Friday, September 17, 2021

Ta-Nehisi Coates - Zwischen mir und der Welt

Ta-Nehisi Coates, amerikanischer Autor und Journalist, geboren 1975, veröffentlichte Zwischen mir und der Welt im Jahr 2015 und erhielt dafür den National Book Award im Bereich Sachbuch. In Briefform erzählt Coates seinem Sohn in teils autobiographischen Episoden, teils in erklärenden Passagen, was es heißt, als schwarzer Mann in den USA zu leben. Sein Fokus liegt dabei auf der rassistischen Gewalt, die seiner Überzeugung und seinen Erfahrungen nach stets präsent und tief in der amerikanischen Kultur verwurzelt ist. "White Supremacy" ist etwas, gegen das Schwarze immer werden ankämpfen müssen, die Ungerechtigkeit ist Teil der amerikanischen Gesellschaft. Sprachlich (und inhaltlich) eindrücklich ist dabei, dass er von der Zerstörung schwarzer Körper spricht - natürlich auch in Bezug auf Polizeigewalt (“The destroyers will rarely be held accountable. Mostly they will receive pensions.”), aber auch in anderen Lebensbereichen und besonders auch im Gefängnis. Seine Beispiele und Erzählungen sind anschaulich, aus meiner europäisch-weißen Sicht musste ich mich trotzdem manchmal anstrengen, die beschriebenen Ungerechtigkeiten als Realität anzuerkennen und so manches Mal schlucken.

An den Brief an seinen Sohn schließt sich ein zweiter Sachteil an, der "Plädoyer für Reparationen" betitelt ist und eine Übersetzung eines Essays aus dem Magazin The Atlantic ist. Am Beispiel des Immobilienmarktes zeigt Coates darin auf, wie Politik und auch die Gesetzgebung über Jahrzehnte Schwarze beim Hauskauf nicht nur benachteiligten, sondern regelrecht ausbeuteten, und was die dadurch entstehende  Einschränkung des Wohnortes für Folgen (Ghettobildung) auf den gesellschaftlichen (Nicht-) Aufstieg hatte. Er greift eine Forderung nach Reparationen für die jahrhundertelange Ausbeutung der Schwarzen auf und führt positive Effekte deutscher Reparationszahlungen für den begangenen Völermord an den Juden an Israel an. Entsprechende juristische Versuche werden jedoch abgeblockt, statt dessen findet weiterhin Ausbeutung und Segregation statt, wofür er erschreckend aktuelle Beispiele anführt. 

Für mich war es kein leichtes Buch, einiges blieb mir fremd. Ich habe aber viel gelernt, eine andere Perspektive eingenommen, Wissensinseln verbunden - eine lohnenswerte Lektüre. 

Ta-Nehisi Coates, Zwischen mir und der Welt. Hanser, Berlin 2014.

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