viel aufgeladen hat und nicht mehr wie gewohnt erzählerisch elegant verpacken kann. Weite Passagen sind eine Nacherzählung der geschichtlichen Ereignisse und haben wenig Zusammenhalt im Roman, auch wenn wir der ein oder anderen Romanfigur, die Follett dies gerade miterleben lässt, über die Schulter schauen, eine wirklich persönliche Erzählperspektive wird es dadurch noch lange nicht.
Für den an der britischen Geschichte interessierten hat Das Fundament der Ewigkeit natürlich dennoch einiges zu bieten, auch wenn es rund um Elizabeth I sicherlich viele andere gute Romane und Verfilmungen gibt.
Ken Follett, Das Fundament der Ewigkeit. Lübbe Audio 2017.
Sunday, March 04, 2018
Jonathan Stroud - Die Eisfestung
Die Eisfestung ist eine mittelalterliche Burg in England. Es ist Winter und die drei Jugendlichen Emily, Simon und Marcus wissen nicht so recht, was sie mit sich anfangen wollen. Der Zufall treibt sie alle zu der Burg, in deren Burggraben man immerhin Schlittenfahren kann. Sie kennen sich bis zu diesem Tag nicht: Emily ist Einzelkind und ihre Eltern lassen ihr viele Freiheiten, Simon leidet unter seinen groben Brüdern, die ihn schikanieren, und Marcus kommt aus einem weiter entfernten Ort. Letzterer ist völlig begeistert von der Burg und den Geschichten, die sich dort ereignet haben. Obwohl die Burg von einem (nicht allzu zuverlässigen) Wachmann überprüft wird, gelingt es den dreien einzusteigen. Sie erforschen das Gemäuer, doch die Zeit reicht nicht aus, um alles zu erkunden, daher beschließen sie, noch einmal wiederzukommen und dort zu übernachten - ein Abenteuer mit vielen spannenden Momenten und einer guten Portion Gespenstergeschichten.
Doch als Marcus am nächsten Morgen verschläft, nimmt die Geschichte eine andere Wendung. Er bekommt Ärger mit seinem Vater zuhause und flieht zurück in die Burg, wo ihn Emily und Simon wieder aufspüren. Plötzlich wird aus dem Burgspiel Ernst, denn natürlich sucht Marcus' Vater und kurz darauf auch die Polizei nach ihm... Eine handfeste Belagerung, wie aus einer von Marcus' Geschichten, beginnt.
Jonathan Strouds Schreibstil macht Die Eisfestung zu einem leicht zu lesenden Abenteuer. Auch die Idee einer Belagerung in der Jetztzeit ist interessant (Originaltitel: The Last Siege). In der Grundanlage sind auch die Charaktere der Protagonisten in Ordnung, Emily emotional, aber vernünftig, Simon begeisterungsfähig und tatkräftig, wobei Marcus manipulativ und fantasievoll zugleich ist. Dennoch bleiben die drei seltsam flach und entwickeln sich nicht in vollem Potenzial. Allein Emily, aus deren Sicht wir die Geschichte miterleben, zeigt Züge von Reflexion und Weiterentwicklung in ihrem Charakter. Was ich am meisten vermisst habe in Die Eisfestung ist der Humor und Sarkasmus, der Jonathan Strouds andere Bücher durchdringt, sei es die Bartimäus-Reihe oder die Geisterserie um Lockhart & Co. Es ist, als hätte der Autor hier bewusst ernsthaft mit seinem Thema umgehen wollen. Aber untertitelt als Thriller bleibt die Geschichte dann doch ziemlich bodenständig und vorhersehbar, die Spannung gerade im Showdown springt nicht so recht über.
Jonathan Stroud, Die Eisfestung. cbt, München 2009.
Doch als Marcus am nächsten Morgen verschläft, nimmt die Geschichte eine andere Wendung. Er bekommt Ärger mit seinem Vater zuhause und flieht zurück in die Burg, wo ihn Emily und Simon wieder aufspüren. Plötzlich wird aus dem Burgspiel Ernst, denn natürlich sucht Marcus' Vater und kurz darauf auch die Polizei nach ihm... Eine handfeste Belagerung, wie aus einer von Marcus' Geschichten, beginnt.
Jonathan Strouds Schreibstil macht Die Eisfestung zu einem leicht zu lesenden Abenteuer. Auch die Idee einer Belagerung in der Jetztzeit ist interessant (Originaltitel: The Last Siege). In der Grundanlage sind auch die Charaktere der Protagonisten in Ordnung, Emily emotional, aber vernünftig, Simon begeisterungsfähig und tatkräftig, wobei Marcus manipulativ und fantasievoll zugleich ist. Dennoch bleiben die drei seltsam flach und entwickeln sich nicht in vollem Potenzial. Allein Emily, aus deren Sicht wir die Geschichte miterleben, zeigt Züge von Reflexion und Weiterentwicklung in ihrem Charakter. Was ich am meisten vermisst habe in Die Eisfestung ist der Humor und Sarkasmus, der Jonathan Strouds andere Bücher durchdringt, sei es die Bartimäus-Reihe oder die Geisterserie um Lockhart & Co. Es ist, als hätte der Autor hier bewusst ernsthaft mit seinem Thema umgehen wollen. Aber untertitelt als Thriller bleibt die Geschichte dann doch ziemlich bodenständig und vorhersehbar, die Spannung gerade im Showdown springt nicht so recht über.
Jonathan Stroud, Die Eisfestung. cbt, München 2009.
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