In Erste Hilfe geht es um die Freundschaft der Ich-Erzählerin mit Matilda und Sylvester. Matilda leidet an einer Angststörung und eines Tages schafft sie es nicht mehr, eine Straße zu überqueren, und zieht daher kurzfristig bei Sylvester und der Ich-Erzählerin ein. Zusammen gehen die drei das Problem an, teilweise auf sehr pragmatische, dann wieder auf recht ungewöhnliche Weise. Dabei wird klar, dass auch Sylvester und die Erzählerin die ein oder andere ungelöste Problematik in sich tragen. Eine Verhaltenstherapie bringt Matilda schließlich dazu, wieder die Macht über ihr Leben zurückzugewinnen, bei den beiden anderen bleibt offen, wie es mit ihnen weitergeht.
Die Charaktere sind ungewöhnlich - vor allem was die klare Beschreibung ihrer Unzulänglichkeiten angeht. Hier wird nichts beschönigt, alle sind in einer Weise "beschädigt", nehmen sich selbst oft negativ wahr, während sie sich gegenseitig stützen. Ihrer Freundschaft liegt eine tiefe Akzeptanz (und Liebe) zugrunde, die sie zusammen stark, ja erst überlebensfähig werden lässt. Ganz nebenbei bricht Leky auch noch eine Lanze für die Menschen mit Angststörungen, indem sie deren Vielfalt sachlich darstellt und vor allem ihre Häufigkeit betont. Man sieht die Ängste und Zwänge der Menschen nicht von außen, aber die Statistik spricht für sich:
"Die Gruppe der Angststörungen ist die häufigste psychische Störung. Circa 10 bis 14 Prozent der Bevölkerung leiden unter einer behandlungsbedürftigen Angststörung. Jeder Vierte leidet im Laufe seines Lebens zu irgendeinem Zeitpunkt an einer Angststörung. (...)" [Quelle: psychiatrie.de]
Insgesamt hat mir Erste Hilfe gut gefallen, wenngleich mir die Charaktere nicht sonderlich nahe gekommen sind.
Mariana Leky, Erste Hilfe. Dumont, Köln 2014 (erstmals 2004).
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