Bronsteins Kinder von Jurek Becker (1938-1997) erschien erstmals 1986. Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht des 19jährigen Hans Bronstein, ein Jahr nach dem Tod des Vaters 1973. Hans ist bei der Familie seiner Freundin Martha untergekommen, inzwischen sind die beiden nicht mehr zusammen und er findet seine Situation unerträglich und will ausziehen.
Gleichzeitig erinnert er sich an die Ereignisse vor dem Tod des Vaters. Eines Nachmittags trifft er im Wochenendhaus des Vaters auf eine für ihn unbegreifliche Situation: Der Vater quält dort zusammen mit zwei Freunden einen Gefangenen! Er findet heraus, dass dieser Gefangene ein ehemaliger KZ-Aufseher war, den die drei jüdischen Männer nun zu einem Geständnis bringen wollen. Hans begreift nicht, warum sein Vater dies tut, alle Versuche, mit ihm darüber zu sprechen, schlagen fehl. Die ohnehin schwer angeschlagene Familie - die Mutter schon lange verstorben, die Schwester in einer "Irrenanstalt" - zerbricht immer mehr.
Während Hans in der Gegenwart vorsichtig versucht, seine Zukunft in den Blick zu nehmen, durchlebt er in den Erinnerungen erneut, wie der Vater nicht bereit ist, mit ihm über die Ereignisse der NS-Zeit zu sprechen und dem Sohn jegliches Recht auf eine eigene Meinung verbietet und ihm gleichzeitig keine Chance gibt, seine Erinnerungen und jüdische Sichtweise auf die Vergangenheit kennenzulernen. Er grenzt den Sohn bewusst aus und zerstört damit die familiären Bande, die Hans sowieso kaum empfindet. In die Opposition getrieben und mit der Selbstjustiz der älteren Männer nicht einverstanden, entschließt er sich, den Gefangenen zu befreien. Im Wochenendhaus angekommen, findet er den Vater tot am Boden vor, vermutlich ist er an einem Herzinfarkt gestorben.
Die beiden Ebenen wechseln sich stets ab und werden noch ergänzt durch die Briefe der Schwester, die einen ganz eigenen, fast sphärischen Gestus haben. Trotz der vielen Zeitbrüche bleibt die Geschichte durchgehend im Fluss, entwickelt eine Dynamik, die den Leser mitnimmt. Es bleiben Leerstellen, Fragen nach dem Warum müssen selbst beantwortet werden, und ob Hans sein Leben erfolgreich wieder aufnehmen kann nach dem einen Jahr der Starre nach dem Tod des Vaters bleibt ebenfalls unklar. Er wirkt nach wie vor verloren - und zeigt damit eine fast unheimliche Ähnlichkeit zu seinem Vater, der nach seinen Erlebnissen im KZ nie wieder zu sich und seiner Familie zurückgefunden hat.
Obwohl mir der Erzählstil durchaus gefallen hat, bin ich dennoch froh, dass ich mir die Geschichte von Christoph Grube sehr bequem vorlesen lassen konnte und mich nicht durch das minimalistische Schriftbild meiner SZ Edition (Band 45) kämpfen musste.
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